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Reaktionen zur Causa Armstrong

Reaktionen zur Causa Armstrong

Die Anti-Doping-Agentur der USA hat am Freitag alle Ergebnisse von Lance Armstrong seit dem 1. August 1998 annulliert und ihn wegen Dopings lebenslang gesperrt.

Dieser Schritt, der dem Verzicht des siebenfachen Gewinners der Tour de France auf ein Verfahren vor einem Schiedsgericht folgte, dürfte aber nicht der letzte in dieser Affäre gewesen sein. Denn der Radsport-Weltverband (UCI), dem die Gerichtsbarkeit entzogen wurde, könnte zur Prüfung des Urteils das Oberste Sportgericht (CAS) in Lausanne anrufen.

Mountainbike-Marathon in Aspen

"Ich schlage ein neues Kapitel auf", erklärte Armstrong in seiner Stellungnahme. Für das Wochenende war aber "business as usual" angesagt. Via Twitter teilte der 40-Jährige mit, er werde am Samstag in Aspen einen 50-km-Mountainbike-Marathon mit 3.000 Höhenmetern bestreiten. Für Sonntag hatte er schon früher einen Marathonlauf eingeplant.

Armstrong bleibt auch nach seinem "Sturz" eine der am meisten polarisierenden Figuren des Sports. Für Millionen von Krebspatienten und Fans ist er ein Held, nach seinem Rückzug übertrafen die Spendengelder für seine Krebs-Stiftung Livestrong mit 78.000 Dollar (62.400 Euro) die Einnahmen eines normalen Tages um das 25-fache. Im Vorjahr hat die Stiftung 51 Millionen Dollar lukriert.

Stapleton hält zu Armstrong

Für viele andere ist der Texaner einfach nur ein Dopingbetrüger. Bill Stapleton, der 17 Jahre lang Manager von Armstrong war, wies letztere Behauptungen, wie sie auch vom Chef der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), John Fahey, geäußert worden waren, strikt zurück. "Wir haben klargemacht, dass die USADA nicht die Kompetenz besitzt, das zu entscheiden", betonte Stapleton. "Wir werden sehen, was die Veranstalter der Tour und der Rad-Weltverband UCI dazu sagen."

Der Tour-Organisator ASO verwies in einer Stellungnahme am Freitagabend darauf, dass man zunächst die Entscheidungen der UCI und der US-Anti-Doping-Agentur abwarten wolle.

Die USADA ist hingegen überzeugt, über genügend Beweise zu verfügen, dass Armstrong seine Siege nicht mit fairen Mitteln erkämpft hat. Man verfüge über "mehr als ein Dutzend" Zeugen und wissenschaftliche Daten. Zu den früheren Teamkollegen, die unter Eid Dopingverstöße von Armstrong dargelegt haben, zählt neben Floyd Landis und Tyler Hamilton auch Frankie Andreu. Der US-Amerikaner war im Team US Postal Helfer von Armstrong bei dessen ersten zwei Tour-Siegen 1999 und 2000.

Andreu: "Hätte nie geglaubt, dass es so kommt"

Er sei überrascht, dass Armstrong diesmal nicht gekämpft habe, erklärte Andreu am Freitag gegenüber der Website "cyclingnews", aber auch darüber, dass die USADA offenbar genug Informationen besitze, um alle Ergebnisse zu streichen. "Ich hätte nie geglaubt, dass es dazu kommen würde."

Andreu und seine Gattin Betsy zählten 2006 zu den ersten, die im Zuge einer Klage einer Promotionfirma unter Eid gegen Armstrong ausgesagt haben. Sie seien 1996 in einem Spital Zeugen gewesen, wie Armstrong während seiner Krebsbehandlung gegenüber Ärzten die Verwendung von Wachstumshormon, Cortison, EPO, Steroiden und Testosteron zugegeben habe, sagte das Paar vor Gericht. Armstrong bestritt, jemals solche Aussagen gemacht zu haben.

Induarain hält zu Armstrong

Michael McCann, ein Sportrechts-Experte der Universität Vermont, glaubt, dass Armstrong nun die für ihn beste Entscheidung getroffen hat. "Das gibt seinen Fans einen Grund, ihn weiter zu unterstützen, denn eine Niederlage vor dem Schiedsgericht, die fast sicher passiert wäre, hätte ihm aus PR-Sicht mehr geschadet." Während Sponsoren wie Nike weiter hinter ihm und seiner Stiftung stehen, könnten allerdings Promoter oder Rennveranstalter von Armstrong Schadenersatz oder Preisgeldrückzahlung fordern.

Spaniens fünfmaliger Tour-de-France-Sieger Miguel Indurain will sich einer öffentlichen Verurteilung von Armstrong nicht anschließen. "Da ist etwas Merkwürdiges im Spiel. Aus irgendeinem Grund, den wir nicht kennen, wollen (Armstrongs) Feinde eine schöne Trophäe erobern und dessen Karriere ein Ende setzen", sagte der erfolgreichste spanische Radfahrer aller Zeiten in einem Beitrag für die Madrider Sportzeitung "Marca" (Samstag-Ausgabe).

"Geht um einen persönlichen Krieg"

Falls Armstrong seine sieben Tour-Siege aberkannt würden, wäre Indurain wieder mit fünf Siegen in Serie der Rekord-Meister der Tour de France. Der 48-jährige Ex-Radprofi sagte dazu, dass er sich dies nicht wünsche, denn die Geschichte sei bereits geschrieben. Solange nicht irgendein von allen anerkanntes Organ das Gegenteil entscheide, gehörten Armstrong alle seinen Tour-Siege.

Nach Ansicht Indurains gibt es im Kampf gegen das Doping zu viele Behörden und Interessen. "Ich weiß nicht, ob es real ist oder nicht, aber von außen gesehen zeigt sich ein skrupelloser Krieg zwischen diesen Organisationen. Im Fall Armstrong geht es um einen persönlichen Krieg von ich weiß nicht von wem gegen ihn."

Ullrich: "Lance war einfach besser als ich"

Auch der Deutsche Jan Ullrich unterstrich, dass er nicht nachträglich zum Tour-Sieger von 2000, 2001 und 2003 gekürt werden will. Damals hatte Ullrich jeweils den zweiten Platz hinter Armstrong belegt. "Ich werde mich sicherlich nicht mit fremden Federn schmücken. In den Jahren war Lance einfach besser als ich. Das akzeptiere ich - damals wie heute", sagte Ullrich dem Nachrichtenmagazin "Focus".

Bei einer Pressekonferenz zum Ötztaler Radmarathon betonte er am Samstag: Es sei natürlich schade, was gerade mit Armstrong geschehe. "Ich bin kein Mensch, der sich über das Leid des anderen freut", sagte Ullrich. "So viele Jahre später nach einer Entscheidung am Grünen Tisch noch den Titel zugesprochen zu bekommen, da bin ich nicht der Typ dafür, das interessiert mich auch nicht."

Ullrich, Tour-Sieger von 1997, war freilich selbst vergangenen Februar gesperrt worden, nachdem er jahrelang seine Unschuld beteuert hatte. 2004 hatte mit Andreas Klöden ebenfalls ein Deutscher bei der Tour de France den zweiten Platz hinter Armstrong belegt. Gegen Klöden gab es staatsanwaltliche Ermittlungen wegen Dopingverdachts.