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Persönliche Angriffe im Fall Armstrong

Persönliche Angriffe im Fall Armstrong

Eine Doping-Anklage gegen Lance Armstrong steht unmittelbar bevor. Der Tour-Rekordchampion gibt sich kämpferisch, spricht von einer "Posse" und scheut auch persönliche Diffamierungen nicht mehr. Das Thema wird auch die am Samstag begonnene Tour de France 2012 überschatten, meint UCI-Boss Pat McQuaid.

Während die Radprofis zur diesjährigen Tour aufgebrochen sind, steht der Rekordsieger der Frankreich-Rundfahrt auf der anderen Atlantik-Seite vor einem spektakulären Dopingverfahren.

Armstrong soll nach Willen der US-Anti-Doping-Agentur (USADA) wegen jahrelanger Manipulation und Handels mit Dopingmitteln angeklagt werden. Nach Sichtung der Beweise gab eine Kommission am Freitag der Agentur Grünes Licht für eine offizielle Anklage.

Persönliche Angriffe von Armstrong

Armstrong selbst weist wie immer alle Beschuldigungen von sich. Er denke gar nicht daran, sich von der "USADA-Posse" aus der Ruhe bringen zu lassen, twitterte er am Samstag. Allerdings wird der Ton in der Affäre merkbar rauer.

Armstrong schreckt vor persönlichen Diffamierungen nicht mehr zurück. Am Freitag hatte er über Twitter eine heftige Attacke gegen ein Mitglied der Kontrollkommission lanciert, den Jura-Professor Clark Griffith.

Gegen diesen läuft derzeit ein Verfahren wegen des Verdachts auf Exhibitionismus. "Wow. USADA sucht sich ja Leute aus", schrieb Armstrong dazu.

Die Zukunft zählt

Im Internet kassierte er dafür laute Kritik. Womöglich antwortete er daraufhin etwas gemäßigter. "Wir sind jetzt in 2012, ich werde Livestrong weiter voranbringen, meine fünf Kinder großziehen und fit bleiben!", twitterte er.

Livestrong ist eine von Armstrong ins Leben gerufene Initiative zu Unterstützung von krebskranken Menschen. Der Amerikaner war 1996 selbst an Hodenkrebs erkrankt.

Nach seiner Genesung hatte er die einzigartige Tour-Siegesserie zwischen 1999 und 2005 gestartet - nach Ansicht der USADA aber nicht mit regulären Mitteln.

In einem 15-seitigen Schreiben an Armstrong, dessen langjährigen Teamchef Johan Bruyneel sowie Betreuer und Ärzte ist von EPO-, Testosteron-, Kortison- und Blutdoping die Rede, das die Beschuldigten in den Teams US Postal, Discovery Channel, Astana und RadioShack viele Jahre betrieben haben sollen.

"Alle Angeschriebenen haben das Recht auf eine öffentliche Verhandlung vor einem Schiedsgericht", teilte die USADA mit. In einem Prozess würden dann Beweise vorgelegt und Zeugen vernommen.

Bruyneel bleibt Tour wegen Anschuldigungen fern

Sollte Armstrong wie erwartet gegen die Vorwürfe vorgehen, wird sich ein Schiedsgericht mit dem Fall befassen. Bei einer Verurteilung könnte ihm mindestens einer seiner Tour-Siege aberkannt werden.

Die Causa ist auch bei der Tour 2012, die am Wochenende in Belgien begann, eines der Hauptgesprächsthemen. Im Fokus steht dabei nicht Armstrong, sondern dessen Vertrauter Bruyneel, heute Teamchef bei RadioShack-Nissan, dem Rennstall des Prolog-Siegers Fabian Cancellara (SUI).

Wegen der Vorwürfe verzichtet Bruyneel auf das wichtigste Radrennen der Welt. "Sein Tour-Rückzug wird hier drei Wochen lang das Thema sein", sagte McQuaid, beim Tour-Auftakt in Lüttich.

Der Präsident des Radsport-Weltverbands betonte, über die Ermittlungen spät in Kenntnis gesetzt worden zu sein. "Wir haben erst einen Tag vor Veröffentlichung von dem Fall erfahren", sagte der Ire.

Sollte ein Schiedsgericht die Angeklagten schuldig sprechen, droht Bruyneel eine lange Sperre, auch wenn er Belgier ist. "Die USADA hat das Recht, Bruyneel weltweit zu sanktionieren", erklärte McQuaid.

Frühere Kollegen als Zeugen

Damit es nicht so weit kommt, werden Armstrong und Bruyneel alle Hebel in Bewegung setzen. Beide gehen gegen Gegner nicht zimperlich vor. Seinen ehemaligen Teamkollegen Floyd Landis, inzwischen Zeuge der USADA, bezeichnete Armstrong mehrfach öffentlich als Lügner.

Die USADA kann in einem Prozess nach eigenen Angaben zehn Zeugen aufbieten, darunter wohl auch Armstrongs frühere Mannschaftskollegen Tyler Hamilton und Frankie Andreu sowie dessen Frau.