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Das unvermeidbare Restrisiko

Das unvermeidbare Restrisiko

Je näher die Olympischen Spiele in London rücken, umso mehr machen sich die qualifizierten Athleten Gedanken, wie sie ihre Wettkampfausrüstung im Gepäck unterbringen. Je nach Sportart variiert dabei die Platzknappheit.

Während beispielsweise Schwimmer mit einer relativ kleinen Tasche auskommen könnten, denkt Victoria Max-Theurer in ganz anderen Dimensionen. Die Linzerin unternimmt die Reise nach London auch gar nicht erst mit dem Flieger, sondern mit dem LKW. Schließlich muss die Dressur-Reiterin ihr Pferd nach London transportieren.

„Damit die Reise nicht zu anstrengend wird, machen wir das auf zwei Etappen“, erklärt die 26-Jährige.

Auf dem Rücken eines „Lausbubs“

Für Max-Theurer sind London bereits ihre dritten Spiele. Erstmals wird sie diese auf dem Rücken von Augustin bestreiten.

„Sollte alles nach Plan verlaufen, ist er meine Nummer eins.“ Der zwölfjährige Hengst entstammt der hauseigenen Züchtung. In der Hinterhand hätte sie noch Eichendorff, mit dem sie beim CHIO Grand Prix in Aachen mit 73,83 Prozent den zweiten Platz holte.

Obwohl Max-Theurer Augustin seit dessen Kindesbeinen an kennt, erlebt sie jeden Tag noch Überraschungen. „Er muss seine Grenzen ständig neu ausloten – ein Lausbub eben.“

Viele Risiko-Quellen

Max-Theurer ist sich der großen Bedeutung der Olympischen Spiele natürlich bewusst. Doch wie gibt man einem Pferd zu verstehen, dass es diesmal besonders wichtig ist? „Das kann man nicht“, gibt sich Max-Theurer keinen Illusionen hin. Besondere Vorbereitungen trifft sie dennoch.

Denn schließlich ist der Rummel um die Reitbewerbe in London größer als sonst. „Zudem habe ich Augustin noch nie in einem so großen Stadion geritten.“

Das birgt ein Risiko, denn das Tier könnte durch das Rundherum aus dem Konzept gebracht werden. Etwas, das ihr bereits in Peking passierte. Damals hatte eine große Vidi-Wall Falcao irritiert. Platz 27 war das Ergebnis.

Dementsprechend wird in der Vorbereitung versucht, Augustin mit neuen Reizen zu konfrontieren.

„Wir hängen bunte Tücher auf dem Trainingsplatz auf, Personen laufen plötzlich herum oder wir drehen laute Musik auf“, schildert Max-Theurer. „Alles, damit er versteht, dass ihm nichts passiert.“ Ein Restrisiko bleibt natürlich.

Auf die richtige Chemie kommt es an

Eine Frage, die Max-Theurer sehr häufig gestellt bekommt, ist, wie viel Prozent der Leistung vom Pferd und wie viel vom Reiter abhängt.

„Ich sage immer so: Ein Pferd ohne Reiter ist nur ein Pferd und ein Reiter ohne Pferd ist nur ein Mensch. Das soll heißen, dass es immer auf das Miteinander ankommt. Es muss die Chemie stimmen“, meint die Blondine. „Der Athlet ist aber das Pferd!“

Das bedeutet auch, dass das Tier die Kondition benötigt. Abseits vom Pferd betreibt Max-Theurer deshalb kein Extra-Training, wie es der gemeine Sportfan etwa von Formel-1-Piloten kennt.

„Weil es einfach darum geht, genau zu wissen, wie das Pferd in der jeweiligen Situation reagiert. Darum reite ich täglich zwischen vier und sechs Pferde.“

Emotionen ausschalten

Doch nicht nur der Reiter muss sich auf das Pferd einstellen, auch das Tier muss sich auf den Menschen einstellen. Um Augustin nicht außer Tritt zu bringen, heißt das für Max-Theurer, sich selbst unter Kontrolle zu haben.

„Sobald du in den Sattel steigst, musst du alle Emotionen hinter dir lassen. Du musst dem Pferd immer gleich gegenübertreten.“

Selbst dann, wenn man weiß, dass Olympische Spiele außerordentlich wichtig sind.

Reinhold Pühringer