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"Wir sehen uns als Dienstleister und Servicestelle!"

Neue Besen kehren besser! Der Präsident des Österreichischen Olympischen Comites, Karl Stoss, und ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel freuen sich auf ihre ersten Sommerspiele. Die beiden Vorarlberger ernten viel Vorschusslorbeeren und wollen dem ÖOC ein neues Image verpassen.

Die Sportler sind von der neuen Führung angetan. Ob Kleidung, Kontakt zu den Athleten oder die Bereitstellung von Trainingsstätten - das Duo versucht den Olympiateilnehmern alle Wünsche zu erfüllen.

Im Gespräch mit LAOLA1 erläutert der 55-jährige ÖOC-Präsident Karl Stoss seine Philosophie, nimmt zum "Austria House Tirol", den Medaillenchancen der Österreicher und zum Olympiaort London Stellung.

 

LAOLA1: Sie waren bei den Sommerspielen 2004 und 2008 als Gast dabei, jetzt sind sie als ÖOC-Präsident vor Ort. Worin liegt der Unterschied?

Karl Stoss: "Es macht natürlich schon einen Unterschied, ob man als Gast und einfacher Zuschauer zu Olympia reist, oder jetzt als Gesamtverantwortlicher, als Präsident des Olympischen Comitees. Aber es macht mir genau gleich viel Freude. Ob ich nun als Gast in Athen oder in Peking mit dabei war oder hier in London. In London fühle ich mich heimischer, weil ich da sehr oft auch geschäftlich und beruflich zu tun habe. Was wir hier bisher vorgefunden haben und noch vorfinden werden, ist einmalig und ganz, ganz großartig."

LAOLA1: Welche Philosophie verbirgt sich hinter dem "Austria House Tirol"?

Stoss: "Damit versuchen wir mehrere Facetten abzudecken. Zum einen wollen wir für Sportler, Betreuer, Schlachtenbummler, Freunde, Verwandte eine Möglichkeit des Zusammentreffens finden. Denn all jene Personen dürfen ja nicht ins Olympische Dorf. Da dürfen nur die Athleten und die jeweiligen Trainer rein. Alle anderen sind davon ausgeschlossen. Dass man sich aber trotzdem trifft und zusammenfindet, dafür sollte man eine Räumlichkeit haben. Die haben wir damit geschaffen. Das Zweite ist, wir wollen natürlich auch als OÖC für die Vertreter der verschiedenen Dach- und Fachverbände eine Räumlichkeit schaffen, wo man sich zusammenfindet. Und das Dritte ist, Großbritannien liegt ja quasi vor unserer Haustür. Es ist nicht sehr weit nach Österreich und Großbritannien ist im touristischen Bereich ein äußerst interessanter Markt. Deshalb haben wir hier einen "Eyecatcher" geschaffen, damit die zusätzlichen neun Millionen sportaffinen Touristen, die während der Spiele nach London kommen - da wird sich der eine oder andere ja auch Tower Bridge und Tower Castle anschauen und das Trinity House liegt ja genau davor - hier den Zugang zu unserem Haus finden und erleben, mit welchen Köstlichkeiten sie verwöhnt, mit welchen tollen Bildern sie begeistert werden. Da glaube ich, dass wir auch einen wichtigen Werbeeffekt und eine Werbebotschaft verbreiten. Wir werden zeigen, dass Österreich ein touristisches Land ist, dass Österreich gastfreundlich ist, dass Österreich ein kulinarisches Land ist neben den großartigen sportlichen Erfolgen, die wir auch haben."

LAOLA1: Was sind die letzten Neuigkeiten aus dem Lager der Österreicher?

Stoos: "Bis jetzt fühlen sich alle ausgesprochen wohl, alle sind begeistert und haben gemeint, dass es so etwas noch nie gegeben hat und sind gut drauf. In der Mannschaft herrscht eine tolle Stimmung und man kann den vielzitierten "olympic spirit" spüren. Dieser gemeinschaftliche und kameradschaftliche Geist ist allgegenwärtig und das bestätigen mir auch ausgesprochene Leistungs-, Einzel- und Spitzensportler, die sich auch in dieser Gemeinschaft extrem wohl fühlen.

LAOLA1: Werden sie an der Eröffnungsfeier teilnehmen?

Stoos: "Wir als ÖOC sind nur Dienstleister und Serviceeinrichtung. Wir haben dafür zu sorgen, dass Österreichs Spitzensportler die Möglichkeit haben, sich für Olympische Spiele zu qualifizieren und wenn sie dann teilnehmen, sollen sie bestmöglich betreut werden und die besten Grundvoraussetzungen haben. Dann haben wir unseren Job sehr gut gemacht und dazu ist im Vorfeld auch eine ständige Kontaktaufnahme notwendig. Das haben wir in den letzten drei Jahren besonders gepflegt. Wir sind auf viele Wettkämpfe, zu den Verbänden und Vereinen gegangen, was es vorher nie gab. Dieser informelle Austausch im Vorfeld und dann auch das Bereitstellen von Mitteln, die bestmöglichen Trainingsbedingungen zu schaffen, das gab es in diesem Ausmaß auch noch nie. Ich glaube, da haben wir diesbezüglich wahnsinnig viel erreicht und ich sage, bei den Eröffnungsfeiern sollen die Sportlerinnen und Sportler im Mittelpunkt stehen, da sollen die einmarschieren und nicht die Funktionäre."

LAOLA1: Welche Sportarten begeistern sie am meisten? Welche Bewerbe werden sie in London besuchen?

Stoos: "Ich möchte am liebsten bei allen Events dabei sein, aber das geht zeitlich nicht, weil der Tag hat auch in London nur 24 Stunden. Ich möchte möglichst viele Bewerbe besuchen, wo Österreicherinnen und Österreicher am Start sind, da gibt es ganz tolle Veranstaltungen wie Beachvolleyball, reiten, schwimmen, die Leichtathletik ist immer faszinierend für jeden, der auch nicht so sportaffin ist, Wasserball das mich auch besonders interessiert. Ich möchte zu den Seglern hinausfahren, auch wenn das zweieinhalb Stunden Fahrzeit bedeutet, um mir das einmal anzusehen, oder die Radrennen. Es gibt so viele interessante Möglichkeiten und da hoffe ich so viele wie möglich zu erwischen."

LAOLA1: Wie beurteilen sie Österreichs Medaillenchancen?

Stoos: "Chancen sehe ich prinzipiell überall, wo wir antreten. Jeder, der sich qualifiziert hat und dabei ist, besitzt Chancen. Diese Athleten haben Weltlimits und, um sich zu qualifizieren, großartige Leistungen erbracht. Wenn dann am Tag X die Höchstleistung auch noch passt, dann können einige unserer Athleten ganz vorne in der Weltspitze dabei sein. Wenn dann auch noch die Rahmenbedingungen wie Wetter-, Qualifikations- oder Auslosungsglück passen, dann glaube ich, dass Einzelne sehr weit kommen können. Ich will da gar keine einzelnen Sportler oder Sportlerinnen hervorheben. Es wäre auch allen anderen Sportlern gegenüber unfair. Wir sind mit einer großen Delegation von 70 Athleten da und da gibt es durchaus berechtigte Medaillenhoffnungen."

LAOLA1: Wie gefällt ihnen die Philosophie des Internationalen Olympischen Comites?

Stoos: "Sommerspiele besitzen inzwischen eine Dimension, die sich fast nur noch große Länder oder Städte leisten können und auch sollten. Auch, weil es um das Prinzip der Nachhaltigkeit geht. Diese Sportstätten sollten auch im Nachhinein genutzt werden und da tut sich natürlich eine Metropole wie London, die so viele Einwohner hat wie ganz Österreich, etwas leichter, diese auch in Zukunft zu befüllen und zu nutzen. Das ist auch sinnvoll. Es gibt auch Sportstätten die nach den Spielen abgebaut und an anderen Orten verwendet werden. Das ist auch ein vernünftiges Prinzip der Nachhaltigkeit und auch den Weg, den das IOC gegangen ist, neben diesen großen Formaten auch etwas im kleineren Format für die Jugendlichen zu machen, wie die Youth Olympic Games, ist eine großartige Idee. Dort kann man auch mit bescheideneren Mitteln das Olympischen Flair hereinholen, wie wir das heuer im Jänner in Innsbruck gesehen haben. Das war auch ein großartiger Erfolg und das kann sich ein Land wie Österreich leisten."

 

Das Gespräch führte Peter Rietzler