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Jukic: Rundumschlag nach dem Karriere-Höhepunkt

Jukic: Rundumschlag nach dem Karriere-Höhepunkt

Schade! So knapp wie Dinko Jukic war bei den Olympischen Spielen in London noch kein Österreicher an einer Medaille dran.

Der Wiener belegte über 200 m Delfin den undankbarsten aller Plätze bei einem Großereignis. Den "blechernen" vierten Platz.

Kleiner Trost: Der 23-Jährige schwamm in 1:54,35 Minuten wie angekündigt neuen österreichischen Rekord. Bronze war mit 1,14 Sekunden Rückstand aber außer Reichweite.

Von Unzufriedenheit jedoch keine Spur: „Hallo, das Finale ist wie ein Semifinale bei einer Mannschaftssportart. Alleine mit dem Finaleinzug habe ich mir einen Traum erfüllt.“

Schrei nach Unterstützung

Den Traum von der Medaille möchte Jukic dann in vier Jahren in Rio de Janeiro wahr werden lassen.

„Ich werde weiter hart arbeiten und hoffe, dass endlich auch die Unterstützung von den Leuten im Verband kommt.“

Das ist das Stichwort! In den nächsten Minuten sprudelt es aus Jukic nur so heraus, nach seiner Top-Leistung im Olympia-Becken redet er sich seinen ganzen Frust über das Funktionärswesen im Schwimm-Verband und ganz allgemein im österreichischen Sport von der Seele.

LAOLA1 war beim Rundumschlag des jüngeren Bruders von Mirna Jukic live dabei und hat die besten Sager des streitbaren Schwimmers im Original – postet jetzt unter dem Artikel eure Meinung!

 

Dinko Jukic spricht bei LAOLA1 Klartext:

 

… über guten Phelps und schlechtes Englisch: „Von mir wird erwartet, dass ich mich mit einem Michael Phelps messe. Aber dann muss sich der Verband auch mit den amerikanischen Funktionären vergleichen lassen. Bei uns sind Leute dabei, die nicht einmal der englischen Sprache mächtig sind. Die kommen dann von einer Team-Sitzung und wenn man fragt, worum es ging, dann heißt es: Ich weiß nicht, ich habe die Hand gehoben, wenn die Deutschen die Hand gehoben haben. Das kann ich nicht akzeptieren!“

… über das Feedback aus anderen Sportarten: „Es ist ja nicht nur bei uns Schwimmern so, dass es diese Probleme gibt. Ich habe auch hier in London mit sehr vielen Sportlern gesprochen, die mit den Strukturen und den ehrenamtlichen Funktionären nicht glücklich sind. Es gehört viel mehr Professionalität in den Sport.“

 

… über brachliegendes Know-how im Schwimmsport: „Seit Jahren heißt es, dass man ehemalige Athleten in den Sport einschließen möchte. Langsam wäre es ander Zeit, dass man einen Maxim Podoprigora oder einen Oliver Schmich in den Verband holt. Sie wissen, was die Sportler brauchen und wie man sie unterstützen kann. Aber dafür muss man zuerst den Verband auf neue Beine stellen.“

 

… über den "Skandal" von Debrecen: „Was mich geärgert hat, war dass sie meinen Vater und mir in keinem Punkt Schutz geboten haben. Es ging um die Staffel, wo es geheißen hat, dass ich in der Früh schwimmen muss. Da hat mein Vater gefragt, ob das wirklich gescheit ist, weil ich erst vor einem Monat eine Ellbogen-Operation hatte. Die Antwort war: Er kann das ja ruhig nach Hause schwimmen. Dann schwimmen die ersten Drei so, dass ich hinten raus voll schwimmen muss, weil wir sonst gar nicht ins Finale kommen. Dann muss ich die Lagen-Staffel schwimmen, woraufhin ich das Finale über 400 m Lagen spritze, schwimme die Staffel, komme raus aus dem Becken und plötzlich heißt es, dass wir zu Mittag nach Hause fahren. Wie komme ich dazu, dass ich mit drei Leuten schwimme, die zu Mittag nach Hause fahren wollen? Und wenn ich über 400 m Lagen ins Finale komme, bin ich der Sündenbock, weil wegen mir die ganze Mannschaft bleiben und mir zuschauen muss. Beim Mittagessen heißt es, dass die Mannschaft um 12 Uhr fährt, obwohl noch eine Nacht im Hotel bezahlt wurde und bei der Trainersitzung ausgemacht wurde, dass wir am Montag um 8:30 Uhr heimfahren. Plötzlich bekomme ich von der Pressesprecherin eine SMS, in der es heißt, dass ich um 16:30 Uhr ein Gespräch mit OSV-Präsident Schauer habe. Also bin ich wieder derjenige, der dableiben muss.“

 

… seinen angeblichen Ausraster beim Gespräch: „Ich habe ihnen alles gesagt: Dass all die Bürokraten endlich anfangen sollen an den Sport zu denken. Dass ich sie aus meiner persönlichen Sicht dort überhaupt gar nicht brauche. Dass wir nach den Olympischen Spielen schon sehen werden. Und dann habe ich etwas gesagt, was diese ganzen Leute in ihrem Ego stört: Nämlich, dass wir uns nach den Olympischen Spielen in den Medien sehen und ich ihnen den Arsch aufreiße. Jeder, der mich kennt und weiß, wie sehr ich meinen Sport schätze, der weiß, wie es in mir aussieht.“

 

… über das Funktionärswesen in Österreich: „Ich weiß, dass ich mir im Funktionärswesen keine Freunde mache. Sehr viele haben auch politische Tätigkeiten. Aber ich weiß, dass ich mir sehr viele Freunde unter den Sportlern mache, die sich selber nicht trauen, das auszusprechen. Aber solange ich Erfolge habe, kann ich das sagen. Nachher wird mich vielleicht keiner mehr anschauen oder mich mit Füßen treten. Aber wenn in zehn Jahren ein neuer Dinko Jukic kommt, dann hat er es vielleicht leichter.“

 

… Markus Rogan als Kandidat für das Amt des OSV-Präsidenten: „Ich glaube nicht, dass er sich das antut und sich in dieses Wasser wirft. Er weiß, dass er als Sportler, der zielorientiert ist, in so einer Funktion nichts verloren hat. Da muss man mit allen gut und freundlich sein – und da hat er über die Jahre gelernt, dass einen das auch nicht weit bringt. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass er es macht. Aus meiner Sicht gibt es zwei, drei Leute, die es machen wollen. Ich kenne noch nicht die genaue Aufstellung, aber ich werde mir genau anschauen, was ich unterstützen werde. Damit endlich angefangen wird in Richtung Sport zu arbeiten.“

 

… OSV-Präsident Paul Schauer: „Es gibt so viele Sachen, die angesprochen gehören. Aber unser Präsident hat immer alles super organisiert, kann unsere Ergebnisse sehr gut schönreden. Ohne Markus Rogan und Dinko Jukic schaut es jedoch ziemlich düster aus.“

 

… die Sportförderung in Österreich: „Man muss nur die Analyse machen, was in den letzten 20 Jahren aus den Leistungssport-Zentren Südstadt, Linz, Innsbruck gekommen ist, wie viele Medaillen von dort geholt wurden – keine! Aber das wird vom Bundesministerium und vom Verband finanziert und unterstützt. Und Leute, die Ergebnisse bringen, müssen sich von einem Landesschwimmverbands-Funktionär sagen: Du scheiß Tschusch, schleich dich dorthin wo du hergekommen bist. Das wurde bis heute nicht sanktioniert, weil der Verband sagt er kann da nicht durchgreifen.“

 

… das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren: „Das ist an Lächerlichkeit nicht zu überbieten. Disco-Affäre 2009, kein Verfahren. Vorzeitige Abreise aus Istanbul, kein Verfahren. Aber jetzt kommen die Wahlen am 15. September und plötzlich müssen wir etwas machen. Aber das wird es nicht spielen. Ich freue mich über den vierten Platz bei Olympia. Ich glaube, das war ein Zeichen!“

 

Aufgezeichnet von Stephan Schwabl