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Die Gunst der Stunde genützt

Die Gunst der Stunde genützt

Die größte Emotion verleitet oftmals dazu, die Dinge wegen tränennasser Augen etwas verwässert zu sehen.

Nicht im Fall von Beate Schrott. Die Hürdensprinterin, gerade sensationelle Achte bei den Olympischen Spielen in London geworden, stellte sich am Dienstagabend vor die Journalisten und erklärte.

"Ich war sicher im Halbfinale von der Laufeinteilung begünstigt. Ich werde auch immer sagen, dass ich nicht die achtschnellste Zeit hatte, sondern die elftbeste. Und damit ins Finale kam."

Den Turbo gezündet

So bescheiden die 24-jährige Niederösterreicherin ihre Leistung über die 100 m Hürden analysierte, so stark war jedoch auch der Eindruck, den sie vor allem im Halbfinale vor 80.000 Zuschauern hinterlassen hatte.

Zur Mitte des Laufes noch weit zurückgelegen, zündete Schrott den Turbo und kam in 12,83 Sekunden auf den zweiten Platz, der den direkten Aufstieg ins Finale bedeutete.

Nur eine hundertstel Sekunde lag sie über dem von ihr erst kürzlich wieder gedrückten österreichischen Rekord. Eine überragende Leistung für Österreichs Leichtathletik.

Historische Leistung

Schrott sorgte für das erste Olympia-Einzel-Sprintfinale einer ÖLV-Athletin seit London 1948 und das insgesamt erst zweite.

Maria Oberbreyer kam vor 64 Jahren über 80 m Hürden auf den fünften Platz.

Zweimal schafften rot-weiß-rote 4x100-m-Staffeln die Teilnahme an einem Olympiafinale (Frauen London 1948, Männer Barcelona 1992), ansonsten ist kein Ergebnis dieser Preisklasse notiert.

Nicht rangekommen

Schrott kam im Endlauf beim Sieg der Australierin Sally Pearson als Letzte auf eine Zeit von 13,07 Sekunden.

"Es ist schade, dass ich jetzt eine 13-er-Zeit stehen habe, schade, dass ich nicht mithalten konnte. Technisch ist es nicht so fein gegangen, ich habe aber nicht so viele Erinnerungen. Ich habe nur gemerkt, ich komme an die anderen nicht ran."

Doch das Olympiafinale könne ihr niemand mehr nehmen. "Es ist mir eine irrsinnig große Ehre. Ich bin überglücklich, dass ich das erleben durfte. Ich bin irrsinnig stolz und will meine Leistung auch nicht schmälern", sagte Schrott.

Ein Grinser vor dem Start

Dass im Finale keine bessere Zeit herauskam, führte Schrott auch darauf zurück, dass die Vorbereitung eine ganz andere als auf das Halbfinale gewesen sei.

"Körperlich war ich ganz gut erholt, aber der Fokus war vielleicht nicht mehr ganz so da. Ich hatte den ganzen Tag Zeit, mich auf das Semifinale einzustimmen. Mit dem Finale habe ich aber nicht im Entferntesten gerechnet", sagte sie, und gestand.

"Die Kulisse war so unglaublich schön, das Publikum geht so mit. Ich habe vor dem Start grinsen müssen."

Große Unterstützung

Nach der nur um eine hundertstel Sekunde verpassten Bronzemedaille bei den Europameisterschaften Ende Juni in Finnland bekam sie dank Platz vier viel Aufmerksamkeit.

"So viele Leute haben mich unterstützt, ich habe so viel positive Energie bekommen. Ich hätte einen Rucksack voll Glücksbringer mit nach London bringen können", erzählte die Athletin von Union St. Pölten, die auch von einem Public Viewing in ihrer Heimatstadt berichtete.

Den internationalen Weg einschlagen

Sie hofft, mit ihrer Leistung andere Talente in Österreich anzuspornen und gibt ihnen vor allem einen Ratschlag mit auf den Weg.

"Strebt nach mehr, lauft auf internationaler Ebene." Schrott selbst wird konsequent weiterarbeiten.

"Ich werde nach wie vor in jedem Rennen versuchen, Bestleistung zu laufen. Ich werde versuchen, mich überall noch zu verbessern. Vor allem im ersten Teil des Rennens ist noch Potenzial drinnen. Hinten raus bin ich stark, wie das Semifinale gezeigt hat."

In Linz am Start

Nach Olympia ist vor Olympia. "Die Arbeit geht jetzt los. Rio de Janeiro 2016 ist natürlich ein Ziel. Aber vier Jahre sind eine lange Zeit, da kann einiges passieren", erklärte Schrott.

In naher Zukunft stehen zwei Meetings auf dem Programm, darunter die Gugl Games in Linz.

"Was sich sonst noch ergibt, wird man sehen". Als Olympia-Finalistin stehen ihr die Türen für die Diamond League offen.