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Der Goldjunge mit dem Familiensinn

Der Goldjunge mit dem Familiensinn

Dass die Ganzkörper-Rasur bei Schwimmern in erster Linie keine ästhetischen Gründe hat, ist bekannt. Es verringert den Gleit-Widerstand des Körpers, erhöht den Speed.

Doch wie viel bringt das effektiv auf der Uhr. Es variiere je nach Distanz, Lage und Haarwuchs die eine oder andere Sekunde, so heißt es.

Bei Sebastian Steffan dürfte das mehr sein – sogar erheblich mehr. Bei den Europaspielen in Baku sorgte er im Rahmen der dort ausgetragenen Junioren-EM mit Caroline Pilhatsch (50m Rücken) innerhalb von 15 Minuten für die ersten beiden Goldenen Österreichs.

Erstaunlich, dass seine über 200m Lagen siegreichen 2:01,39 Minuten nicht nur neue persönliche Bestzeit sind, sondern knapp sieben (!) Sekunden unter jener Zeit (2:08,55) liegen, mit der er vor zwölf Tagen noch als B-Final-Vierter des Mare-Nostrum-Meetings in Monaco anschlug. Unrasiert versteht sich.

Noch einmal nachgebessert

Noch einmal nachgebessert
Der Kompass auf seinem Herzen trägt die Anfangsbuchstaben seiner Familienmitglieder

Zugegeben, die ganzen sieben Sekunden an der Oberkörper-Wolle des 18-Jährigen festzumachen, wäre dann doch zu viel. Da schüttelt auch der Oberösterreicher schmunzelnd den Kopf. „Aber vier bis fünf Sekunden sind das bei mir schon.“

Steffan gehört damit freilich eher zur besser „betuchten“ Sorte. Eine Eigenschaft, die in seiner Sportart alles andere als von Vorteil ist. Der Nassrasierer wird vor wichtigen Meetings zum wichtigen Reise-Begleiter.

In Baku hat er vor dem Finaltag sogar noch einmal nachjustiert, was sich bekanntlich voll ausgezahlt hat. „Bei Brust, Kraul oder Butterfly kommst du einfach viel besser ins Gleiten“, weiß er zu berichten.

Die Eltern hatten den richtigen Riecher

Im Lagen-Finale der Europaspiele zündete Steffan den Turbo und ließ die Gegner ab der Brustlänge hinter sich. „Das ist meine erste Medaille bei einem Großereignis, ich war schon oft ganz knapp dran. Und jetzt gleich Gold, ich kann’s nicht glauben“, jubelt er.

Gold-Kollegin Pillhatsch ist mit ihren 28,60 Sekunden sogar die neue österreichische Rekordhalterin. Steffan hat in der allgemeinen Klasse noch ein gutes Stück auf die 2011 aufgestellte Bestmarke von Markus Rogan (1:57,74min), verfehlte in Baku den Junioren-Rekord von Dinko Jukic jedoch nur um fünf Hundertstel.

Was beide außer Gold noch gemeinsam haben? Sie dürfen bei der Langbahn-WM der Großen von 24. Juli bis 9. August in Kazan (RUS) auf den Startsockel auf den Start steigen. Während Pillhatsch sogar das Limit über die Einzel-Distanz knackte, darf Steffan in der Staffel ran. „Nach den Olympischen Spielen ist das das Höchste, was es gibt“, freut sich der Youngster, der in Russland heimische Unterstützung bekommen wird.

Umplanung in der Saison

Sportlich stünde für Steffan heuer als Wettkampf-Höhepunkt eigentlich die Junioren-WM Anfang September in Singapur auf dem Programm.

„Allerdings weiß ich noch nicht, ob wir diese nicht auslassen, weil meine Saison dann vielleicht schon zu lange dauert“, befürchtet er, dass ein zu langes Halten dieser Form schwer möglich sei. Dies werde er dann gemeinsam mit Coach Wolf entscheiden.

 

Aus Baku berichtet Reinhold Pühringer

Wie in Baku werden dann auch seine Eltern vor Ort sein. „Mein Vater hat meiner Mutter die Reise bereits im Vorjahr geschenkt und einfach mal gehofft, dass ich mich qualifiziere.“ Der Schützling von Trainer Marco Wolf hat eine tiefe Verbundenheit zu seiner Familie, die er auch in Form seiner Tattoos zur Schau trägt.

Auf der linken Brust, also über seinem Herzen, prangt ein Kompass. Anstelle der Himmelsrichtungen sind die Anfangsbuchstaben seiner Eltern Heidi und Gottfried, seiner Schwester Kerstin sowie ein „S“ für Sebastian zu lesen. Zudem hat er auf seinem Unterarm „Family“ stehen.

„In einer Sportart wie Schwimmen geht es ohne die Unterstützung der Familie nicht“, weiß der Youngster. Eine gewisse Nestwärme hat Steffan auch in der Linzer Trainingsgruppe ausgemacht. Insbesondere bei der EM-Dritten Lisa Zaiser gerät er regelrecht ins Schwärmen: „Sie ist wie eine große Schwester für mich. Von ihr und Jördis (Steinegger; Anm.) habe ich mir sehr viel abschauen können. Vor allem bei der Ernährung und der Nachbereitung. Das sind Vollprofis.“

Zaiser und Co., die derweil ein Trainingslager auf Teneriffa abspulen, waren via Stream live dabei, als Steffan zu Gold flog. „Bereits nach dem Finaleinzug sind in einer Tour Nachrichten eingetrudelt“, freute er sich. Angesichts von Zaisers Facebook-Postings liegt der Schluss nahe, dass die „große Schwester“ ihren Trainingskollegen gerne mit dem Kosenamen „Prinzessin“ belegt:

 

 

Uuuuuund als schnellster ins Finale! Wuhuhuhuhu this girl is on fire