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Alle für eine

Alle für eine

Eine vor knapp einen Monat spontan geborene Idee lockte am Mittwochabend rund 3.400 Läufer in den Wiener Prater. Alle mit einem Ziel, einer Motivation: Kira Grünberg zu helfen.

Das Schicksal der seit einem Trainingssturz querschnittgelähmten Stabhochspringerin bewegt Österreich – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Unterm dem Motto „Laufen für Kira“ hatte Leichtathletik-Trainer Willi Lilge – jener Mann, dem besagte spontane Idee in den Sinn gekommen war – zum Benefiz-Lauf gerufen. Zahlreich sind sie erschienen. Allen voran Österreichs Sport-Asse. Auch unzählige Firmen und Medien spannten sich bereitwillig vor den Karren, um zu helfen.

„Wir haben keine einzige Firma angeschrieben, alle sind auf uns zugekommen“, dankte Lilge allen Partnern, die sich mit unterschiedlichsten Spenden einstellten.

Unterm Strich brachte das Event einen von der Volksbank noch einmal aufgerundeten Erlös von 64.000 Euro, der Grünberg auf ihrem Weg in einen neuen Lebensabschnitt helfen soll. Bereits in Innsbruck war vor zwei Wochen ein ähnlicher Lauf über die Bühne gegangen.

Grünberg kann ihre Hände leicht bewegen

Die 22-Jährige, die in Bad Häring mit der Reha begonnen hat, wurde durch Tom Herzog über das bunte Treiben im Prater auf dem Laufenden gehalten. Ihr Manager sendete ihr fortwährend Bilder, die ihr von ihrer Mutter am Handy gezeigt wurden.

Mittels eingespielter Audio-Grußbotschaften wendete sich Grünberg an die Läufer und Unterstützer: „Danke an euch alle! Danke für die vielen Nachrichten und Aufmunterungen! Ich habe versucht, bei möglichst vielen Antworten mitzuhelfen. Macht euch nicht zu viele Sorgen um mich!“

Worte, die gleichermaßen für Gänsehaut und Jubel sorgten. Die Stimmung unter den Läufern war eine entspannte, freudige. Mit dem Solidaritäts-Gefühl im Bauch lief es sich leichtfüßig, fast federartig. LAOLA1 weiß, wovon es spricht, wollte ebenfalls seinen Beitrag leisten.

Die freudigste Nachricht des Tages war da freilich, dass Grünberg ihre Hände leicht von der Bettdecke abheben konnte. „Und sie ist eine Trainiererin“, blitzte in Herzog das Prinzip Hoffnung auf.

Tränen von oben

Von den österreichischen Sportlern, die wie gesagt sehr zahlreich erschienen, ging vorneweg die Leichtathletik-Familie. Da ließ es sich die am selben Tag gerade erst aus Peking zurückgekehrte WM-Finalistin Jennifer Wenth genauso wenig nehmen mitzulaufen wie Beate Schrott, die wegen ihrer Verletzung nur gehen konnte. Andreas Vojta lotste einige Leistungswillige sogar zu einer Intervall-Einheit auf die Laufbahn.

Organisator Lilge war von Zuspruch und Einsatz der über 100 freiwilligen Helfer überwältigt: „Was sich heute hier abgespielt hat, hat mich teilweise sogar zu Tränen gerührt.“

Geweint hat auch der Himmel. Während Projekt-Rio-Mitarbeiter Clemens Trimmel den stärker werdenden Regen als „ideales Laufwetter“ willkommen hieß, trauerte Lilge sichtlich einem wärmeren Rahmen und noch mehr Teilnehmern hinterher. „Aber letztlich war es eine wundervolle Sache.“

Ein Schicksal unter vielen

Die Hilfsbereitschaft für Grünberg ist gleichermaßen ergreifend wie schön. Schön, dass Sport derartige Werte in uns Menschen hervorkehrt. Nicht zu vergessen ist freilich, dass Grünbergs Schicksal nur eines unter vielen ist.

„In Österreich gibt es pro Jahr im Durchschnitt rund 100 neue Fälle von Querschnittlähmung“, weiß Thomas Geierspichler, der einen kleinen Convoy an Rollstuhlfahrern anführte. Der mehrfache Paralympics-Sieger zeigte sich ebenso erfreut über die Anteilnahme der Menschen am Schicksal Grünbergs.

Dabei gab es erst kürzlich mit Vanessa Sahinovic einen ähnlichen Fall im österreichischen Sport. Jene 16-jährige Synchronschwimmerin, die bei den Europaspielen in Baku von einem Shuttlebus überrollt wurde. Über ihren Zustand gab es seither keine offiziellen Informationen mehr.

Jüngste Meldungen im Blog des Bürgermeisters ihrer Heimatgemeinde Wiener Neudorf legen jedoch den Schluss nahe, dass das bildhübsche Mädchen ein ähnliches Schicksal wiederfahren ist. Das Gemeinde-Oberhaupt bat via Internet um Unterstützung bei der Suche nach einer behindertengerechten Wohnung für die Familie.

Vielleicht kann auch hier eine starke Gemeinschaft helfen.

Reinhold Pühringer