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"Profi-Football in Europa werde ich nicht mehr sehen"

„Ich habe keinen blassen Schimmer – und das ist auch gut so.“

Schon beim AFL-Halbfinale zwischen den Vienna Vikings und den Danube Dragons konnte Michael Eschlböck nicht riechen, wer sich denn heuer die Austrian Bowl holen würde.

Mittlerweile haben sich die in Frage kommenden Teams auf zwei beschränkt, was es dem AFBÖ-Präsidenten aber nicht einfacher macht. Schließlich ist es ein Duell auf Augenhöhe.

Finale woanders

Das Endspiel 2012 lautet Vienna Vikings gegen die Raiders und ist damit die Neuauflage des letztjährigen Finales, das die Innsbrucker vor rund 10.000 Zuschauern im Happel-Stadion gewannen.

Kurz vor der Heim-WM 2011 bedeutete dieser Fan-Zuspruch einen AFL-Rekord. Das wird heuer nicht möglich sein, zumal auch der Finalstandort kurzerhand vor den Semifinalspielen gewechselt wurde.

So haben nicht die Tiroler Heimrecht, sondern die Wiener. Zwei Teams aus der Bundeshauptstadt, eines aus Graz und eines aus Innsbruck: Das Risiko war dem kleinen Verband offensichtlich zu groß, dass ein Endspiel zwischen einem Wiener Verein und den Giants vor wenigen Zuschauern stattfindet.

Im LAOLA1-Interview nimmt Michael Eschlböck auch zu dieser Thematik Stellung.

LAOLA1: Der AFBÖ hat vor den Semifinalspielen die Austrian Bowl von Innsbruck nach Wien verlegt. Nun stehen die Raiders im Endspiel. Warum hat man das Risiko nicht einfach auf sich genommen?

Michael Eschlböck: Am Ende des Tages war einfach eine Entscheidung zu treffen. Wir sind letztlich ein Verein, dessen ehrenamtlich und unentgeltlich arbeitender Vorstand für alle finanziellen Angelegenheiten haftet. Es war eine Vernunftentscheidung und eine des niedrigeren Risikos unter den gegebenen Rahmenbedingungen. That’s it.

LAOLA1: Wie haben die Tiroler das zum Zeitpunkt der Bekanntgabe aufgenommen?

Eschlböck: Es war eine Mischung. Emotional haben sie sich geärgert, rational gibt es welche, die das verstehen. Gefreut haben sie sich darüber natürlich nicht, denn sie hätten natürlich gerne eine Austrian Bowl vor eigenem Publikum gehabt. Das ist natürlich nachvollziehbar. Es gibt aber in solchen Fällen natürlich auch welche, denen man mit rationalen Argumenten nicht beikommt. Die beschuldigen dann die Wiener, alles dafür zu tun, damit ein Wiener Team gewinnt.

LAOLA1: Als AFBÖ-Präsident ist es Zeit Bilanz zu ziehen, wie fällt die erste Saison nach der Heim-WM 2011 aus?

Eschlböck: Bislang kann man sagen, dass es von den Zuschauerzahlen sehr gut begonnen hat. Es hat dann wieder ein Loch gegeben, wo keine Steigerung zu verzeichnen war. Beim Halbfinale in Innsbruck hat wohl auch das Wetter eine bessere Zuschauerkulisse verhindert, in Wien hat es gut ausgesehen. Im Großen und Ganzen kann hier aber von einer Steigerung gesprochen werden. Sportlich gesehen hat es Änderungen gegeben, etwa der längere Grunddurchgang. Hier wusste man nicht, wie das sich auswirkt. Aber bei den Danube Dragons hat man es etwa gesehen: Sie haben es gerade noch am letzten Drücker mit hängender Zunge ins Playoff geschafft und waren im Halbfinale nicht weit vom Finaleinzug weg. Insofern kann man durchaus zufrieden sein.

LAOLA1: Apropos Zuschauer: Halbvolle Generali Arena oder volle Hohe Warte?

Eschlböck: Es hat beides seinen Reiz. Die Hohe Warte ist eine lieb gewordene Heimstätte, die einen familiären Charakter und eine historische Naturtribüne hat, die fast zum Picknicken einlädt. Hier gibt es eine After-Game-Party, wo die Leute sitzen bleiben, bis man sagt, sie müssen nach Hause gehen. Die Generali Arena ist halt eine, die nicht so zum Verweilen einlädt. Im Endeffekt sind wir aber zukunftsgerichtet und daher geht mein Blick eher Richtung Generali Arena und UPC-Arena.

LAOLA1: Wird die AFL bei sechs Teams und diesem Format bleiben oder gibt es wieder eine Aufstockung?

Eschlböck: Eine Aufstockung ist nicht realistisch, wir werden bei den sechs bleiben. Natürlich ist es das Ziel, Teams weiter heranzuführen. Das Finale eine Klasse tiefer war sehr toll, aber die kennen die jüngere Geschichte, es ist noch einmal ein ziemlicher Schritt in die höchste Klasse. Der Wille und die seriöse Arbeit ist da, ich hoffe, in zwei oder drei Jahren können wir dann wieder über eine Aufstockung reden. Aktuell ist es nicht realistisch oder sinnvoll.

LAOLA1: Wie sinnvoll ist die Legionärsbeschränkung? Wird mit der Zweier-Regel den Zuschauern nicht etwas vorenthalten, wenn man sieht welche Touchdowns oder andere Plays sie zeigen?

Eschlböck: Wenn ich das Halbfinale Vikings-Dragons hernehme: Stefan Holzinger von den Vienna Vikings fängt ebenso einen wunderbaren Touchdown, Thomas Haider von den Danube Dragons steht hierzulande einem Amerikaner um nichts nach. Von was reden wir hier? Natürlich ist der eine oder andere Amerikaner immer noch das Quäntchen besser, keine Frage. Die Frage ist jene nach der Grenzziehung. Ich lasse mit mir über zwei bis vier reden. Wir sehen aber genügend tolle Aktionen mit Österreichern. Das freut mich mehr. Ich denke, es hat sich heuer auch bewährt und dass es auch so bleiben wird. Man darf nicht vergessen, es geht hier ja auch um finanzielle Geschichten der Vereine. Es ist vernünftig, wirtschaftlich zu denken und sich nicht in Risiken zu stürzen. Wie das ausgehen kann, macht uns eine andere Ballsportart hervorragend vor.

LAOLA1: International mussten sich die Vikings heuer in der Eurobowl geschlagen geben, die österreichische Liga ist in dieser Hinsicht auch die einzige Konstante in der Eurobowl. Die italienische, deutsche und französische kam und ging. Sind Sie stolz als Verbandspräsident?

Eschlböck: Natürlich ist man stolz, aber das ist nicht mein Verdienst, sondern der der Teams, der seriösen Arbeit, die die Teams leisten, vor allem im Nachwuchsbereich. Wir haben vor, da weiterhin eine Rolle zu spielen. Wir haben eine eigene Philosophie, die heißt, mehr heimische, österreichische Spieler einzusetzen. Das kann, wie man gesehen hat, gegen eine Legionärstruppe wie Calanda zu wenig sein.

LAOLA1: Denken sie, dass im Fall Calanda der europäische Verband einschreiten sollte?

Eschlböck: Das denke ich schon lange und ich liege dem europäischen Verband schon lange in den Ohren, die Regeln zu ändern und mehr in Richtung der österreichischen zu drehen. Football als Profisport in Europa werde ich zu meinen Lebzeiten nicht mehr sehen, das ist ein langer Weg. Das geht in den meisten anderen Sportarten auch nicht, da muss man nur zum Fußball schauen. Dort gibt es auch Teams, die mit dem Konkurs kämpfen. Ich gehe davon aus, dass sich etwas ändern müssen wird. Sonst wird sich eine Allianz von EFL-Teams quer durch Europa bilden, die diese Fäden in die Hand nehmen werden und den europäischen Verband außen vor lassen.

 

Bernhard Kastler / Martin Schauhuber