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Singapur-Flashback: Der Papst und das Damenklo

Singapur-Flashback: Der Papst und das Damenklo

Fans und Fahrern erging es an diesem Wochende ähnlich: Als Mercedes überraschend Schwächen offenbarte, konnte dies niemand so richtig glauben.

"Am Freitag dachte ich, sie bluffen", gestand der spätere Sieger des Singapur-GP, Sebastian Vettel, nach seiner Pole Position und auch der zweitplatzierte Daniel Ricciardo dachte zunächst, dass es die Silberpfeile nicht ernst meinen: "Wir dachten, sie spielen nur", sprach der Australier aus, was wohl alle dachten.

Zwar ist nach einem Rennen die Mercedes-Dominanz nicht gleich vorüber, dennoch äußert auch der in dieser Saison erstmals ausgeschiedene Weltmeister Lewis Hamilton erste Zweifel an der Titelverteidigung. "Es ist noch ein langer Weg und viele Punkte, die noch zu verlieren sind", so der Brite.

Neben jeder Menge sportlicher Aktion wurde das Nachtrennen in Singapur zudem durch einige Kuriositäten wie einem Spaziergänger oder gar dem Papst garniert. Ach ja - einen Debütanten gab es auch.

Vorhang auf für den LAOLA1-Flashback:

  • HOT AND NOT

 Max Verstappen

Welch ein Rennen des Youngsters! Erst fährt er gar nicht los, weil sein Motor abstirbt, dann startet er eine fulminante Aufholjagd und schafft es, trotz einer Runde Rückstand mit Rang acht noch in die Punkteränge zu fahren. Einigen spektakulären Überholmanövern folgte auch noch das Missachten der Teamorder: Dem Toro-Rosso-Piloten fiel es gar nicht ein, seinen Teamkollegen Carlos Sainz vorbeizulassen. "Sie haben mir gesagt, dass ich Carlos vorbei lassen soll. aber ich hatte das ganze Rennen über eine gute Pace, konnte im Mittelfeld jeden abhängen und auf die Jungs vor mir aufholen. Für mich bestand deswegen kein Grund, ihn vorbei zulassen. Ich glaube, wenn es andersherum gewesen wäre, wäre es genauso abgelaufen", fühlt sich der 17-Jährige im Recht. Sainz jedoch entgegnet: "Ich hätte es getan. Ich bin ein fairer Mann. Ich habe nur den Versuch gewollt und er hat ihn mit nicht gegeben."

Felipe Massa

Ein gebrauchter Tag für den Williams-Piloten: Der Brasilianer lag auf Punkte-Kurs, als er nach einem Reifenwechsel spektakulär mit Nico Hülkenberg kollidierte. Er wies alle Schuld von sich: "Es war ganz sicher sein Fehler! Das hat mein Rennen zerstört, denn ich konnte nichts machen. Er ist über mein Auto gesprungen." Zwar konnte Massa - im Gegensatz zum Deutschen - nach einem weiteren Boxenstopp zunächst weiterfahren, doch in Runde 31 war Schluss, weil sein Getriebe nicht mehr wollte: "Ich konnte nach der 13. Kurve nicht mehr vom zweiten in den dritten Gang schalten. Schließlich habe ich es geschafft, wieder in den ersten zurückzuschalten. Das ging zwei Runden lang gut, danach ist das Problem wieder aufgetaucht. Dann aber zwei bis drei Mal pro Runde. So konnte ich nicht mehr weitermachen, deshalb musste ich aufgeben."

 

  • NEWCOMER-CHECK:

Unseren beherzt kämpfenden Rookie Max Verstappen haben wir oben bereits gelobt, es war bereits das fünfte Mal, dass er in die Punkteränge fuhr. Mit 30 Zählern schiebt sich der Niederländer an Hülkenberg vorbei auf Rang 11 der WM-Wertung.

Toro-Rosso-Teamkollege Carlos Sainz Jr. wurde von Verstappen trotz Teamorder auf frischen Reifen nicht vorbeigelassen und musste somit mit Rang neun Vorlieb nehmen. "Nachdem ich Max zehn Runden lang zuschauen durfte, wie er vergeblich versucht hat, an Pérez vorbei zu kommen, dachte ich: Vielleicht könnte ich es einfach nur eine Runde lang versuchen. Ich wollte doch nur eine Chance. Aber insgesamt bin ich froh über den Punkteplatz."

Erstmals seit dem Monaco-GP konnte sich Felipe Nasr wieder einmal über Punkte freuen, obwohl es lange Zeit nicht danach aussah. Doch weil Lotus-Pilot Romain Grosjean, der bis drei Runden vor Schluss noch vor ihm auf Rang zehn lag, in einer Kurve die Ideallinie verließ, konnte sich der Sauber-Pilot noch einen Punkt sichern. "Es tut gut, wieder ein Rennen so zufrieden zu beenden. Das war heute ein sehr herausforderndes Rennen für uns", freute sich der Brasilianer, der von Rang 17 startete, über den hart erkämpften zehnten Platz.

Last but not least haben wir einen neuen Neuen: Alexander Rossi, der erstmals Roberto Merhi bei Manor-Marussia ersetzt hat, präsentierte sich vom Freitagstraining an gut. Der 23-jährige US-Amerikaner verlor zwar das Qualifying-Duell gegen Teamkollege Will Stevens aufgrund eines Abfluges von der Strecke, im Rennen selbst war er aber der Stärkere, nahm ihm in jeder Runde Zeit ab und kam als 14. ins Ziel. Ein durchaus zufriedenstellendes Debüt für den F1-Rookie, der in Anlehnung an Film-Käfer "Herbie" die 53 als Startnummer gewählt hat.

  • TEAMCHECK: Ferrari
Der Jubel war wieder einmal groß im Lager der Scuderia. Zu Recht. Sebastian Vettel fuhr "wie ein Champion", so Präsident Sergio Marchionne, zu seinem 42. GP-Sieg und dem dritten für die Roten in diesem Jahr. So wie bei schweren Niederlagen vernichtend kritisiert wird, so überschwänglich fällt der Jubel bei Triumphen aus. Diesmal war Mercedes schwer geschlagen, Experten sprechen aber von einer Eintagsfliege. Dennoch ist der Sieg ein weiterer Beweis für den Aufschwung, den der Rennstall aus Maranello erlebt. Das Saisonziel hat Teamchef Maurizio Arrivabene zum wiederholten Male nach oben korrigiert. Fünf Siege sollen es am Ende sein. Dass einen davon Kimi Räikkönen holt, scheint unwahrscheinlich. So richtig laufen wollte es für den Finnen - trotz Platz drei - auch nicht. Mit dem Handling seines Autos war der "Iceman" nicht zufrieden, merkte aber an: "Wenn man an einem schlechten Tag Dritter wird, dann ist das für das Team sehr gut."

  • ÜBERRASCHUNGSGAST DER WOCHE: DER PAPST

Was war das? In der fünften Runde des GPs blendete der ORF auf einmal Bilder des Papstbesuches auf Kuba ein. Das Papamobil ist etwas langsamer als die Boliden in Singapur, scheint aber eindeutig die Führung übernommen zu haben. Kommentator Ernst Hausleiter bekommt davon vor Ort zunächst nichts mit. Es scheint ein Regiefehler in Wien gewesen zu sein. Auf Twitter nimmt der Oberösterreicher den amüsanten Faux-Pas mit Humor:

 

  • FESTNAHME DER WOCHE: DER SPAZIERGÄNGER

Ein Fußgänger auf der Strecke sorgte für Aufregung: Gemütlich spazierte er am Streckenrand entlang und nahm sogar ein Video auf. "Da läuft ein Fan auf der Strecke", funkte Vettel an die Box, das Safety Car musste rauskommen und nahm ihm seinen Vorsprung. "Ich glaube, der Mann hat sogar noch ein Foto gemacht", konnte es der Deutsche, der sich davon nicht beeindrucken ließ und trotzdem souverän zum Sieg fuhr, nicht glauben. Bei dem Spaziergänger soll es sich übrigens um einen 27-jährigen Engländer, der eventuell das ein oder andere Glas zu viel hatte, gehandelt haben. Er wurde festgenommen.

Sebastian Vettel Kimi Räikkönen
Endplatzierung 1 3
Rückstand auf 1. - +17,154
Topspeed Start/Ziel 303,8 km/h (14.) 312,5 km/h (8.)
Schnellste Runde 1:50,069 (2.) 1:50,341 (5.)
Reifenstrategie (Runden) SuperS (13), SuperS (24), S (24) SuperS (13), SuperS (24), S (24)

  • BESCHIMPFUNG DER WOCHE: JENSON BUTTON

"Ich hätte es wissen müssen: Er ist verrückt", schimpfte Jenson Button nach der Kollision mit Pastor Maldonaldo in Runde 42 via Boxenfunk. Der "Verrückte" verlängert übrigens seinen Vertrag mit Lotus um ein Jahr, was eventuell nicht alle Konkurrenten freuen wird...

  • GESCHÄFT DER WOCHE: KIMI RÄIKKÖNEN

Nach dem Rennen musste er aber ganz dringend auf die Toilette: Dass Kimi Räikkönen dabei das Frauen-WC erwischte, wird "man" ihm hoffentlich verziehen haben...

ZAHLENSPIELEREIEN:

4 - Es ist die Strecke des Sebastian Vettel: Der Heppenheimer triumphierte bereits zum vierten Mal in Singapur und gewann damit jedes zweite Rennen im Stadtstaat, wo er insgesamt sechsmal auf dem Treppchen landete.

42 - Grand-Prix-Siege kann Sebastian Vettel bei 161 Rennstarts nun bereits aufweisen und zieht damit an Ayrton Senna vorbei auf Rang drei der ewigen Bestenliste. Lewis Hamilton hingegen verpasste vorerst die Chance, mit 41 Erfolgen mit seinem Idol gleichzuziehen.

75 - Podiumsplätze hat der 28-jährige Vettel in seiner Karriere eingefahren.

2 - Hinter Vettel holten Ricciardo und Räikkönen ihr zweites Podest-Resultat der Saison - und ihr jeweils zweites in Singapur.

2 - Zum zweiten Mal in diesem Jahr standen weder Nico Rosberg noch Lewis Hamilton auf dem Siegerpodest.

2 - Ebenfalls zum zweiten Mal in der Saison schafften es beide Toro Rossos in einem Rennen in die Punkte.

6 - Neuer Tiefpunkt für Fernando Alonso: Es war sein sechster Ausfall in dieser Saison. Zum Vergleich: In seiner gesamten Zeit bei Ferrari (2010-2014) ist er ebenso oft ausgefallen.

4 - In den letzten vier Jahren ist jener Fahrer Weltmeister geworden, der auch den GP von Singapur gewonnen hat. Geht da also doch noch was für Sebastian Vettel?


Andreas Terler / Henriette Werner