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Die Flipper-Liga

Sieg und Niederlage wechseln sich für einen sehr großen Teil der Bundesliga-Mannschaften ab, wie Sonne und Regen im April. Was sind die Gründe für dieses Auf und Ab?

Die Admira verliert in Runde 12 als Top-4-Team in Salzburg mit sage und schreibe 0:8. Eine Runde davor stand noch ein 4:0-Sieg in Mattersburg zu Buche. Der allseits zum Titelaspiranten hochgejubelte SK Rapid geht sang- und klanglos beim Tabellenletzten in Wolfsberg unter. Grödig verliert bei der Austria, nachdem zuletzt der SK Sturm noch klar und deutlich mit 3:0 besiegt worden ist. Die Liste ließe sich fortsetzen. Noch nie waren Teilnehmer von Tippspielen wahrscheinlich so frustriert. Nach einem Drittel der Meisterschaft lässt sich in der heimischen Liga auf den ersten Blick so gut wie gar nichts prognostizieren.

Die Ergebnisliste der Bundesliga weist in etwa so viele konstante Serien auf – positiv wie negativ – wie ein Ball im Flipperautomaten lineare Bewegungen durchführt. Jede Woche wird bei nahezu allen Vereinen wechselweise - je nachdem ob gerade Erfolg oder Misserfolg vorherrschen - die eine oder andere mögliche Serie ausgerufen, die dann einen Spieltag später wieder widerrufen werden muss. Ist die Bundesliga schlicht und einfach so ausgeglichen, dass man die Phrase „es kann eben jeder jeden schlagen“ bedient gehört? Nimmt man nur die bisher vorliegenden Resultate nach einem Drittel der Spiele zur Hand, dann gäbe es dafür schon das eine oder andere Indiz. Sieht man ein wenig genauer hin, lassen sich allerdings dann doch ein wenig differenziertere Aussagen treffen.

Da ist zunächst einmal der neue Tabellenführer Red Bull. In Salzburg scheint seit einigen Runden, nach personellen Problemen und einer Einspielphase zu Beginn der Saison, das System Peter Zeidler langsam zu greifen. Die innerhalb der „Company“ zum Leipziger Farmteam degradierten Mozartstädter sind aller Unkenrufe zum Trotz nach dem Aderlass im Sommer derzeit die einzige mehr oder weniger konstante Truppe. Von vielen frühzeitig abgeschrieben, zeigt sich in diesem Kader in Vollbesetzung noch immer genug Qualität, sodass an dem Team am Weg zum Titel kein Weg vorbeiführen wird.

Die umgekehrte Entwicklung legen gerade die Grünen aus Wien hin. Was nach dem fulminanten Saisonstart und der Europacup-Euphorie nur einige wenige festgehalten haben, beginnt sich jetzt langsam zu zeigen. Rapid hat seine Schwachstellen und die Vorschusslorbeeren waren schlicht doch ein wenig zu dicht gestreut. Wenn es gegen kompakt stehende Teams geht, haben die Hütteldorfer so ihre Probleme. Vor allem, weil Zoran Barisic hinsichtlich System nicht der große Freund der Variante ist und zugleich kräftig rotieren lässt. Taktische Ausrechenbarkeit und immer wieder neue Startformationen können auch gegen personell weit unterlegene Teams wie unlängst dem WAC zu großen Problemen führen. Auf das Gejammere wegen der Doppelbelastung sollte normalerweise gar nicht eingegangen werden. Da der Trainer selbst aber diese Parole ausgibt, wird das auf die Mannschaft noch einen zusätzlichen, psychologischen Negativ-Effekt haben. Eine Runde Mitleid für Rapid, weil sie international spielen müssen.

Die Ausrechenbarkeit ist eine Problemstellung, die auch dem SK Sturm zu schaffen macht und ihn keine konstanten Serien hinlegen lässt. Fehlende taktische Flexibilität geht einher mit nicht greifenden Automatismen und Ratlosigkeit beim Ausspielen von tief stehenden Mannschaften, also gegen sechs von neun möglichen Gegnern in der Liga.

Um die so genannten „Top 4“ zu komplettieren, fehlt noch Thorsten Finks Austria. Die schafft es trotz vieler unansehnlicher Leistungen und mittlerweile auch Pfiffen von den Rängen, zumindest die Ergebnisse einigermaßen regelmäßig zu bringen. Das reicht im Moment für Punktegleichheit mit dem Tabellenführer, wird aber langfristig nicht genügen, um dort zu bleiben.

Danach kommt, die aktuelle Tabellensituation wegen Belanglosigkeit vernachlässigend, der Niveaueinheitsbrei mit gewissen Nivellierungen. Die Kader sind bei den sechs verbleibenden Teams personell eindeutig unter den bereits genannten angesiedelt. Ein ausgleichender Faktor ist allerdings bis dato im Coaching beheimatet. Mattersburg oder die Admira können dabei immer wieder überraschen. Gegen Mannschaften wie den SK Sturm braucht es zudem meistens gar keine Überraschung, weil ein stinknormales „Abwarten und Tee trinken“ reicht, um dem Konstrukt von Franco Foda Paroli zu bieten. Und das kriegen fast alle hin. Auch die SV Ried wird dort wieder hinkommen, wenn man sich im Innviertel einigermaßen vom Helgi-Kolvidsson-Schock der ersten Runden erholt hat.

Um die beschriebene Gemengelage zusammenzufassen: Die Inkonsistenz der Bundesliga-Ergebnisse resultiert in vielen Fällen in die eigentliche Kaderstärke teilweise aufhebenden Faktoren. Mit relativ einfachen Mitteln lassen sich die personell stärkeren Mannschaften immer wieder die Schneid abkaufen. Kompakt und tief stehen, schnell umschalten und diese Konterstöße konsequent fertig zu spielen reicht aus, um auch gegen die nach der Papierform potenteren Mannschaften immer wieder zu Punkten zu kommen. Wieso das von Foda oder auch Barisic derart negiert wird und man mehr oder weniger seit vielen Monaten darauf nicht reagiert (oder nicht reagieren kann?), ist mir ein Rätsel. Solange das jedenfalls so ist, wird auch die Bundesliga eine wöchentliche Wundertüte bleiben. Wie es gehen kann, hat Salzburg am Wochenende gegen die Admira vorgezeigt.

 

Jürgen Pucher war Gründungsmitglied der Plattform „sturm12.at“ und hat dort über Jahre hinweg mit seiner Kolumne „12 Meter“ die Diskussionen rund um den Grazer Verein und den österreichischen Fußball extrem bereichert. Nun beschäftigt er sich als Betreiber der Podcast-Plattform "blackfm.at" mit den Geschehnissen bei den Schwarz-Weißen. Bei LAOLA1 verfasst er in regelmäßigen Abständen Gastkommentare zum Geschehen im heimischen Kick.