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Zeitlupe Frühwald

 

Diskussionen über Setzlisten sind unerwünscht

Was wir aus dem normalen Alltag kennen, scheint auch für den Tennis-Zirkus zu gelten: Zwar sind alle Spieler gleich, manche sind dann aber doch ein bisschen gleicher.

Zumindest dann, wenn es nach einigen prominenten Herrschaften wie John McEnroe, Guy Forget oder Toni Nadal geht. Diese wünschen sich bei den French Open eine Bevorzugung von Rafael Nadal bei der Erstellung der Setzliste.

Derzeit liegt das spanische Muskelpaket im ATP-Ranking nämlich "nur" auf Rang fünf, weil er wegen seiner Knieverletzung sieben Monate pausieren musste. Die Aussicht auf eine Verbesserung ist schlecht, da er aufgrund seines Vorjahres-Erfolgs in Rom nur mehr in Madrid Punkte (maximal 910) holen kann. Auf die Nummer vier der Welt, David Ferrer, fehlen ihm allerdings 985 Zähler. Nadal müsste also neben Turniersiegen in Rom und Madrid auch auf Ausrutscher seines Konkurrenten hoffen.

Jetzt erscheint es vielen als fair, der „Gerechtigkeit“ ein bisschen nachzuhelfen. McEnroe sieht Nadal gar als Nummer eins vor Novak Djokovic, obwohl der Serbe erst vor zwei Wochen in Monte Carlo in beeindruckender Manier die achtjährige Regentschaft des spanischen Sandplatz-Königs beendete. Die sieben French-Open-Titel auf Nadals Visitenkarte sind für „Big Mäc“ Grund genug.

Guy Forget, der im Organisationskomitee von Roland Garros sitzt, verweist auf das Regelwerk, dass es den Grand-Slam-Turnieren freistellt, die Setzliste unabhängig von den ATP-Rankings zu erstellen. In Wimbledon sei dies schließlich auch in der Vergangenheit praktiziert worden.

Und genau hier liegt der Hund begraben: Wer erinnert sich nicht an die endlos langen Diskussionen über die im All England Club ausgetüftelten Setzlisten? Wäre Thomas Muster damals als Nummer eins ins Rasen-Mekka angereist, hätte er wohl froh sein müssen, es überhaupt als Gesetzter in den Raster zu schaffen.

Lange Zeit wurde diese Eigenheit in der Tennis-Welt von den Londoner Traditionalisten mit Zähnen und Klauen verteidigt. Dabei war damit der Willkür der Organisatoren Tür und Tor geöffnet. Ironischerweise monierten damals besonders die spanischen Sandplatz-Spezialisten die Rückstufungen ihrer Person. Erst seit einigen Jahren verzichten die Engländer freiwillig auf ihr Vorrecht.

Seien wir doch froh, dass diese Streitereien der Vergangenheit angehören und schüren wir nicht erneut das Feuer, indem wir einen David Ferrer oder einen Andy Murray um die Früchte ihrer Arbeit der letzten Monate bringen.

Und selbst wenn Nadal bei den French Open nun bereits im Viertelfinale auf Djokovic treffen würde – schlussendlich befinden sich in der Endphase eines Turniers sowieso die Stärksten unter sich. Der Beste soll gewinnen – und das muss ja nicht zwangsläufig derjenige sein, der es auch auf dem Papier ist.