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"Wir müssen nicht das Spiel machen, wir wollen"

Im Juni hat Julian Baumgartlinger Österreich zum Auswärtssieg in Tschechien geschossen.

Dieser Satz beinhaltet zwei Themen mit Seltenheitswert. Einerseits ÖFB-Erfolge in der Fremde, andererseits Torerfolge des zentralen Mittelfeldspielers.

An beiden Baustellen wird gearbeitet. In Mainz ist die Rolle des 26-Jährigen inzwischen eine Spur offensiver ausgerichtet, weshalb die Möglichkeit des Torabschlusses zwangsläufig präsenter ist.

Für das Nationalteam wiederum bietet sich am Donnerstag die Gelegenheit, in Moldawien drei wichtige Punkte für die EM-Qualifikation einzufahren.

Davor spricht Baumgartlinger ebenso über die möglichen Herangehensweisen der Südosteuropäer wie über den geglückten Saison-Start mit Mainz:

JULIAN BAUMGARTLINGER…

…DARÜBER, DASS MAN IN MOLDAWIEN DAS SPIEL MACHEN MUSS:

Wir müssen es nicht machen, wir wollen es machen. Wir wissen, was wir können. Wir haben uns teilweise schon in den letzten Auswärtsspielen über den Ballbesitz definiert, deswegen kann das auch dort auf uns zukommen. Es kann uns aber auch etwas ganz anderes erwarten. Moldawien hat immer wieder einmal vorne attackiert. Darauf sind wir aber vorbereitet. Wir sind auf alle Eventualitäten eingestellt.

…ÜBER DIE HERANGEHENSWEISEN VON MOLDAWIEN:

Wir haben jetzt mehrere Bilder von Moldawien gesehen. Sie sind unterschiedlich dahergekommen. Sie hatten Spiele wie in England, da haben sie sehr hoch attackiert, dann hatten sie Spiele wie gegen Montenegro, da sind sie eine Halbzeit sehr tief gestanden. In anderen Partien haben sie hinten rausgespielt, in wieder anderen die Bälle nur hoch nach vorne geschlagen. Man kann also nicht zu 100 Prozent sagen, was uns erwartet, wir wissen aber, was kommen kann und werden im Spiel darauf reagieren können.

…DARÜBER, OB ES AM ÖFB-TEAM SELBST LIEGT, WIE DAS SPIEL LÄUFT:

Zu 100 Prozent. Wir haben schon in der letzten Quali gesehen, dass wir wie in Schweden oder Irland auch auswärts phasenweise viel Ballbesitz hatten, wir ein dominantes Spiel gemacht haben. Deswegen wird es in dieser Qualifikation nicht anders sein, dass wir uns das zutrauen müssen.

…DARÜBER, WIE MAN DEN RIEGEL EINES TIEFSTEHENDEN GEGNERS KNACKT:

Wir hatten mit Schweden einen ähnlichen Gegner, der sehr massiert am eigenen Sechzehner gestanden ist. Da haben wir es ein bisschen versäumt, über die Außen zu kommen, denn wenn ein Gegner sehr tief in der Mitte steht, wäre der einfachste Weg mit Flanken zum Erfolg zu kommen. Da waren wir ein bisschen zu sehr auf die Mitte fixiert. Wir werden das nach wie vor versuchen, aber eben zusätzlich probieren, mit Seitenwechseln oder über die Seite besser zum Erfolg zu kommen. Dann glaube ich, dass man auch gegen einen tiefstehenden Gegner zu Chancen kommen kann.

…ÜBER DIE UNTERSCHIEDLICHE INTERPRETATION SEINER ROLLE IN MAINZ UND BEIM ÖFB:

In Mainz habe ich inzwischen eine bisschen offensivere Rolle auf der Doppel-Sechs, im Nationalteam ist es definitiv die ein wenig defensivere Rolle, wenn David neben mir spielt. Vom Spielaufbau oder der Art und Weise, wie ich auf der Sechs spiele, ist es kein großer Unterschied. In Mainz komme ich halt öfter in Strafraumnähe.

…DARÜBER, OB ER DARAN ARBEITET, TORGEFÄHRLICHER ZU WERDEN:

Es ist auf jeden Fall ein Thema, das mich beschäftigt. In Mainz bin ich jetzt einfach auch in einer Position, wo ich öfter einmal in die Offensive rücke und mit dem Ball auf die Abwehr zukomme. Da ist es für mich momentan schon ein Thema, dass ich selbst öfter zum Abschluss komme – nicht nur den letzten Pass spiele, sondern auch selbst einmal aufs Tor schieße. In den letzten Jahren habe ich immer wieder zu oft gesucht, ob ich noch einen besser postierten Spieler finde.

…DARÜBER, OB ER SO GESEHEN EGOISTISCHER WERDEN MÜSSE:

Ich muss mich in dieser Rolle entwickeln, denn ich habe oft nur den staubtrockenen Sechser gespielt, der vor der Abwehr den Ball erobert und als Bindeglied in die Offensive gespielt hat. Da musste ich die Position halten. Das hat sich jetzt ein bisschen geändert, speziell in Mainz, und da brauche ich noch ein bisschen Zeit. Aber ich arbeite im Training daran.

…ÜBER JENE SITUATION, ALS ER GEGEN SCHWEDEN AUFS TOR ZULIEF UND SELBST DEN ABSCHLUSS SUCHTE:

Es war sehr viel Zeit zum Überlegen. Es sind noch zwei oder drei Spieler mitgelaufen, das hört man natürlich. Ich habe außerdem damit gerechnet, dass ein Schwede auf mich zukommt. Es waren viele Gedanken in meinem Kopf, und ich habe mich dann relativ spät für einen Abschluss entschieden.

…DARÜBER, DASS IHM MAINZ-TRAINER KASPER HJULMAND NACH DEM SIEG GEGEN DORTMUND EINE WELTKLASSE-LEISTUNG ATTESTIERTE:

Das tut schon gut. Grundsätzlich ist es eine angenehmere Situation als zu Saison-Beginn, als wir aus zwei Bewerben ausgeschieden sind. Wir haben uns gut gefangen. Momentan stehen wir gut, auch für mich persönlich läuft es gut, ich bin topfit, deswegen bin ich mit einem sehr guten Gefühl zum Team gekommen.

…DARÜBER, DASS ER NACH SEINER LANGEN VERLETZUNGSPAUSE SCHNELL EIN INTEGRALER BESTANDTEIL DES SYSTEMS VON HJULMAND WURDE:

Das ist nie vorherzusehen, aber ich habe es probiert und daran gearbeitet. Mein Ziel war es, fit in die Vorbereitung zu starten und mich reinzukämpfen. Dass es in der Bundesliga dann direkt so gut läuft, damit war nicht unbedingt zu rechnen, aber ich fühle mich gut, bin schon länger im Verein, kenne die Mannschaft und weiß, was gefordert ist. Deswegen glaube ich schon, dass ich helfen konnte, das zu stabilisieren. Ich glaube, das war auch ein Schlüssel, warum ich jetzt konstant drinnen bin.

…DARÜBER, OB ER LIEBER GEGEN BEKANNTE NAMEN ANTRITT ALS NO-NAMES WIE JENE AUS MOLDAWIEN:

Das darf eigentlich keine Rolle spielen. Unmittelbar vor dem Spiel sind wir gleich darauf eingestellt. Wir sehen Szenen von Schweden genauso wie Szenen von Moldawien, da geht es dann nur um Abläufe und was dein Gegenspieler macht. Klar, wenn Ibrahimovic jeden Tag Thema ist, kann man das nicht ganz ausblenden, aber im Prinzip sollte es kein großer Unterschied sein, wer dein Gegenspieler ist.

…DARÜBER, WAS IHN ZUVERSICHTLICH MACHT, AUSWÄRTS EINE GUTE FIGUR ZU MACHEN:

Weil wir fokussiert und in der Entwicklung einen Schritt weiter sind. Alle Spieler sind heiß auf das Spiel und wir freuen uns darauf, auch auswärts das zu zeigen, was wir daheim schon gezeigt haben. Dann denke ich, sind wir auf einem guten Weg, auch Auswärtsspiele zu gewinnen.

Aufgezeichnet von Peter Altmann

…ÜBER DEN GUTEN SAISON-START OHNE NIEDERLAGE:

Wir haben angefangen, uns auf unsere Stärken zu besinnen. Denn es war nicht einfach mit vielen neuen Spielern, auch der Trainer hat sich erst einmal einleben müssen. Er hatte kaum Zeit, sich zu akklimatisieren. Deswegen war es für uns sehr wichtig, dass wir uns auf unsere Stärken wie das gute Stehen und das aggressive Verteidigen beruhen. Dann sind die Ergebnisse gekommen, am Anfang nur Unentschieden, aber gegen Ende der Transferperiode haben wir noch mal mit offensiver Qualität nachgelegt, die wir direkt umgemünzt haben. Wir treffen in fast jedem Spiel. Es ist ein gutes Rezept, hinten gut zu stehen und vorne immer wieder zu treffen. Das verspricht meistens Punkte.

…DARÜBER, DASS ER GEGEN DORTMUND UND FRANKFURT ALS KAPITÄN FUNGIERTE:

Ich war schon von vornherein als Vize-Kapitän für diese Saison bestimmt. Dann hat sich Nikolce Noveski verletzt. Für mich ist das schon eine Ehre. Ich habe inzwischen drei Jahre in Mainz auf dem Buckel und dementsprechend Führungsspieler-Rollen übernommen, wollte das auch, und der Trainer hat mir das Vertrauen geschenkt. Zum einen ist es eine Bestätigung, zum anderen mehr Verantwortung. Diese zu übernehmen ist ein gutes Gefühl, das nehme ich gerne an.

…DARÜBER, OB ES SCHON GESPRÄCHE MIT MAINZ GIBT, SEINEN IM SOMMER AUSLAUFENDEN VERTRAG ZU VERLÄNGERN:

Das lasse ich ehrlich gesagt auf mich zukommen. Von Mainz ist noch keiner an mich herangetreten. Ich bin froh, dass ich jetzt so gesund und fit bin. Ich werde auf jeden Fall schauen, dass ich diese Saison so viele Spiele wie möglich mache. Dann wird sich definitiv etwas ergeben.

DARÜBER, OB ER DAS GUTE GEFÜHL VON MAINZ AN ÖFB-KOLLEGEN, BEI DENEN ES WENIGER GUT LÄUFT, WEITERGEBEN KANN:

Wir tauschen uns in vielen Gesprächen aus. Die Spieler, die momentan viel Selbstbewusstsein haben, können das immer weitergeben. Ich finde aber, dass die Jungs bei ihren Mannschaften Leistungsträger sind, hervorragende Leistungen bringen, auch wenn es dann nicht immer zu Siegen reicht. Die Liga ist einfach sehr ausgeglichen, das heißt, es kann sich beim nächsten Lehrgang schon wieder alles umdrehen. Jeder war schon einmal in der Situation. Deswegen helfen wir uns einfach gegenseitig und unterstützen uns.