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"Wusste nicht, welche weiteren Wellen das schlägt"

Es ist das altbekannte Los von Stürmern.

Treffen sie, sind sie die umjubelten Helden einer Mannschaft. Herrscht Flaute, werden sie schneller hinterfragt als die meisten ihrer Kollegen.

Vor allem, wenn sie kaum Gelegenheit bekommen, ihren Torriecher unter Beweis zu stellen. So wie derzeit Marc Janko.

Am Ende der Transferzeit vom FC Porto in die türkische Süper Lig zu Trabzonspor übersiedelt, bekam der 29-Jährige bei seinem neuen Arbeitgeber bislang noch kaum Gelegenheit, sein Können zu präsentieren.

Zwar zieren seine Statistik bereits fünf Liga-Einsätze, davon allerdings nur einer von Anfang an. Insgesamt stand er lediglich 110 Spielminuten auf dem Platz.

„Ich bin relativ relaxed“

Für Janko allerdings noch kein Grund zur Panik: „Ich bin momentan eigentlich relativ relaxed. Aufgrund meiner Hintergrund-Geschichte mit der verpassten Vorbereitung und dem relativ späten Wechsel habe ich doch irgendwo Verständnis.“

Auch, weil Coach Senol Günes seinem Neuzugang durchaus die Perspektive für mehr Einsatzzeit aufzeigt. „Der Trainer hat gesagt, er möchte mich langsam heranführen und nach der verpassten Vorbereitung aufbauen, deswegen bin ich momentan noch relativ ruhig.“

Immer wieder kommt der Niederösterreicher auf die verpasste Vorbereitung zu sprechen. Noch in Diensten des FC Porto verpasste er aufgrund muskulärer Probleme einige Trainingswochen.

„Ich hatte zum ersten Mal in meiner Karriere die Situation, dass ich eine Vorbereitung nicht mitmachen konnte. Ich habe nicht gewusst, wie sich das anfühlt und welche weiteren Wellen das für die kommenden Monate schlägt. Das ist eine neue Erfahrung für mich. Ich probiere das Beste daraus zu machen. Ich weiß natürlich auch, je mehr Spiele ich in den Beinen haben werde, desto besser wird auch die Selbstsicherheit.“

Koller: „Ich werde weiter Geduld haben“

Ein Janko mit Spielpraxis und in Normalform würde natürlich auch dem Nationalteam gut zu Gesicht stehen. Teamchef Marcel Koller hat seinen Ersatz-Kapitän trotz gerade erst überwundener Verletzung schon für das Testspiel gegen die Türkei und den WM-Qualifikations-Auftakt gegen Deutschland einberufen.

Mehr als ein Kurzeinsatz gegen die DFB-Elf war ihm dabei nicht vergönnt. „Ich werde weiter Geduld haben“, verspricht Koller und berichtet, dass er bereits das Gespräch mit seinem Goalgetter bezüglich der Situation bei Trabzonspor gesucht hat:

„Man muss ja auch die Umstände kennen, und die kennen wir alle nicht. Wir wissen nicht, was im Klub abgeht, wie der Spieler trainiert, welche Ideen der Trainer hat. Ich habe ihm gesagt: Die einzige Möglichkeit ist, dich im Training aufzudrängen, also nicht irgendwie lasch zu werden, sondern dich in den Einheiten voll reinzuhauen.“

Der Schweizer hält Janko in dieser schwierigen Phase wohl auch mangels hochkarätiger Alternativen die Treue. „Wir haben nicht die Möglichkeit zu sagen, wir haben fünf, sechs internationale Topstürmer, wir können aus dem Vollen schöpfen“, betont Koller.

„Ich würde mich immer aufstellen“

Ob der Teamchef dem Türkei-Legionär beim Kräftemessen mit Kasachstan die Gelegenheit gibt, von Anfang an zu stürmen? „In meinen Überlegungen spielt er sicher eine Rolle – wie die anderen natürlich auch“, lässt sich der 51-Jährige nicht in die Karten blicken.

„Ich würde mich immer aufstellen“, wird Janko da schon konkreter und untermauert damit folgende Selbsteinschätzung: „Ich habe kein verlorenes Selbstvertrauen.“

Ein kompakt stehender Kontrahent, gegen den seine Präsenz im Strafraum gefordert ist, dazu Kunstrasen, auf dem er einst schon in Salzburg geglänzt hat – am Papier müsste diese Partie Janko auf den Leib geschneidert sein.

Zudem weist er darauf hin, dass er vielseitiger sei, als viele glauben: „Ich bin der Meinung, dass ich nicht nur als Stoßstürmer spielen kann. Ich kann genauso gut mit einem Mann neben mir, also zu zweit vorne drinnen, spielen. Ich werde halt meistens von vielen Leuten zum Stoßstürmer reduziert, aber ich beherrsche auch andere Systeme.“

„Diese Zeit muss man mir geben“

Ob er tatsächlich beginnt oder nur als Joker zur Verfügung steht, wird sich weisen. So oder so fängt laut Janko nun der Ernst dieser WM-Qualifikation an, da gegen Deutschland niemand drei Punkte hätte fordern können:

„Ich finde, dass jetzt irgendwo die richtigen Spiele anfangen. Wir starten wieder bei null. Uns ist auch bewusst, dass der Fußball keiner Logik folgt. Man kann nicht sagen, wir haben gegen die Nummer zwei der Welt gut gespielt, deswegen wird das jetzt einfach. Dem ist bei weitem nicht so, das ist uns allen bewusst. Wir wissen, dass wir für diese Spiele sehr viel investieren müssen.“

Und danach beginnt der Kampf um einen Stammplatz bei Trabzonspor wieder von vorne. „Es braucht Zeit, bis sich die Automatismen einschleifen, die Mannschaft meine Laufwege kennt und ich ihre. Diese Zeit muss man uns und auch mir geben.“

Gerade bei Stürmern kann es bekanntlich sehr schnell gehen. Ihr altbekanntes Los.

Peter Altmann