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"Ich denke, ich habe es allen gezeigt"

Den Kopf in den Sand gesteckt hat Marko Arnautovic bis zum Schlusspfiff nicht.

Immer und immer wieder nahm er Anlauf, damit auch er „sein“ Tor gegen Kasachstan bejubeln darf. Vergeblich.

„Mir wäre es lieber gewesen, wenn das Spiel noch 20 Minuten gedauert hätte, dann wäre mir das Tor wohl gelungen. Aber eine Partie dauert eben nur 90 oder 94 Minuten. Es hat nicht gereicht, ich hoffe, dass es nächstes Mal klappt“, nahm der Werder-Legionär seine glücklosen Schussversuche letztlich locker.

Alaba: „Marko hat seine Beine sprechen lassen“

Wesentlich glücklicher agierte Arnautovic als Vorbereiter. Er lieferte die Assists zu den Treffern von David Alaba und Martin Harnik – und steckte zwar nicht den Kopf, dafür gleich den ganzen Körper in den Sand, als er seinen gelungenen Pass auf Alaba in der Weitsprunganlage des Happel-Stadions feierte.

„Ich habe irgendetwas für den Jubel gesucht. Da habe ich mir gedacht, ich schmeiße mich mit ihm einmal kurz in den Sand“, grinste der 23-Jährige.

Während das triumphale Alaba-Comeback alles überstrahlte, war die gelungene Performance von Arnautovic eine der positiven Erkenntnisse dieses 4:0-Erfolgs – das Happy End nach einer alles andere als einfachen Nationalteam-Woche für den Wiener.

„Bei Marko haben jetzt einmal alle gesehen, dass er sehr guten Fußball spielt. Er ist in den letzten Tagen in der Kritik gestanden. Jetzt hat er am Platz gezeigt, was er kann und seine Beine sprechen lassen“, freute sich Alaba mit seinem Kumpel.

Ein Skandal, der keiner war

Kritik ist beinahe eine Untertreibung, zumindest den Boulevard betreffend. Vor allem die Tageszeitung „Österreich“ versuchte im Vorfeld des Auswärtsspiels in Astana, eine simple Polizeikontrolle in München zu einem Skandal hochzustilisieren.

Arnautovic setzte sich vor dem Abflug nach Astana mit deutlichen Worten zur Wehr, nannte die Berichterstattung „inakzeptabel“ und forderte, dass man die Spieler unterstützen sollte, anstatt sie „die ganze Zeit kaputt zu machen.“

Seine Vermutung: „Wahrscheinlich hat mich die Österreich-Zeitung deswegen attackiert, weil ich in der Kronen-Zeitung eine Geschichte mit meiner Frau und meinem Kind gemacht habe.“

Eine Durchschnittsleistung in Astana später folgte die tagelange Retourkutsche. Arnautovic wurde, vorsichtig formuliert, aus der Mannschaft geschrieben. Eine Berichterstattung, die letztlich der Realität nicht standhielt. Denn der Jungvater spielte auch im Rückspiel, und das gut.

„Ich wurde die ganze Woche über von allen Seiten bombardiert“

Eine gewisse Genugtuung konnte er nach Schlusspfiff nicht verhehlen: „Die ganze Woche über wurde ich von allen Seiten bombardiert. Aber so ist das Leben, man kennt das, dass man mich gerne kritisiert. Ich denke, ich habe es heute allen gezeigt, und so sollte das immer sein. Am besten ist: Wenig reden und am Platz viel zeigen.“

Auf besagtem Platz sind seine Leistungen zuletzt stabiler geworden, aber bei seinem Potenzial immer noch zu wechselhaft. Teamchef Marcel Koller wiederholte in seiner Analyse der Kasachstan-Partie seine Einschätzung, dass sein Schützling erst 60 bis 65 Prozent seines Könnens aus sich herausgeholt habe und es entscheidend sei, nicht nur in einem Spiel zu zeigen, was er drauf habe.

„Diese Konstanz ist aber auch eine Erfahrungssache. Manchmal habe ich das Gefühl, er wird behandelt wie ein 30-Jähriger, obwohl er erst 23 ist. Da braucht er noch ein bisschen Zeit, ich werde ihm diese geben“, verspricht der Schweizer und betont gleichzeitig:

Ähnlich sieht es Koller. Über rechts habe der beidfüßige Kicker öfter die Möglichkeit, in den Rücken der Verteidigung zu kommen, über links könne er vermehrt mit seinem stärkeren rechten Fuß abziehen.

Begrüßenswerte „Provokationen“ von Arnautovic

Ein interessanter Gedanke für die weitere Entwicklung dieses potenziellen Ausnahmekönners könnte auch sein, sich selbst mehr als Vorarbeiter, denn als Goalgetter zu betrachten. Denn während er bei Werder seit Mitte Februar einem Pflichtspieltreffer nachläuft, besitzt er durchaus die Fähigkeiten, seine Mitspieler gekonnt in Szene zu setzen.

So wie Alaba und Harnik am Dienstagabend. Wie sehr ihn eigentlich das Comeback des Bayern-Legionärs beflügelt habe? „David und ich verstehen uns ganz gut. Wir wissen, wie wir miteinander spielen müssen, kennen unsere Laufwege und suchen uns auch.“

Koller wiederum hält wenig von der Theorie, dass Alaba Arnautovic mit nach oben gezogen habe:

„Die Zwei verstehen sich auch außerhalb des Platzes gut, aber ich denke nicht, dass es so ausschlaggebend war, dass David mit dabei war. Für mich war entscheidend, dass Marko das gespielt hat, was wir von ihm verlangt haben, dass er Druck erzeugt und nach vorne provoziert hat, dass er durch seine Spielweise präsent war.“

Und „Provokationen“ wie diese sieht von Arnautovic jeder gerne.


Peter Altmann/Martin Wechtl/Bernhard Kastler/Andreas Terler

„Ich werde ihn aber auch immer wieder sticheln und dranbleiben. Wir wissen: Der Mensch ist genügsam. Wenn er das Gefühl hat, er ist sicher, dann lässt er ein bisschen nach, und wir können keine Nachlässigkeiten zulassen.“

Koller schätzt den „Difference Maker“

Für Koller ist es eine positive Entwicklung, dass der Konkurrenzkampf innerhalb des Kaders immer größer wird. Stammplatzgarantie kann es daher auch für Arnautovic keine geben. Dennoch hielt der 51-Jährige zuletzt auch nach schwächeren Auftritten meist an ihm fest, während öffentliche Forderungen nach einer „Beförderung“ auf die Ersatzbank laut wurden.

„Er ist natürlich ein Spieler, der Spiele entscheiden kann. Das kann man gut gebrauchen“, erklärt der Eidgenosse. Ein klassischer „Difference Maker“ eben, wie es Neudeutsch so schön heißt. Einer, der auch davon profitieren dürfte, dass er in dieser Saison bei Werder wieder konstant am Flügel aufgeboten wird und nicht mehr im Offensivzentrum – eine Rolle, die ihm offenbar mehr entgegen kommt.

Ob er dabei links, wie im Heimspiel gegen Kasachstan, oder rechts, wie in der Auswärtspartie beziehungsweise in Bremen, aufgeboten wird, ist ihm egal, beides hätte Vor- und Nachteile: „Auf der rechten Seite ist mir auch schon viel gelungen, auf der linken kann ich natürlich reingehen und abziehen. Da habe ich einige Varianten, die ich aber auch rechts habe. Daher kann man nicht sagen, dass meine Lieblingsposition links ist.“