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Malaga und der Scheich: „Am Anfang war es Chaos“

Malaga und der Scheich: „Am Anfang war es Chaos“

Der FC Malaga ist sicherlich einer der interessantesten Vereine der diesjährigen Champions League.

Der Neuling feierte in seiner Debüt-Saison auf dem Parkett der Königsklasse einen souveränen Gruppensieg und strebt auch in La Liga wieder nach einem Platz unter den Top-Vier.

Spielerisch verzaubern Spieler wie Isco Fußball-Europa und bringen sich so selbst bei Real, Bayern oder Barcelona ins Gespräch.

Von Scheich-Millionen zur Sperre

Doch daneben gibt es noch eine Schattenseite: Der andalusische Verein wurde durch Scheich Abdullah ben Nasser Al Thani im Sommer 2010 finanziell aufgepeppt, ehe sich der Katarer vor Beginn der aktuellen Spielzeit dazu entschloss, den Geldhahn zuzudrehen.

Zukunftsängste, ausbleibende Gehälter und eine Sperre der UEFA für die kommende Europacup-Saison wegen Verstoßes gegen das Financial Fair Play waren die unrühmliche Folge.

Das Erreichen des Champions-League-Viertelfinales hat also für die „Boquerones“ mehr als bei anderen Vereinen auch eine finanzielle Relevanz.

Vor dem Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Porto stand Jesus Gamez, Co-Kapitän der Blau-Weißen, LAOLA1 Rede und Antwort.

Der 27-jährige Außenverteidiger spielt seit dem Jahr 2000 für Malaga und spricht im Interview über die Entwicklung des einstigen Zweitligisten, das Schicksal der Starspieler, stete Unwissenheit und die Vorbereitung auf Cristiano Ronaldo.

 

LAOLA1: Die letzten vier Partien konnten allesamt nicht gewonnen werden. Befindet sich der FC Malaga ausgerechnet jetzt in einer kleinen Krise?

Jesus Gamez: Das waren Spiele, in denen wir nicht die Leistung gezeigt haben, die zu bringen wir im Stande sind. Wir müssen kritisch mit uns selbst sein. Jeder muss seine Leistungen auf dem Platz hinterfragen. Vor uns befinden sich wunderbare Gelegenheiten. In der Liga kämpfen wir weiterhin um einen Champions-League-Qualifikationsplatz und in der Champions League stehen wir im Achtelfinale. Eine einzigartige Möglichkeit hier in Malaga, die es zu nutzen gilt.

LAOLA1: Sind die zuletzt gezeigten Leistungen Folge der steten Doppelbelastung oder wird diese von euch Spielern positiv gesehen?

Gamez: Die Mannschaft ist dem gewachsen, das hat sie in der ersten Hälfte der Meisterschaft eindrucksvoll gezeigt. In La Liga stehen wir eigentlich ständig auf einem Europacup-Rang, in der Copa wurden wir vom FC Barcelona erst nach hartem Kampf ausgeschaltet und in der CL-Gruppenphase haben wir gezeigt, wozu wir im Stande sind. Jetzt bleiben uns noch Liga und Champions League, und das soll auch noch so weitergehen.

LAOLA1: Ist es schwierig, zwischen CL-Glamour und Liga-Alltag zu unterscheiden?

Gamez: Für uns ist jedes Liga-Spiel wichtig. Wir können da nicht locker lassen, weil uns in der Tabelle einige Teams im Nacken sitzen. Wenn wir uns aber an die Hinrunde erinnern, so haben wir bewiesen, den jeweils anderen Bewerb ausklammern und uns voll konzentrieren zu können.

LAOLA1: Wie hast du Porto allgemein gesehen? Seid ihr mit dem 0:1 im Hinspiel noch glimpflich davongekommen?

Gamez: Sie waren im Hinspiel klar besser und uns in allen Belangen überlegen. Das Resultat schmeichelt, aber wer die Partie genau analysiert, stellt fest, dass sie zwar viel Ballbesitz, aber kaum klare Chancen hatten. Das einzige Tor fiel zudem nach einer Abseitsstellung. Wir selbst kamen aber auch nicht in den gegnerischen Strafraum, weil sie das Geschehen diktiert haben. Es war eine körperliche und spielerische Überlegenheit, chancentechnisch aber nicht unbedingt.

LAOLA1: Du bist schon lange beim Verein. Vor fünf Jahren habt ihr noch in der Segunda Division gespielt, jetzt tretet ihr in der Champions League an. Erlebst du gerade die beste Phase deiner Karriere?

Gamez: Es ist ein spezieller Moment, den man wohl nie vergessen wird. Zu vergleichen etwa mit dem Wiederaufstieg in die Primera Division oder der erstmaligen CL-Qualifikation. Ich habe schon wunderbare Momente hier erlebt und hoffe natürlich, dass das aktuelle Highlight nur der Auftakt einer schönen Phase ist.

LAOLA1: Wenn man sich die Entwicklung von Malaga in den letzen Jahren ansieht, dann fällt natürlich die Zäsur im Sommer 2010 durch den Einstieg von Scheich Al Thani auf. Wie wurde das Engagement von euch Spielern gesehen? Gab es Freude über Investitionen oder Angst vor dem Verlust eines Teils der Identität und vor der Verpflichtung zahlreicher Legionäre?

LAOLA1: Im aktuellen Kader stehen einige Spieler, deren Abschied im Sommer angesichts der namhaften Interessenten wahrscheinlich scheint. Allen voran ist hier natürlich Isco zu nennen. Wie siehst du seine Situation?

Gamez: Er ist ein junger, ausgezeichneter Spieler, der die Spielpraxis braucht. Hier ist er zu Hause und fühlt sich nach einigen Jahren auswärts (Anm.: FC Valencia) dementsprechend wohl. Aufgrund seiner Art zu spielen, seiner Qualitäten und all dem, das er repräsentiert, gibt es viele Vereine, die an ihm interessiert sind. Jetzt muss man sehen, welche Intentionen der FC Malaga hat. Entweder man braucht das Geld und muss ihn verkaufen, oder man baut zum Wohle der Mannschaft weiter auf ihn.

LAOLA1: Wenn ihr erneut die CL-Qualifikation schaffen solltet, steigen also automatisch die Chancen, dass gute Spieler gehalten werden können.

Gamez: Genau. Für den Verein wären die Einnahmen unheimlich wichtig. Wenn die UEFA dann auch noch diese Sanktion zurücknimmt, wäre alles viel leichter.

LAOLA1: Wer ebenso immer öfter mit anderen Klubs in Verbindung gebracht wird, ist euer Trainer, Manuel Pellegrini. Wie viel Anteil hat er an euren Erfolgen und wie würdest du ihn charakterisieren?

Gamez im Gespräch mit Coach Pellegrini

Gamez: Er hat eine Spielphilosophie im Kopf, die jedem gefällt. Er hat in dieser schwierigen Saison viel gearbeitet und den neuen Spielern seine Vorstellungen klar gemacht. Wenn du aufs Feld gehst, funktioniert vieles wie von selbst. Mit unserer Mannschaft die K.o.-Phase der Champions League zu erreichen, ist zu einem großen Teil sein Verdienst.

LAOLA1: Zurück zu deiner Person. Als einer der besten spanischen Rechtsverteidiger ist dein Name schon vermehrt mit der Nationalmannschaft in Verbindung gebracht worden. Nimmst du diese Nachrichten wahr?

Gamez: Jeder gibt alles für seinen Verein und wenn die Dinge gut laufen, kommt man ins Gespräch. Ich für meinen Teil mache weiter wie bisher und hoffe natürlich, dass ich irgendwann die Chance bekommen werde und diese dann nützen kann.

LAOLA1: Als Rechtsverteidiger triffst du automatisch auf einige der besten linken Offensivspieler der Welt. In La Liga sind das etwa Cristiano Ronaldo oder Andres Iniesta, in der Champions League zuletzt James Rodriguez. Wie bereitest du dich auf diese Gegner vor?

Gamez: Es sind ja nicht nur diese drei, auch die anderen Teams haben sehr gute Spieler. Wir bereiten uns allgemein unter der Woche auf den kommenden Gegner vor und sehen uns Videos an. Manch einer kennt seinen Gegenspieler ein bisschen besser. Aber im Endeffekt kannst du eh nur versuchen, ihn mit deinen Waffen zu stoppen und über 90 Minuten konzentriert zu bleiben. Die genannten Spieler sind eben Typen, die man keine Sekunde aus den Augen lassen darf.

LAOLA1: Also unterscheidet sich die Vorbereitung auf Cristiano nicht unbedingt von anderen?

Gamez: Ich glaube, dass der Einstieg für manche gut, für andere eben weniger gut war. Einige haben den Klub verlassen, zahlreiche Spieler sind neu dazugekommen. Am Anfang war es ein Chaos. Im Moment, als sich der Verein verändert hat, gab es viele Veränderungen im Inneren. Für eine Mannschaft, die im Jahr davor mit Mühe den Abstieg verhindert hat, war das schon ein harter Schlag. Aber Schritt für Schritt haben wir uns innerhalb des Teams und im Klub im Allgemeinen organisiert und stabilisiert. Jetzt ist alles in Ordnung.

LAOLA1: Es ist alles in Ordnung? Aber der FC Malaga ist nicht mehr der Einkaufsverein. Namhafte Spieler mussten verkauft werden, um Geld zu verdienen.

Gamez: Das sind Entscheidungen der Vereinsführung. Zu Beginn wurde investiert, jetzt plötzlich nicht mehr. Wir kennen die Gründe dafür nicht wirklich, sind aber Profis genug, das auszuklammern. Wir kämpfen mit dem Spielermaterial, das uns zur Verfügung steht, so gut wir können. Was die Zukunft bringt, wissen wir nicht. Aber je besser wir in den laufenden Bewerben abschneiden, desto leichter wird es für den Verein.

LAOLA1: Kam es dir persönlich auch in den Sinn, den Verein zu verlassen?

Gamez: Im Moment der Vereinsübernahme durch Al Thani entschloss man sich dazu, den Kontrakt mit mir um vier Jahre zu verlängern. Ich muss natürlich abwarten, was diesen Sommer passiert, aber aktuell habe ich Vertrag.

LAOLA1: Von den Spielern, die den Verein verlassen haben, wie Santi Cazorla, Salomon Rondon, Joris Mathijsen oder zuletzt Nacho Monreal, wer geht am meisten ab?

Gamez: Alle hatten etwas Spezielles, aber Santi Cazorla ist ein großartiger Spieler. Er brachte der Mannschaft unheimlich viel und hat die Fähigkeit, den entscheidenden Pass zu spielen. Rondon hat viele Tore erzielt und Nacho war auf dem Flügel ein Ass. Alle waren sehr wichtige Spieler, aber die Mannschaft hat bewiesen, dass die Ausfälle ausgeglichen, oder sogar übertroffen werden können.

LAOLA1: Was bei den Investitionen des FC Malaga oft vergessen wird, ist das Geld, das auch in die Jugendabteilungen gesteckt wurde und wird. Damit versucht man, Ausfälle auch durch Eigengewächse ersetzen zu können.

Gamez: Aus der Akademie von Malaga sind immer schon großartige Fußballer hervorgegangen. Wenn auch noch zusätzlich investiert wird, umso besser. Es ist unheimlich wichtig, auf den eigenen Nachwuchs zu setzen. Du brauchst weniger Transfers zu tätigen, wenn du die Spieler im Verein schon hast. Deshalb muss man das auch in Zukunft weiter forcieren.

LAOLA1: Siehst du, als Vize-Kapitän und Eigenbauspieler, dich persönlich als eine Art Vorbild für den Nachwuchs?

Gamez: Das musst du wohl die Spieler selbst fragen. In meiner Laufbahn können sich natürlich viele widerspiegeln und erkennen, dass man durch jahrelange harte Arbeit weit kommt.

Gamez: Vor allem in der Sommerpause, in der die Situation sehr unklar erschien, hat er großartige Arbeit geleistet und die Mannschaft stets beruhigt. Er hat uns gezeigt, dass die äußeren Umstände auf dem Platz keine Rolle spielen. Wenn wir gut spielen und uns in der Tabelle oben festsetzen, werden auch alle Bedingungen unseres Vertrags, die Zahlungen, erfüllt. Und so war es auch. Er hat eine Gruppe zusammengehalten, die ob der unklaren Lage vor dem Zerfall stand.

LAOLA1: Also hat er auch die Rolle eines Mediators, einer Bezugsperson, der sich aber ebenso ein wenig um seine eigene Zukunft Gedanken machen musste, eingenommen?

Gamez: Er spielte eine entscheidende Rolle im Kampf um unsere Gehälter und hat uns Stabilität vermittelt. In Spielen, bei denen du dir unsicher bist, bezahlt zu werden, ist das fundamental.

LAOLA1: Wo liegen seine Qualitäten vom sportlichen Standpunkt aus betrachtet?

Gamez: Nein, er bleibt ein Spieler, der mehr Qualitäten als viele andere hat, aber du musst genauso versuchen, ihn zu stoppen. Gegen andere kannst du dir hin und wieder ein bisschen Pause gönnen, gegen ihn keine Sekunde. Sonst kann er dem Team sehr weh tun.

LAOLA1: Zum Abschluss noch eine kurze Prognose: Wo steht Malaga am Ende der Saison und wo im nächsten Jahr?

Gamez: Den CL-Quali-Platz wollen wir alle und den Aufstieg ins Viertelfinale auch. Es wird ein schweres Spiel gegen Porto, aber wir haben den Vorteil der eigenen Fans im Rücken. Für den Sommer wünsche ich mir eigentlich nur mehr Ruhe als im letzten und dass nichts Seltsames passiert. Ich hoffe, dass wir in Ruhe arbeiten können und nicht allzu viele Spieler den Verein verlassen müssen.

 

Das Interview führte Christian Eberle