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Der Ernst des Lebens

Der Ernst des Lebens

Nach der Schule beginnt der Ernst des Lebens, so sagt man.

In der Praxis mag das zwar nicht immer so sein, auf Philipp Mwene trifft dieses Klischee aber jedenfalls zu.

Das Abitur hat der Wiener schon seit einigen Wochen in der Tasche, am Mittwoch ist sein erster Vertrag als Profi-Fußballer hinzugekommen.

Der VfB Stuttgart hat den 19-Jährigen bis Sommer 2016 an sich gebunden.

Fußballerische Reifeprüfung abgelegt

Das liegt aber freilich nicht am Schulabschluss des Teenagers, sondern vielmehr an der fußballerischen Reifeprüfung, die er im Frühjahr abgelegt hat.

Während der Außenverteidiger für das Erlangen der Hochschulreife gelernt hat, durfte er die ersten Schritte im Erwachsenen-Fußball machen. Drei Spiele absolvierte er am Ende der Saison bei den Stuttgarter Amateuren in der dritten Liga.

„Das war schon eine stressige Phase. Aber ich habe die Doppelbelastung gut verkraftet. Jetzt bin ich jedoch froh, mich voll auf den Fußball konzentrieren zu können“, grinst er.

"Die Gegner sind abgezockter"

Seine erste Erfahrungen im Männerfußball beschreibt er so: „Es ist gut gelaufen, die Trainer waren zufrieden mit mir. Vor fast 10.000 Zuschauern in Osnabrück und Aachen aufzulaufen, war schon etwas anderes. Und auch der körperliche Anspruch ist ganz anders als im Nachwuchs.“

Doch er kam gut zurecht, wenngleich ihm auffiel: „Die Gegner haben mehr Erfahrung, sind abgezockter. Die wissen ganz genau, dass du als junger Spieler nervös bist und gehen nochmal extra drauf. Ich muss dieses Manko durch Technik und Spielwitz wettmachen. Und mit der Zeit wird die Erfahrung schon kommen.“

Druck als Motivation

VfB-Sportdirektor Jochen Schneider sagt über den Youngster, der im Sommer 2010 von der Austria Akademie zu den Schwaben wechselte: „Er hat sich hier kontinuierlich gut entwickelt. Wir werden ihn nun weiter behutsam aufbauen und auf die Anforderungen der Bundesliga vorbereiten.“

„Sie halten viel von mir und haben viel mit mir vor. Diese Erwartungen umzusetzen, ist schon ein gewisser Druck. Aber mein Ziel ist die erste Mannschaft, und ohne Druck würde man alles zu locker nehmen. Das gehört schon dazu, mich motiviert das“, so der Sohn einer Steirerin und eines Kenianers.

Der Rückschlag und die Lehren daraus

Zusätzliche Motivation war auch der Umstand, dass er nach seiner langen Verletzungspause im Herbst wieder sofort in die Spur fand.

Philipp Mwene will sich in Stuttgart durchsetzen

„Ich habe wegen einer Schambeinentzündung fünfeinhalb Monate verpasst. Das ist ganz plötzlich gekommen, niemand hat das vorhergesehen“, berichtet der Abwehrspieler.

„Niemand konnte mir genau sagen, wie lange es noch dauern wird. Psychisch war das eine schwere Zeit. Zwischendurch war ich schon verzweifelt, weil sich rund drei Monate lang gar nichts gebessert hat. Dann habe ich es mit einer anderen Behandlung versucht und es ist aufwärts gegangen. Und von einem auf den anderen Tag war es auf einmal weg.“

„Das war meine erste größere Verletzung. Ich habe gelernt, dass ich auf meinen Körper hören muss“, sagt Mwene.

Laufbereit und variabel

Sein Spiel beschreibt der U19-Internationale wie folgt: „Meine Stärken liegen in der Laufbereitschaft, im Zweikampf, im Stellungsspiel und im taktischen Bereich. Außerdem schalte ich mich gerne mit in die Offensive ein. Im Spiel nach vorne kann ich mich aber auf alle Fälle noch verbessern.“

Dass er sowohl auf der rechten, als auch auf der linken Außenbahn zuhause ist, sieht der Legionär als Vorteil: „Ich weiß, dass ich beide Positionen spielen kann. Es ist positiv, dass ich da variabel bin. An und für sich bin ich aber ein Rechtsfuß.“

Nun will er es Raphael Holzhauser nachmachen, der aus der Stuttgarter Akademie den Sprung zu den Profis geschafft hat: „Jeder will seinen Weg machen. Solche Beispiele geben einem als Österreicher Selbstvertrauen.“

Philipp Mwene ist bereit für den Ernst des Lebens.


Harald Prantl