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Feyenoord - der Klub hinter dem orangen Erfolgslauf

Feyenoord - der Klub hinter dem orangen Erfolgslauf

Mit Ausnahme der Bayern stellt kein Team mehr Spieler im WM-Halbfinale.

Feyenoord Rotterdam ist der Klub hinter dem Erfolg der niederländischen Nationalmannschaft. Im Kader der „Elftal“ stehen gleich fünf Profis des „Stadionclubs“ – so viele wie seit 1974 nicht mehr.

Mit Daryl Janmaat, Burno Martins Indi und Stefan de Vrij sind drei davon sogar echte Leistungsträger im Team von Louis van Gaal.

Dabei waren die Rotterdamer in den letzten Jahren nicht gerade vom Erfolg verwöhnt. Seit sechs Saisonen wartet man auf einen Titel. Stattdessen erlebte der Verein die wohl schlimmsten Jahre seiner Geschichte, darunter am 24. Oktober 2010 die höchste Niederlage aller Zeiten: Ein 0:10 gegen PSV Eindhoven.

Seitdem hat sich beim Traditionsklub allerdings viel geändert. Es geht wieder bergauf.

Die schlimmsten Jahre der Vereinsgeschichte

Eng verbunden ist dieser Aufstieg mit dem Namen Ronald Koeman. Der ehemalige Weltklasse-Profi wurde im Sommer 2011 als neuer Trainer vorgestellt. Für beide Parteien war dieses Engagement die Chance für einen Neuanfang.

Der Verein schnitt in der Vorsaison mit Platz zehn so schlecht ab wie noch nie. Nach finanziellen Problemen mit einem Rekordschuldenstand von 50 Millionen Euro im Jahr 2009 versank Feyenoord im Chaos. Am Ende einer katastrophalen Spielzeit musste Trainer Mario Been seinen Hut nehmen. Aber nicht etwa, weil die Vereinsbosse ihn hinauswarfen, sondern weil sich die Mehrheit der Spieler gegen ihn aussprach.

Zum Nachfolger des Ex-Innsbruckers wurde Koeman erkoren. Eine umstrittene Entscheidung, denn der ehemalige Ajax- und PSV-Trainer hatte selbst etwas zu beweisen. Seine beiden letzten Stationen bei Alkmaar und Valencia verliefen miserabel. Beide Male wurde er wegen sportlicher Erfolgslosigkeit vorzeitig entlassen.

Koeman verabschiedet sich nach drei Jahren heuer von Feyenoord

Koeman führt den Klub zurück an die Spitze

Die Vorzeichen für die Zusammenarbeit zwischen Feyenoord und Koeman standen also schlecht. Dennoch gelang es dem Coach den Traditionsklub zurück an die Spitze zu führen.

Ohne namhafte Neuzugänge, dafür mit umso mehr Spielern aus dem eigenen Nachwuchs schloss Feyenoord die letzten drei Saisonen jeweils in den Top drei ab. Koeman holte zwar keinen Titel, gab dem Traditionsklub, der 1970 mit Ernst Happel den Europapokal der Landesmeister gewann, aber sein Selbstvertrauen zurück.

Belohnt wurde der 51-Jährige für seine Arbeit mit einem Engagement in der Premier League. Der FC Southampton sicherte sich in diesem Sommer die Dienste des einzigen Mannes, der sowohl als Spieler als auch als Trainer bei PSV, Ajax und Feyenoord aktiv war. Die Fans im De Kuip dankten Koeman für seine drei Jahre mit Standing Ovations – eine Seltenheit bei den ansonsten stets kritischen Feyenoord-Anhängern.

Feyenoord als Stütze für van Gaals Nationalteam

Die Wiederauferstehung wirkte sich auch im Nationalteam aus. Bondscoach van Gaal honorierte den von Feyenoord  eingeschlagenen „jungen Weg“ und gab einigen Rotterdamer Profis die Chance sich zu beweisen.  Neben den Stammkräften Martins (22 Jahre), de Vrij (22) und Janmaat (24) stehen mit Jordy Clasie (23), dem „holländischen Xavi“, sowie Jung-Verteidiger Terrence Kongolo (20) zwei weitere Profis des Klubs im WM-Kader.

„Die Weltmeisterschaft ist eine ungemeine Motivation für unsere Nachwuchsspieler. Natürlich haben sie schon lange gemerkt, dass wir den Weg mit den jungen Spielern eingeschlagen haben. Aber wenn sie jetzt Leute wie Martins oder Clasie bei der WM sehen, können sie sich selbst auf diesem Level vorstellen“, erklärt Damien Hertog, der Direktor von Feyenoords Akademie, gegenüber dem „Daily Telegraph“.

Er gibt ohne Umschweife zu, dass sein Arbeitgeber den Weg mit den jungen Spielern nicht freiwillig eingeschlagen hat: „Es war eine Notwendigkeit aufgrund unserer finanziellen Probleme. Aber wir waren damit so erfolgreich, dass wir es nun zu unserer Philosophie gemacht haben, immer wieder neue Generationen herauszubringen.“

Van Gaals Erfolgssystem von Feyenoord abgekupfert

Die „Varkenoord“ gilt momentan als erfolgreichste Nachwuchsschule in den Niederlanden, dem Mekka des Jugend-Fußballs. Neben den fünf bereits genannten Spielern kommen mit Kapitän Robin van Persie, Jonathan de Guzman, Leroy Fer und Georginio Wijnaldum vier weitere WM-Halbfinalisten aus Feyenoords Akademie.

Es ist kein Zufall, dass van Gaal vor allem in der Abwehr auf Spieler von Feyenoord setzt. Sein viel umjubeltes 5-3-2/3-5-2-System hat der zukünftige ManUnited-Coach von den Rotterdamern kopiert. Koeman führte die Formation zum Ende der Saison ein und erreichte damit in den letzten acht Spielen sieben Siege und ein Remis.

Außenspieler Janmaat sowie die beiden Innenverteidiger Martins und de Vrij wussten also bereits vor van Gaals System-Umstellung, was auf sie zukommt. Ein ungemeiner Vorteil für die gesamte Mannschaft: Umso mehr Spieler ein System verinnerlicht haben, umso leichter tut sich der Rest des Teams mit der neuen Formation.

Abgänge kaum vermeidbar

Der großartige Auftritt der Feyenoord-Profis bei der WM steigert selbstverständlich deren Marktwert. Mit jedem weiteren Erfolg in Brasilien wird es schwieriger für den Klub seine Spieler zu halten.

Martins wird mit Porto in Verbindung gebracht, Janmaat soll bei Napoli hoch im Kurs stehen und de Vrij verhandelt angeblich schon mit Schalke. Die Liste der Interessenten würde mit einem Finaleinzug der Niederländer natürlich noch länger werden.

Mögliche Abgänge braucht Feyenoord aber nicht allzu sehr zu fürchten. Schließlich warten in der „Varkenoord“ schon die nächsten Talente auf ihren Durchbruch. Zudem will der Verein mit den lukrierten Ablösesummen in die Zukunft investieren: Das Geld fließt direkt in den Bau eines 75.000 Sitzplätze fassenden neuen Stadions, das 2018 fertig gestellt wird.


Jakob Faber