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"Der wahrscheinlich beste Torhüter der Liga"

Kennen Sie Keylor Navas?

Nein? Keine unverzeihliche Wissenslücke. Sich intensiv mit dem Goalie von Costa Rica zu beschäftigen, gehört üblicherweise nicht zwingend zum Standard-Repertoire einer WM-Vorbereitung.

Im Fall des 27-Jährigen sollte man jedoch tendenziell eine Ausnahme machen. Und das nicht nur, weil er in einer Gruppe mit den Weltmeistern Italien, England und Uruguay zu einem Hauptdarsteller seines Teams werden dürfte.

In den letzten Tagen und Wochen entstand ein kleiner Hype um Navas, und das kommt nicht von ungefähr.

Herausragende Statistik

Einer, der dies genau wissen muss, ist Andreas Ivanschitz. Der ÖFB-Teamspieler durfte seinen Levante-Kollegen in der abgelaufenen Spielzeit aus allernächster Nähe kennenlernen und gerät im Gespräch mit LAOLA1 ins Schwärmen.

„Er hat in dieser Saison überragt und uns mit seinen Paraden viel Rückhalt gegeben. Wahrscheinlich ist er der beste Torhüter der gesamten Liga“, lobt der Burgenländer.

Auf den ersten Blick könnte man ein subjektives Urteil zu Gunsten eines Mitspielers vermuten, schließlich hechtete sich zum Beispiel auch Atleticos Thibaut Courtois ins Rampenlicht. Dass Navas jedoch von der Liga höchstoffiziell als bester Schlussmann der vergangenen Saison ausgezeichnet wurde, untermauert Ivanschitz‘ Einschätzung.

Die Statistik spricht jedenfalls für den Mann aus Zentralamerika. In 37 Saison-Spielen musste er nur 39 Mal hinter sich greifen – inklusive der sieben Stück, die ihm der FC Barcelona gleich am ersten Spieltag einschenkte. Ohne dieses 0:7-Debakel wäre diese Bilanz noch beeindruckender.

Noch dazu, da er sie nicht mit einem Topklub, sondern mit einem Mittelständler einfuhr. Sage und schreibe 15 Mal hielt er seinen Kasten sauber. Kein Tormann aus einer der fünf großen Ligen machte mehr Saves als die 160 von Navas, der auf die starke Fangquote von 80,4 Prozent kam.

„In fast jedem Spiel zwei, drei unhaltbare Bälle“

„Ein Vollprofi, der in sich ruht, deswegen von hinten aus eine extreme Ruhe ausstrahlt. Er ist sowohl auf der Linie als auch bei hohen Bällen stark. Außerdem ist er ein toller Fußballer, hat eine unglaubliche Technik, schlägt sowohl mit rechts als auch mit links gezielte Abschläge. Im Moment gibt es kaum etwas, wo man sagen könnte, das wäre sein Manko. Er hat alle Facetten drauf“, beschreibt Ivanschitz die Stärken von Navas.

Die wichtigste Qualität aus Teamsicht: „Er hat uns in fast jedem Spiel zwei, drei unhaltbare Bälle rausgezogen.“

Der ÖFB-Kicker legt zudem Wert darauf, auch die menschlichen Vorzüge seines Kollegen hervor zu streichen: „Ein super Typ. Er war von Tag eins an extrem nett. Er scherzt immer wieder und versucht, gute Stimmung reinzubringen.“

Wie gut die Laune von Navas in seinen ersten beiden Jahren beim Verein aus Valencia war, ist fraglich. Nachdem er 2011 von Zweitligist Albacete zu Levante übersiedelte, musste er sich erst einmal in Geduld üben, fungierte zwei Saisonen lang als Ersatz-Goalie.

Erst der Transfer von Routinier Gustavo Munua zu Fiorentina eröffnete ihm im vergangenen Sommer die Chance auf die Rolle der Nummer eins, die er eindrucksvoll nutzte.

Kandidat für einen Topklub

Womit das Europa-Abenteuer des Torhüters, der in seiner Heimat mit Deportivo Saprissa zu Meisterehren kam, endlich in Fahrt kam.

Mit welchem Tempo es weitergeht, ist offen. Vor allem wo. Der Vertrag bei Levante läuft noch bis Sommer 2015. Es liegt auf der Hand, dass er mit seiner Performance in dieser Saison zur heißen Transferaktie wurde.

Was gelingt Costa Rica in der gruppe mit Italien, England und Uruguay?

Ivanschitz: „Er ist zweifelsohne ein Kandidat für einen Topklub. Er hat auf jeden Fall die Qualität. Ich denke, dass der eine oder andere Verein im Sommer interessiert sein wird, was natürlich schade wäre, denn ich würde mir wünschen, dass er bei uns bleibt.“

Glaubt man der Gerüchteküche, haben in den vergangenen Wochen bereits einige Topklubs angeklopft. Unter anderem wurde der 27-Jährige mit dem FC Barcelona in Verbindung gebracht. Aktuell soll vor allem Atletico Madrid interessiert sein, sollte dem Meister Courtois abhanden kommen.

Atletico-Interesse „ein Kompliment“

Sieht man sich den Wordrap (siehe Videoplayer) mit Navas an, wäre eine Zusammenarbeit mit Diego Simeone für ihn wohl reizvoll. Denn neben einer Handvoll an Barca-Kickern, die er als seine Lieblingsspieler nennt, erachtet er den Meistermacher als besten Coach: „Er weiß genau, wie man eine Mannschaft führt.“

Allgemein gibt sich der Costa Ricaner bezüglich der Gerüchte um seine Person zurückhaltend, vor allem weil er sich bei seinem aktuellen Arbeitgeber wohl fühlen würde. Wobei das kolportierte Atletico-Interesse eine Ehre sei:

„Es wäre ein Privileg, für solch einen Klub zu spielen. Sie haben eine großartige Saison gespielt, und es ist ein Kompliment zu hören, dass der Meister Notiz von dir genommen hat. Aber derzeit denke ich nur an Uruguay.“

Gegen die Südamerikaner greift der Goalie am Samstag ins WM-Geschehen ein. Die größte Fußball-Bühne der Welt ist für Navas die Gelegenheit, seinen Bekanntheitsgrad weiter zu steigern – ebenso seinen Marktwert. Denn derzeit werden die 10 Millionen Euro, die Levante angeblich für ihn fordert, noch als stolzer Preis betrachtet.

„Buffon ist die Benchmark“

Vorfreude herrscht bei Navas vor allem auf das Duell mit Italien, insbesondere auf das Aufeinandertreffen mit der lebenden Torhüter-Legende Gianluigi Buffon:

„Buffon ist die Benchmark, er war immer einer der Besten. Ich versuche von jedem Tormann zu lernen, aber wenn ich mir von Buffons Fähigkeiten eine aussuchen könnte, wäre es, wie er den Strafraum kontrolliert.“

Laut Ivanschitz habe sich Navas bereits wahnsinnig auf das Turnier gefreut: „Ich wünsche ihm, dass er ein großes Turnier spielt. Wenn er dann wirklich den Sprung zu einem europäischen Topteam schaffen sollte, muss man ihm gratulieren. Es würde mich sehr für ihn freuen.“

Navas selbst hat jedenfalls Großes vor: „Es wäre wunderbar, der beste Torhüter dieser WM zu sein. Aber derzeit konzentriere ich mich nur darauf, Uruguay zu schlagen.“

Peter Altmann