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Elkin Soto und Kolumbiens "Goldene Generation"

Elkin Soto und Kolumbiens

Wer sich in der Vergangenheit Gedanken über die kolumbianische Fußball-Nationalmannschaft gemacht hat, dem kamen vor allem drei Spieler in den Sinn.

Da gab es Carlos Valderrama, den begnadeten Techniker mit der etwas sonderbaren Frisur.

Rene Higuita, den exzentrischen Tormann mit dem passenden Spitznamen „El Loco“ (Dt.: „der Verrückte“), dessen Flugeinlage in einem Freundschaftsspiel gegen England als „Scorpion Kick“ weltweite Berühmtheit erlangte.

Und Andres Escobar, jenen Abwehrspieler, der wenige Tage nach einem Eigentor während der Weltmeisterschaft 1994 durch sechs Schüsse seinen Tod fand.

An die Erfolge des Teams, das aufgrund einer starken Qualifikation sogar als Geheimfavorit auf den WM-Titel in den USA galt, erinnert man sich indes weniger. Warum? Weil es schlicht keine gab.

Den „großen Drei“ auf den Fersen

Die Gegenwart verspricht allerdings eine Veränderung. Im Schatten von Brasilien, Argentinien und Uruguay ist eine Auswahl entstanden, die den „großen Drei“ Südamerikas an Qualität kaum noch nachsteht.

In der laufenden Qualifikation zur WM in Brasilien liegt Kolumbien bei einem Spiel weniger nur vier Punkte hinter Argentinien auf Platz drei.

„Zurzeit erleben wir eine schöne Phase im Nationalteam. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, uns für die WM zu qualifizieren.“, beschreibt Elkin Soto die Situation trocken.

Soto beim Jubel mit Ivanschitz

Der Mainz-Legionär ist Teil der Elf um Superstar Radamel Falcao und erläutert im Gespräch mit LAOLA1 vor dem Testspiel-Kracher gegen Brasilien in New Jersey (Donnerstag, 1:30 Uhr MEZ) die aktuelle Entwicklung der „Cafeteros“.

„Goldene Generation“ mit 26 Jahren

„Man sieht jetzt in der ‚Seleccion‘ die Auswirkungen davon, dass viele der Jungen schon jahrelang zusammenspielen. Die Generation um die 26 kennt sich seit etwa acht Jahren aus diversen Jugend-Auswahlen“, unterstreicht der Teamkollege von Andreas Ivanschitz und Julian Baumgartlinger die Wurzeln des Erfolges.

Und tatsächlich. Bei einem Blick auf den aktuellen Kader fällt auf, dass mit Falcao, dem stark umworbenen Porto-Stürmer Jackson Martinez, Napoli-Mittelfeldmann Camilo Zuniga oder den Italien-Legionären Cristian Zapata (Milan) und Pablo Armero (Udinese) ein guter Teil der Leistungsträger 26 Jahre alt ist.

Alles Fußballer im besten Alter und mit wöchentlichen Einsätzen in den besten Ligen der Welt. „Man muss die Leistungen wertschätzen, die die Spieler in ihren jeweiligen Vereinen abrufen. Ich glaube, diese Erfolge in Europa sind sehr wichtig für das Nationalteam“, sieht Soto die vielen Legionäre als Bestätigung und zugleich Grundstein des Erfolgs.

„Fundamentale Mischung“ und Falcao

Er selbst gehört mit 32 Jahren zu den reiferen Spielern im Team, von deren Erkenntnissen die jüngeren profitieren können. Der 41-jährige Keeper Faryd Mondragon, Ex-Atletico-Verteidiger Luis Amaranto Perea oder Milans 36-jähriger Routinier Mario Yepes seien Referenzen innerhalb der Auswahl und würden für eine „fundamentale Mischung zwischen Erfahrung und Jugend“ sorgen.

Bei all der Ausgewogenheit sticht mit Falcao ein Spieler dennoch heraus. „In Kolumbien sprechen alle nur von ihm, die Fans und die Medien. Aber er trägt nicht die ganze Verantwortung allein“, versucht der defensive Mittelfeldmann ein wenig Druck von den Schultern des Europa-League-Rekordschützen zu nehmen.

Seine Begeisterung für „El Tigre“ kann aber auch der Nationalteamkollege nicht verbergen: „Jeder Kolumbianer, so wie ich auch, ist stolz auf die Dinge, die er erreicht. Er verdient es, auch weil er hart dafür arbeitet. Die Kolumbianer sind stolz, dass er ihr Land in der Welt repräsentiert.“

Und weiter: „Falcao als Spieler ist außergewöhnlich. Seine Ausbildung war sehr wichtig und macht ihn zu dem, was er jetzt ist. Er ist sehr professionell, passt sehr auf sich auf und will immer der Beste sein, ist aber auch bereit, sich stets zu verbessern. Er ist eine Person, die sehr klare Ziele vor Augen hat und diese erreichen will.“

Gegen das Quali-Trauma

Das größte Ziel für den kopfballstarken Angreifer heißt auf Team-Ebene WM-Qualifikation. Die Teilnahme in Brasilien wäre Balsam auf die geschundenen Seelen der Fans im fußballverrückten Land, das 2002, 2006 und 2010 jedesmal hauchdünn gescheitert ist. Der Rückstand auf den letzten Quali-Platz betrug nie mehr als einen Punkt.

Sollte Kolumbien mit dem aktuellen Kader erneut leer ausgehen, käme dies wohl einer Katastrophe gleich. „Der Druck ist immer da, für uns aber vielleicht noch ein bisschen größer, da wir schon so lange ohne WM-Teilnahme sind“, weiß auch Soto.

Wie weit die Elf des argentinischen Trainers Jose Nestor Pekerman tatsächlich ist, kann am Donnerstag schon einmal erahnt werden.

Da Brasilien bis zum Großevent 2014 keine Quali-Spiele auszutragen hat, erhält ein jeder Test Pflichtspiel-Charakter. „Wir nehmen alle Spiele ernst, egal ob man sie nun als ‚Freundschaftsspiele‘ bezeichnet“, nimmt der kolumbianische Wahl-Mainzer die Partie ebenso nicht auf die leichte Schulter.

Behält das Team diesen Erfolgswillen bei, gesellen sich zu Valderrama und Higuita bald wohl eine ganze Reihe weiterer kolumbianischer Fußball-Legenden.

Christian Eberle