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"Für belgische Experten ist er drei Mal abgestiegen"

Massimo Bruno kennt mittlerweile beide Seiten.

Mit dem Brüsseler Vorstadtklub RSC Anderlecht konnte sich der Belgier schon zwei Mal den großen Traum von der Champions League erfüllen.

„Mein erstes Spiel in Mailand (0:0) und natürlich als ich mein erstes Tor gegen Benfica (2:3) geschossen habe“, erinnert sich der 21-Jährige im Gespräch mit LAOLA1 an seine Highlights.

Der Rechtsaußen war nicht unwesentlich daran beteiligt, dass der belgische Spitzenklub 2012 das Playoff überstand, bereitete er doch als 18-jähriger Joker das 1:0 gegen Limassol vor. Nach dem 1:2 im Hinspiel wurde das Rückspiel damals durch späte Tore mit 2:0 entschieden.

Wenige Ballkontakte, viel Wirkung

Mit dem dritten Ballkontakt gelang ihm der Assist. Fußball-Österreich wurde am Sonntag Zeuge, dass er auch mit zwei Ballberührungen weniger erfolgreich sein kann. Und das sogar als Torschütze.

Bruno, dessen Vater aus Neapel stammt und Mutter in Belgien geboren ist, kennt nun aber eben auch die andere Seite.

Im Playoff-Rückspiel gegen Malmö waren die Salzburger mit ihm ohne Chance. „Wir sollten unser eigenes Spiel durchziehen“, meinte der U21-Nationalspieler vor der Partie. Doch so weit kam es nicht im Ansatz, es folgte die große Trauer-Phase.

„Es war unser großes Ziel“, war auch Bruno traurig. Die Leiden haben nun ein Ende.

Auch dank des Belgiers. Denn mit seinem Treffer zum 1:0 gegen Rapid in Minute 84 löste der Offensivspieler die große „Bullen“-Erleichterung aus. Der 2:1-Sieg nach drei Liga-Niederlagen als Folge des Dramas von Malmö war der so wichtige mentale Befreiungsschlag für den Meister.

13 Sekunden war Bruno auf dem Feld, mit dem ersten Ballkontakt versenkte der Edeljoker das Leder ins lange Eck. „Nein, so schnell habe ich noch nie getroffen“, grinste der Torschütze, der in der Spielzeit bislang in weniger als jedem dritten Spiel traf (fünf Tore bei 14 Einsätzen), danach.

„Das sieht man auch nicht alle Tage und ist wirklich super für ihn und für die ganze Mannschaft“, freute sich etwa Marcel Sabitzer für seinen Positions-Konkurrenten, für den er das Feld verließ.

Zuletzt als Joker erfolgreich

Aber es war auch eben längst nicht mehr Brunos erster Treffer in Österreich. Der gelang ihm schon beim 2:0-Sieg in Ried. Es folgte ein absolutes Traumtor in der Südstadt, ein weiteres Tor gegen Altach sowie beim 12:1-Rekord-Triumph gegen den Wiener Sportklub traf er ebenso gekonnt.

Gegen die Wiener Klubs wurde Bruno jeweils eingewechselt. „Massimo ist ein super Typ und Spieler. Er hat schon einige Tore gemacht und wir freuen uns, wenn er trifft. Immer, wenn er reinkommt, zeigt er Leistung“, bekennt sich Rechtsverteidiger-Neuling Valentino Lazaro als Bruno-Fan.

„Es ist ein Vergnügen, der Mannschaft zu helfen“, gibt der Neuzugang zurück.

Aber freilich ist die Ist-Situation für ihn nicht zufriedenstellend. Schließlich ist er aktuell nur zweite Wahl.

"Ich glaube, er hat sich das anders vorgestellt", sagt Jan-Pieter Martens bei LAOLA1. Der 40-jährige ist Belgier, Teamkoordinator bei Schalke 04 und blickt auf eine erfolgreiche fünfjährige Zeit bei Sturm Graz in Österreich zurück.

„Es fehlt ihm nicht viel“

Im Gegensatz zu Martens muss Bruno auf seinen Stammplatz weiter warten.

Die Außenpositionen sind auch nach dem Abgang von Sadio Mane in fester Hand. Kevin Kampl ist nicht nur Star der Mannschaft sondern auch absolute Stammkraft. Auch an Sabitzer führt dieser Tage kein Weg vorbei. Das machte Trainer Adi Hütter am Sonntag deutlich.

„Es fehlt Massimo nicht viel. Fakt ist aber, dass wir auf dieser Position sehr gute Spieler haben. Kevin Kampl hat das sehr oft schon bewiesen. Marcel Sabitzer hat sich in diese Stammelf gespielt. Wie er gegen Rapid wieder aufgetreten ist und das mit seinen 20 Jahren. Er war trotz äußerer Einflüsse so fokussiert. Er hat sich nicht beirren lassen, das ist schon klasse für so einen Jungen.“

Zusatz: „Massimo muss einfach hart weiterarbeiten.“

Das ist dem belgischen Techniker auch klar. „Es ist nicht leicht, denn es gibt viel Qualität in der Mannschaft und ich muss einfach weiterarbeiten. Ich will mich einfach weiterentwickeln und hoffe, dass ich mehr Einsätze bekomme. Ich arbeite sehr hart, um dieses Ziel zu erreichen.“

Dass es auf seiner Position nicht einfach sei, sich gleich durchzusetzen, wusste der Facebook-Liebling, der mit über 50.000 Fans alle anderen Salzburger virtuell klar übertrumpft.

Teuerster Transfer hat keinen Druck

Der öffentliche Druck auf seine Person ist auch dem Umstand geschuldet, dass Bruno der teuerste Einkauf der Red-Bull-Ära ist. Minimum fünf Millionen Euro sollen von Leipzig aus an Anderlecht geflossen sein, vielleicht auch sieben. Im vereinseigenen Stadionheft waren auch schon neun zu vernehmen.

In Belgien spielt das indes keine Rolle.

"Für belgische Analysten ist er eigentlich binnen vier Monaten drei Mal abgestiegen", schildert Martens und verweist auf die Wechsel-Kette vom belgischen Meister zum deutschen Zweitliga-Klub nach Österreich, wo er jetzt bei Salzburg auch nicht Champions League spielt - und auch nicht in der Stammelf steht.

Bruno belasten indes die genannten Summen nicht. „Die Zahlen interessieren mich nicht. Ich stelle mich in den Dienst der Mannschaft und es ist mir ein Vergnügen, wenn ich der Mannschaft helfen kann. Das ist mein Ziel. Es gib viele gute Spieler hier, die den Unterschied ausmachen können. Ich spüre keinen Druck.“

Der Neuzugang, der wie auch Sabitzer von RB Leipzig ausgeliehen ist (eine Information, die erst mit der deutschen Transferliste offiziell gemacht wurde), hatte sich dabei gegen andere Angebote - vor allem aus Hoffenheim - entschieden.

Fußball-Belgien sieht es anders

„Ich denke nicht über das, was war, ich denke, dass Salzburg für mich die beste Option war“, ließ der Italo-Belgier („Habe bei der WM zu beiden Teams geholfen“) im Sommer-Gespräch wissen.

Fußball-Belgien sieht das allerdings anders. "Für Hoffenheim hätte es mehr Verständnis gegeben, weil es eine logischere Wahl gewesen wäre", meint Martens, der weiß, dass sich Bruno vergangene Saison "einen Namen gemacht hat".

Dennoch kam für den Ex-Sturm-Spieler der Wechsel zu früh. „Ein, zwei Jahre noch in Anderlecht, dann hätte er dieses Jahr als Leistungsträger Champions League gespielt und vielleicht dann zu einem größeren Klub wechseln können.“

Warum Salzburg das Rennen gewann

Bruno hat sich aber bewusst für das Projekt Red Bull entschieden. „Es ist für mich ein guter Schritt, ich brauche so einen wie Salzburg, um weiterzukommen. Hier passt alles, es herrschen eine gute Qualität und Philosophie vor“, zählt Bruno zwei Gründe auf, nach Österreich zu wechseln.

„Der Salzburger Stil ist für mich der beste, um Spiele zu gewinnen. Auch gegen große Teams, das hat man gegen Bayern München gesehen.“

Martens zeigt auf der einen Seite dafür Verständnis, aber hinsichtlich Brunos Ambition, irgendwann im belgischen A-Team zu spielen, wird es keine Rolle spielen: "Das ist sicher eine geile Art, Fußball zu spielen. Aber Marc Wilmots interessiert das nicht."

Überhaupt stehen für Martens viele Fragzeichen hinter der möglichen A-Team-Karriere Brunos. "Die Frage ist: Wie schnell geht es? Er ist in Österreich nicht im Fokus. Das weiß ich aus meiner eigenen Zeit bei Sturm. Er müsste sich bei Salzburg durchsetzen, Leipzig muss aufsteigen und dann muss er sich dort durchsetzen. Denn die Konkurrenz ist enorm, vor allem auf seiner Position. Und da sind schon viele wenn und aber dabei. Die jetzige Situation ist eine Gefahr."

Bruno setzt auf die Karte Entwicklung und hat natürlich die Weltmeister-Liga im Visier. „Deutschland ist mein Ziel, aber erst in der Zukunft. Jetzt will ich mich einmal auf Salzburg fokussieren und will mich hier etablieren.“

Der zwölffache U21-Internationale verpasste mit Belgien als Gruppendritter die Playoffs für die EM in Tschechien. Das A-Team ist aktuell nur ein Traum.

„Für einen jungen Spieler ist es schwierig, ins Team zu kommen. Sie haben fantastische Spieler und sind bei der WM bis ins Viertelfinale gekommen. Du musst wirklich gut spielen, um reinzukommen. Ich muss mich weiter verbessern, um irgendwann einmal für Belgien zu spielen.“

Das wird noch einige große Schritte benötigen. Denn der erste heißt, sich in Salzburg durchzusetzen.

 

Bernhard Kastler