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"Hölle von Saloniki" hinterließ bei Rapid ihre Spuren

Es waren erschütternde Szenen, die sich am Donnerstag in Thessaloniki abspielten.

Der sportliche Gedanke geriet beim Playoff-Hinspiel zur Europa League zwischen PAOK Saloniki und Rapid Wien in Vergessenheit.

Molotow-Cocktails, Tränengas und ein Platzsturm sorgten in Griechenlands zweitgrößter Stadt für einen Ausnahmezustand.

Doch nicht nur die verfeindeten Anhängerschaften waren geschockt, auch Rapids Spieler, die auf dem Platz so tun mussten, als wäre nichts geschehen.

„Das hat nichts mehr mit Fußball zu tun“

„Das ist schon abschreckend, das hat nichts mehr mit Fußball zu tun“, rang Stürmer Terrence Boyd im Gespräch mit LAOLA1 nach Worten.

„Du kannst eine Mannschaft unterstützen, aber du musst nicht anfangen, die Gegner umzukloppen oder Polizei und Spieler anzugreifen. Das bringt nichts. Das ist bescheuert.“

Das Team von Trainer Peter Schöttel befand sich zum Aufwärmen auf dem Rasen und bekam die Nachwirkungen des Vorgeplänkels vor dem Stadion am eigenen Leib zu spüren.

Als PAOK-Fans die Gäste mit einem Molotow-Cocktail attackierten, explodierte die Waffe nur wenige Zentimeter vor Klubservice-Leiter Andy Marek, der noch bei der Ankunft in Wien sichtlich unter Schock stand.

Schockzustand nach Randalen in und um das Stadion

Dabei setzte die Polizei Tränengas, das sich über das Stadion verbreitete, ein. Die Profis kämpften mit tränenden Augen und dem stechenden Geruch.

Durch die Bombardierung der gegnerischen Fan-Blöcke mit Feuerwerkskörpern nahm das Skandalspiel seinen Lauf. Ein Platzsturm und das Attackieren des Gäste-Sektors waren die Folgen.

„Bei so was, war ich noch nie vor Ort. Das war sicher auch ein Schock für die Spieler“, war auch Schöttel von den Ereignissen im Vorfeld der Partie gezeichnet.

Nachdem die Spieler in den Kabinengang flüchteten und von dort das Treiben verfolgten, wollte der Chefbetreuer kein Risiko eingehen.

UEFA-Delegation wollte Spiel nicht anpfeifen

„Das ist mir ein bisschen zu gefährlich geworden, deshalb habe ich dann alle in die Kabine geschickt.“

Auch Markus Katzer hat schon viel erlebt, aber die „Hölle von Saloniki“ wird wohl noch länger in Erinnerung bleiben.

„Wir sind da, um Fußball zu spielen. Wir wollten ein Fußballfest veranstalten. Dass die Fans so reagieren, gehört einfach nicht auf den Fußballplatz. Das hat eher ein bisschen was von Krieg gehabt.“

Umso überraschter waren alle Beteiligten, dass das Spiel wie geplant angepfiffen wurde, obwohl die UEFA-Delegation bereits mit einem Abbruch spekulierte. Die PAOK-Verantwortlichen warnten diese jedoch vor einer Eskalation, sollte die Partie überhaupt nicht stattfinden.

Auch Schöttel konnte es kaum glauben, dass das Spiel nur mit fünf Minuten Verspätung angepfiffen wurde. „Ich habe mich dann schon gewundert, dass nur 15 Minuten später das Spiel ganz korrekt abgelaufen ist.“

Herumblödeln, um Angst zu nehmen

Während der Großteil der Spieler behauptete, sich nicht durch die Randale auf den Rängen aus der Ruhe gebracht zu haben, verleitete die bedrohliche Situation den einen oder anderen doch zum Nachdenken.

„Natürlich denkt man nach, was draußen passiert. Aber wie wir rausgegangen sind, gab es keine Probleme mehr“, gibt Torschütze Deni Alar zu.

Während PAOK geschlossen auf dem Feld verweilte und zusah, wie sich die gegnerischen Fan-Gruppierungen in die Haare kamen, musste Schöttel in der Kabine Aufbauarbeit leisten.

„Man versucht, die Angst zu nehmen. Wir haben eher herumgeblödelt, um nicht darüber nachdenken zu müssen.“

„Das war schon ein bisschen krass“

Dabei stellte sich der Trainer die Frage, ob er nicht im Nachhinein ausgerechnet die falschen Spieler ins kalte Wasser geworfen hatte.

Aufgrund einer hohen Anzahl an jungen Spielern, musste der Schock erst einmal verdaut werden. „Das war schon ein bisschen krass“, gibt auch Boyd zu.

Nach dem Spiel musste die Mannschaft warten, bis eine Polizei-Eskorte die Busse in Richtung Flughafen begleitete. Die Freude, als man heimischen Boden unter den Füßen hatte, war riesig.

„Ich habe so etwas in meiner Karriere noch nie gesehen und erlebt. Wahnsinn“, fasste Katzer die Eindrücke eines Abends zusammen.

Eines Abends, der unrühmlich in die Geschichte eingehen wird und wahrlich keiner Wiederholung bedarf. Im Sinne des Sports.


Aus Thessaloniki berichtet Alexander Karper