news

"Ein perfekter Start" mit Kampfanzug und Sturzhelm

So schnell kann es gehen!

Am Sonntag nach dem Altach-Spiel waren wir noch die größten Idioten der Nation“, stellte Rapid-Kapitän Steffen Hofmann fest.

Vergeben und vergessen, denn wenige Tage später feierte Rapid einen 2:1-Heimsieg zum Auftakt der Europa-League-Gruppenphase gegen den spanischen Top-Verein Villarreal.

Das war ein perfekter Start, von dem wir alle geträumt haben“, schwärmte Trainer Zoran Barisic und sprach seinen Europacup-Helden aus der Seele.

Ein richtig guter Abend“

Die Grün-Weißen gingen nach zwei Liga-Niederlagen gegen Mattersburg und in Vorarlberg wie ein angeschlagener Boxer in den Ring, gingen schlussendlich aber als großer Sieger mit breiter Brust hervor.

Das war ein richtig guter Abend für unsere Mannschaft“, freute sich auch Schlussmann Jan Novota, der mit wichtigen Paraden im Finish die drei Punkte festhielt, im Gespräch mit LAOLA1.

Prinzipiell war es kein einfaches Spiel, mit Sicherheit auch nicht die beste Leistung der Hütteldorfer. Und trotzdem sprang der Funke wieder auf die Mannschaft über, um das Ernst-Happel-Stadion mit 36.200 Zuschauern in ein Tollhaus zu verwandeln.

Und das gegen einen Verein aus einer der besten Ligen Europas, einem echten Spitzenverein“, hob Barisic hervor.

Villarreals zweitem Anzug den Spaß genommen

Dieser trat mit einem zweiten Anzug an, insgesamt zehn Veränderungen zum letzten Liga-Spiel, und vermittelte so den Eindruck, den Gegner nicht ernst zu nehmen. Barisic führte dies jedoch mehr auf die Rotation aufgrund des bevorstehenden Wochenend-Liga-Schlagers gegen Athletic Bilbao (Sonntag, 18:15 Uhr im LIVE-Video bei LAOLA1.tv) zurück.

Florian Kainz sah es anders: „Von der Aufstellung her war es auf jeden Fall nicht so, wie wir es uns erwartet haben. Im Ballbesitz sind sie natürlich sehr gut, können immer ein Tor schießen, auch wenn wir das in der ersten Halbzeit sehr gut gemacht haben und zum ungünstigen Zeitpunkt das Tor bekommen haben.“

An der Kompaktheit des vielseitigen spanischen Gegners biss man sich phasenweise die Zähne aus. Zwar konnten nur wenige Großchancen herausgespielt werden, positiv anzumerken sind jedoch die hohen Ballbesitz-Anteile.

„Wir haben auch im ersten Durchgang phasenweise sehr gut gespielt. Wir haben viel Ballbesitz gehabt, sie viel laufen gelassen. Das haben sie überhaupt nicht gemocht, da waren sie nicht zufrieden, wie das abläuft“, analysierte Hofmann, mit dem Nebensatz: „Dann kriegen wir aber kurz vor der Pause das Gegentor, weil wir in manchen Situationen noch zu ungeduldig gespielt haben.“

Ärgerlicher Gegentreffer rief Reaktion hervor

Quasi mit dem Pausenpfiff, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt nützte Villarreal eine der wenigen, aber zumeist guten Chancen zur Führung.

„Da sieht man wieder, dass man in keiner Phase locker lassen darf. Das darf uns nicht passieren, noch dazu in der 45. Minute. Das war zu billig, und nicht das erste Mal“, ärgerte sich der Chefbetreuer über den Rückstand zur Pause.

Doch Rapid ließ sich nicht hängen und schöpfte in der Kabine neuen Mut. Die Pausenansprache dürfte gefruchtet haben.

Was in der Kabine gesagt wurde, bleibt in der Kabine. Aber wir wollten das Spiel unbedingt drehen. Da waren so viele Leute draußen, die uns die Daumen gedrückt und Vollgas unterstützt haben. Deswegen hat es nur eine Richtung gegeben“, meinte Dibon.

Ein Traum, nach dem Schlag ins Gesicht“

Torhüter Novota verriet dann doch noch Details von Barisic' Ansprache: „Es war ganz ruhig in der Kabine. Der Trainer hat gesagt, dass wir eigentlich gut spielen. Außerdem hatte sich Villarreal dieses Tor nicht verdient.“

So ging Rapid zurück auf den Rasen und drehte die Partie binnen acht Minuten. Zuerst war Stefan Schwab nach einem Getümmel nach einem Hofmann-Freistoß zur Stelle, dann verwandelte der Kapitän selbst einen Elfmeter nach Foul an Philipp Prosenik, der laut Barisic „fantastisch“ spielte.

„Das Tor hat uns natürlich gepusht, das war natürlich ein Traum. Wenn du vor der Pause einen Schlag ins Gesicht bekommst, sitzt du drin und fragst dich: Warum? Wir waren aber eigentlich postiiv, dass wir das noch drehen, das haben wir dann auch gemacht“, freute sich Hofmann, dass der Plan in die Tat umgesetzt wurde.

„Wir haben ja nicht gegen irgendwen gespielt, es war uns klar, dass wir nicht zu so vielen Möglichkeiten kommen. Sie haben richtig gut verteidigt und uns bis zum 16er spielen lassen. Deshalb waren Standards oder solche Situationen wichtig, das haben wir gut gemacht heute.“

Gekratzt, gebissen und geil gekickt

Danach kamen laut dem 35-jährigen Routinier jene Tugenden zum Vorschein, die Rapid ausmachen.

Dibon drückte dies folgendermaßen aus: „Wir haben bis zum Schluss alles gegeben, gekratzt, gebissen und alles herausgeholt. Wir waren am Ende alle fertig.“

Im Vorfeld der Partie hatte sich dieser noch als Spanien-Fan geoutet und betont, „wie geil Villarreal kicken kann“. Nach dem Schlusspfiff darauf angesprochen, stellte der Abwehrchef, in Abwesenheit des gesperrten Mario Sonnleitner, jedoch die eigene Leistung über jene des Gegners.

„Dass wir geil kicken können, habe ich natürlich auch gewusst und sehr oft gesehen – vor allem gegen gute Mannschaften.“

Am Schluss haben wir Kampfanzug und Sturzhelm angezogen“

Der Sechste der spanischen La-Liga-Saison schnürte Rapid in der Schlussphase regelrecht ein, ließ kaum mehr etwas zu – ein weiterer Treffer blieb den „gelben U-Booten“ jedoch versagt, auch weil bei Cedric Bakambus Großchance kurz vor Abpfiff das Glück auf Seiten der Wiener war.

„Am Schluss haben wir uns Kampfanzug und Sturzhelm angezogen, um zu kämpfen und das Ausgleichstor zu vermeiden“, brachte Barisic einen bildichen Vergleich. „Hinten haben wir heute einen überragenden Jan Novota gehabt, der uns den Sieg festgehalten hat.“

Trotz aller Anstrengungen trat jedoch eines nicht ein: „Wenn der Schiri abpfeift, erwarte ich mir, dass alle gemeinsam speiben“, meinte der sichtlich stolze Trainer mit einem Schmunzeln. „Das war ein perfekter Start gegen den Gruppenfavoriten - vor so tollen Fans, die uns heute so geholfen haben.“

Kürzlich noch die Idioten der Nation, nun gefeierte Helden – so schnell kann es gehen. Doch das soll nur der Anfang einer langen Europacup-Reise gewesen sein.


Alexander Karper / Jakob Faber