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"Nicht mehr in einem Atemzug mit Shamrock Rovers"

Keine lästigen Fragen mehr, keine Vergleiche mit anderen Teams und keine Durchhalteparolen.

Null Punkte gehören der Vergangenheit an, das zuletzt zum Modewort gewordene „Anschreiben“ wird vorerst aus dem Wortschatz gestrichen.

„Wir freuen uns riesig über den Sieg“, strahlte Trainer Peter Schöttel nach dem 1:0-Heimerfolg gegen Metalist Kharkiv, der für Erleichterung im Rapid-Lager sorgte.

Im sechsten Anlauf konnte doch noch der erste Punktegewinn gefeiert werden, dank einer kämpferisch und spielerisch aufopfernden Darbietung.

Alles andere als lästige Pflichterfüllung

„Ich möchte nicht mehr, dass wir in einem Atemzug mit den Shamrock Rovers genannt werden“, verwies der Chefbetreuer auf die Iren, die weiterhin das einzige Team in der Geschichte der Europa League bleiben, das die Gruppenphase ohne Punkte beenden musste.

Nach den zum Teil unglücklichen Niederlagen wurden die Grün-Weißen erstmals für ihre Mühen belohnt. Gegen Gruppensieger Kharkiv, der nur Taison und Cleiton Xavier schonte und ansonsten auf die Einsergarnitur vertraute.

„Man hat vom Start weg gesehen, dass es für uns nicht nur eine lästige Pflichterfüllung ist. Wir wollten es dem Gegner schwer machen, das ist uns geglückt“, analysierte Schöttel.

Das klare Übergewicht in den ersten 45 Minuten münzte Österreichs einziger verbliebener Europacup-Starter in Zählbares um.

Heftige Proteste erwiesen sich als falsch

„Es war sehr wichtig, dass wir mit der ersten Chance in Führung gegangen sind. Dann spielt es sich natürlich leichter“, stellte Torschütze Deni Alar, der eine Vorarbeit von Christopher Trimmel vor 29.500 Zuschauern im Netz versenkte, im Gespräch mit LAOLA1 fest.

Weitere Chancen blieben ungenützt, bis eine auf den ersten Blick harmlose Aktion beinahe alles zunichte gemacht hätte.

Als Harald Pichler an der Mittellinie übermotiviert Willian niederstreckte und Rot sah, stockte allen im Ernst-Happel-Stadion der Atem. Die heftigen Proteste von Rapid-Seite klangen erst nach Begutachtung der Fernsehbilder ab.

„Direkt im Spiel habe ich mich ungerecht behandelt gefühlt und die Entscheidung als überhart empfunden. Nach der Wiederholung weiß ich, dass auch das Einsteigen von Pichler überhart war“, gestand sich der Rapid-Trainer ein.

„Haben Leidenschaft, Charakter und Stolz gezeigt“

Der Übeltäter sprach von einer Roten Karte, die man geben kann aber nicht muss, und entschuldigte sich bei seinen Mannschaftskollegen.

„Es war auf jeden Fall eine blöde Aktion, am Mittelkreis brauche ich das nicht machen. Ich kann nur den Hut vor der Mannschaft ziehen, mich entschuldigen und zugleich bedanken“, so Pichler.

So wendete sich das Blatt. Kharkiv übernahm in den zweiten 45 Minuten das Kommando, doch Rapid hielt mit Kampfkraft und letztem Willen dagegen.

„Wir haben dann sehr viel Leidenschaft, Charakter und Stolz gezeigt“, war Schöttel vom Auftritt seiner Mannschaft beeindruckt und unterstrich immer wieder die Wichtigkeit dieses Erfolgs.

Prestigeerfolg sorgt für große Erleichterung

„Von außen hieß es, dass das Spiel bedeutungslos ist. Für uns ist es aber um sehr viel gegangen. Es war nicht nur für die Mannschaft, sondern auch für die Fans und den Verein ein Prestigeerfolg.“

Die Spieler wirkten im Anschluss an die Partie befreit und strotzten nach dem vierten Pflichtspielsieg in Folge selbstbewusst wie lange nicht mehr.

„Die Erleichterung ist sehr groß, wir haben es uns verdient. Wir wollten uns beweisen, dass wir anschreiben können“, meinte etwa Linksverteidiger Thomas Schrammel.

Alar ergänzte: „Wir wollten nicht mit null Punkten ausscheiden, das wäre ganz bitter gewesen. Wir haben gezeigt, dass wir gut mitspielen können und ein Kämpferherz haben.“

Europa League hat Spuren hinterlassen

Die Europa League hat trotz allem Spuren hinterlassen – sowohl mental als auch körperlich. Mit dem Sieg konnte man sich aber versöhnlich von der internationalen Bühne verabschieden.

Die Konzentration gilt ab nun voll und ganz der Meisterschaft, in der man zuletzt neun Punkte aus drei Spielen holte und den Rückstand auf Tabellenführer Austria und Verfolger Salzburg verkürzen konnte.

„Von der Psyche her sind alle im Hoch, aber es war anstrengend“, strebt Schöttel im Heimspiel gegen Wacker vier bis fünf Veränderungen an, da er laut eigenen Aussagen mit der Rotation immer gut gefahren sei.

Die Europa League wird man trotz allem vermissen. Vor allem jetzt, wo keine lästigen Fragen mehr, keine Vergleiche mit anderen Teams und keine Durchhalteparolen mehr nötig wären.


Alexander Karper