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EURO-Powerranking: Der tiefe Fall der Niederlande

EURO-Powerranking: Der tiefe Fall der Niederlande

Die Gruppenphase der EURO 2012 hat wieder einmal gezeigt, dass im Fußball alles möglich ist.

Teams, die tief in die Bredouille geraten waren, rissen im letzten Augenblick das Ruder herum. Anderen wiederum wurde großes Potenzial bescheinigt, doch wurden sie den Vorschusslorbeeren nicht gerecht und mussten noch vor der K.o.-Phase die Heimreise antreten.

Das EURO-Powerranking vor den Viertelfinalspielen:

16. (16) Irland

Angesichts ihrer tollen Anhängerschaft schmerzt es ein wenig, die Iren als schlechteste Mannschaft der EM darzustellen. Aber Sympathiewerte fließen leider nicht in dieses Ranking ein. Die harten Fakten weist die Trapattoni-Elf mit drei mehr (Spanien) oder weniger (Italien) deutlichen Niederlagen in drei Spielen und einem Torverhältnis von 1:9 als klar zu schwach für diese Endrunde aus. Nichtsdestoweniger waren die „Boys in green“ eine gern gesehene Bereicherung, nicht nur aufgrund ihrer klingenden Nachnamen.

15. (4) Niederlande

Während das EM-Aus der Iren wenig überraschend kam, war die Verwunderung ob der überraschend schwachen Auftritte der Niederländer groß. Die gern gepriesene Offensive blieb fast alles schuldig und konnte ihre spielerischen Vorzüge nur selten ausspielen. Die Abwehrreihe kristallisierte sich als nicht EM-tauglich heraus. Eine Schmach ähnlicher Ausprägung erlebte die "Elftal" zuletzt vor zehn Jahren, als man sich nicht für die WM-Endrunde in Japan und Südkorea qualifizieren konnte.

14. (12) Polen

Nur 17 Minuten dauerte es, ehe Stürmer Lewandowski die EM mit dem ersten Tor „offiziell“ eröffnete und damit den polnischen Sommertraum einleitete. Eine verspielte Führung gegen die Griechen, ein Remis gegen den historischen Rivalen Russland und eine Pleite gegen Tschechien später war dieser aber schnell ausgeträumt. Die hoch gelobte BVB-Achse Piszczek-Blaszczykowski-Lewandowski wusste zwar zeitweise zu begeistern, vom restlichen Team kam aber insgesamt schlicht zu wenig.

13. (9)  Dänemark

Der Auftakt war vielversprechend: Krohn-Dehlis Siegestor gegen die "Oranje" öffnete schon früh das Tor zum Aufstieg, doch die Dänen zündeten ihr Dynamit zu früh. Gegen Portugal und Deutschland schlich man jeweils mit hängenden Köpfen vom Platz. Zwar attestieren wir der Mannschaft von Morten Olsen eine passable Gruppenphase mit ansprechenden Leistungen, da es jedoch bereits die Glücksfee bei der Auslosung nicht gut mit ihr meinte, war "passabel" in der hochkarätig besetzten Gruppe B nicht gut genug, um den Einzug ins Viertelfinale zu erwirken.

12. (5) Russland

Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt in nur wenigen Tagen, so kann man Russlands Auftreten bei dieser EM vereinfacht beschreiben. Nach dem 4:1-Auftaktsieg gegen Tschechien zum Mitfavoriten hochgelobt, kam mit dem Remis gegen Polen und der Niederlage gegen Griechenland der sukzessive Abstieg, der schließlich im vorzeitigen Ausscheiden gipfelte. Im Nachhinein wird der erfrischende Offensiv-Fußball der „Sbornaja“, den Arshavin, Dzagoev und Co. geboten haben, schnell wieder vergessen werden.

11. (7) Schweden

Als die Nordeuropäer ihren Respekt abgelegt hatten, gegen Frankreich ihr wahres Leistungspotenzial zum Besten gaben und dem Geheimfavoriten mit einem verdienten 2:0-Erfolg den Gruppensieg vermasselten, war das Turnier im Grunde längst vorbei. Wie für die Iren war auch für die "Blau-Gelben" bereits nach dem zweiten Spieltag das frühe Aus besiegelt. Bereits die Auftaktniederlage gegen die Ukraine kam einem Genickbruch gleich, das unglückliche 2:3 gegen England setzte dem Ganzen noch eins drauf. Den Schweden droht ein Umbruch, von dem wiederum das ÖFB-Team in der WM-Quali profitieren könnte.

10. (15) Ukraine

Der zweite Gastgeber, der im Vorfeld auch in den Testspielen gegen die österreichische Elf nicht wirklich überzeugen konnte, kämpfte bis zuletzt um den Aufstieg ins Viertelfinale, musste dann den erfahreneren Teams England und Frankreich den Vortritt lassen. Spielerisch konnten vor allem die bekannt gefährlichen Außenspieler Yarmolenko und Konoplianka einige Male Akzente setzen, emotional bleibt Shevchenkos Doppelpack gegen die Schweden in Erinnerung. Alles in allem ein gelungener, wenn auch nicht mit Erfolg gekrönter Auftritt der Ukraine.

9. (11) Kroatien

Technisch stark, taktisch hervorragend und spielerisch zum Teil eine Augenweide präsentierten sich die Kroaten. Mandzukic stellte seine Torgefahr gleich drei Mal eindrucksvoll unter Beweis, doch seinen Landsleuten war eine derartige Kaltschnäuzigkeit nicht beschieden. Die Bilic-Elf brachte Titelverteidiger Spanien an den Rand des Ausscheidens, doch Rakitic hatte im entscheidenden Moment weder die nötigen Nerven, noch das Köpfchen, um den Iberern das 1:0 einzuschenken. So kam es, wie es kommen musste: Navas traf auf der Gegenseite und schickte Kroatien nach Hause.

8. (14)  Griechenland

Nur ein Punkt nach zwei Spielen und die starken Russen als finaler Gegner. Nicht viele hätten auch nur eine Drachme auf ein Weiterkommen der Griechen gesetzt, doch Karagounis und Co. zeigten, dass mit einer beherzten Leistung qualitative und spielerische Mängel kaschiert werden können. Als Gruppenzweiter wartet auf die Hellenen im Viertelfinale mit Deutschland ein ebenso als unschlagbar titulierter Gegner. Abseits aller politischen Interaktionen der beiden Länder möchte sich Offensiv-Spieler Samaras auf das Sportliche beschränken und mit der nächsten Überraschung seine Landsleute erneut dazu bringen, „auf die Straße zu gehen und zu feiern.“

7. (13) Tschechien

Es soll schon glücklichere Auftaktspiele der Tschechen gegeben haben als das 1:4 gegen Russland. Was unsere Nachbarn danach zeigten, gehört zweifellos in die Kategorie "bemerkenswert". Die drohende Heimreise im Nacken schien Tschechien zu beflügeln, gegen Griechenland - das Gegentor durch Gekas mal ausgenommen - wirkte Tschechien hochkonzentriert und total auf den Sieg fokussiert. Im Entscheidungsspiel gegen Polen leistete die Defensive einen grundsoliden Job, während Wolfsburg-Legionär Jiracek mit seinem Treffer zum Helden avancierte und sein Team unter die Top-8 beförderte. Um auch die Hürde Viertelfinale zu überstehen, bedarf es jedoch mehr, als der Vize-Europameister von 1996 bislang zu bieten hatte.

6. (3) Frankreich

Quasi-Fixaufsteiger nach dem zweiten Spieltag, 23 Spiele ohne Niederlage. Frankreich wäre zweifellos weiter einer der Top-Favoriten, wenn, ja wenn man nicht dieses 0:2 gegen Schweden kassiert hätte. Nicht nur das Ergebnis, sondern vor allem die Art und Weise lassen bei Teamchef Laurent Blanc und den vielen französischen Fans Sorgenfalten auf der Stirn entstehen. In der Offensive fehlten die Ideen, in der Defensive Sicherheit. Ribery, der zugegeben in Top-Form agiert, musste – wie auch schon in den Partien zuvor – viel zu oft den Alleinunterhalter spielen und darf sich nun für das Duell mit Titelverteidiger Spanien etwas einfallen lassen.

5. (10) Portugal

Totgesagte leben länger - das gilt nicht für das portugiesische Team, sondern auch und vor allem für seinen Superstar Cristiano Ronaldo. Von vielen Kritikern aufgrund zahlreicher vergebener Möglichkeiten verspottet, lehrte er diese eines Besseren und reüssierte gegen die Niederlande gleich doppelt. In dieser Form bedarf es wohl einer Ausnahmeleistung der Tschechen, um Portugal zu stoppen. Wenn zudem Pepe, der einen starken Eindruck hinterließ, Nani, bei dem mal Licht und dann wieder Schatten zu erkennen war, ihre Bestform abrufen, ist für den Gastgeber der EURO 2004 wieder ähnliches möglich wie vor acht Jahren, als die "goldene Generation" um Luis Figo ins Finale stürmte.

4. (8) England

Schmerzhafte Ausfälle im nahezu täglichen Rhythmus beherrschten die Vorbereitung der „Three Lions“ und dennoch konnte allen Unkenrufen zum Trotz das Viertelfinale als Gruppensieger erreicht werden. Die Hodgson-Elf agiert aus einer extrem dicht stehenden Defensive, verfügt über ein kampfstarkes Mittelfeld und kann im Angriff neben Kopfball-Ungeheuer Carroll und den flinken Welbeck und Walcott auch wieder auf Rooney zählen. Der Superstar von ManUnited stellte mit dem Siegtreffer gegen die Ukraine auf Anhieb seine Relevanz unter Beweis. Mit diesen Voraussetzungen ist England ein ernst zu nehmender Titel-Kandidat.

3. (6) Italien

Trotz des Manipulationsskandals im eigenen Land vor dem Spiel Spanien-Kroatien von möglicher Absprache zu sprechen, da das eigene Aus drohte, war mutig. Ebenso mutig war es, zwei Mal mit Dreierkette zu spielen. Der Erfolg - wie auch die Umstellung, im letzten Gruppenspiel wieder mit Viererkette zu agieren - gaben Trainer Prandelli Recht. Angetrieben von Abwehrchef De Rossi und Dreh- und Angelpunkt Pirlo ist Italien alles zuzutrauen. Zudem verfügt der Weltmeister von 2006 über eine gefährliche Offensivreihe, haben doch mit Balotelli, Cassano und Di Natale alle drei Top-Stürmer bereits ihre Spuren in Form von Treffern hinterlassen.

2. (1) Spanien

Keinem anderen Team war das Fehlen eines verletzten Leistungsträgers so anzumerken wie Spanien. Trotz einer Qualität im Kader, die ihres Gleichen sucht, wird Top-Torjäger Villa schmerzlich vermisst. „La Roja“ spielt gefällig, pulverisiert jegliche Pass-Rekorde, vergisst dabei aber allzu oft auf den Endzweck, das Tore-„Schießen“. Dass Silva einen Treffer etwa mit 23 km/h erzielte und Navas den Ball aus einem Meter über die Linie drückte, sind nur zwei Beispiele für die Eigenheit des spanischen Fußballs. Dennoch sollte man nicht allzu sehr schwarzsehen. Zwei Siege, ein Unentschieden, lediglich ein Gegentreffer und überproportionale Dominanz in allen drei Partien sind Zahlen einer Turnier-Mannschaft.

1. (2) Deutschland

Neuer fehlerlos. Hummels und Badstuber tadellos. Schweinsteiger (nahezu) makellos. Gomez gnadenlos. Die zentrale Achse der Deutschen hinterließ einen blendenden Eindruck und manövriert die Elf von Jogi Löw in die Leaderposition. Nachdem es bei den letzten Großereignissen mehrfach um Haaresbreite nicht zur Krönung langte, wirkt sie deutlich gereifter. Beste Beispiele sind Gomez und Podolski, die trotz harscher Kritik den Fokus aufs Wesentliche lenkten und mit Toren die beste Antwort gaben. Einziges Sorgenkind ist derzeit Özil, der seine spielerischen Qualitäten bislang nicht umsetzen konnte. Läuft auch der Real-Madrid-Star noch zur Höchstform auf, führt der Titel über Deutschland.

 

Christian Eberle/Christoph Nister