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Das EURO-Powerranking - Es wird ernst

Das EURO-Powerranking - Es wird ernst

Die Zeit des Probens ist vorbei.

In wenigen Stunden beginnt das Fußball-Highlight des Jahres, die 14. Europameisterschaft.

Ehe es in Polen und der Ukraine zur Sache geht, wirft LAOLA1 ein letztes Mal einen Blick auf alle 16 Teams und versucht anhand der jüngsten Ereignisse eine Antwort auf die Frage zu finden, wer die größten Chancen hat, am 1. Juli den Pokal zu stemmen.

 

16. (16) Irland

Die von Giovanni Trapattoni betreuten Iren sind zwar seit nunmehr 13 Spielen ungeschlagen, darunter waren allerdings "Kaliber" wie Armenien, Estland, Andorra oder die Slowakei. Im letzten Test gegen die Ungarn kamen Keane und Kollegen nicht über ein torloses Remis hinaus. Was für Trapattoni, der von den Medien für das unansehnliche Spiel kritisiert wird, und seine Mannen spricht: Im Gegensatz zu vielen Konkurrenten kann der Inselstaat auf sämtliche Leistungsträger zurückgreifen.

15. (14) Ukraine

Will man zynisch sein, könnte man einfach Folgendes behaupten: „Wer nicht einmal Österreich schlägt, hat bei einer EM nichts verloren.“ Dies würde aber erstens die Leistung des ÖFB-Teams beim 3:2-Erfolg in Innsbruck schmälern und zweitens den Vorbereitungsspielen im Allgemeinen zu viel Relevanz zuschreiben. Gemeinsam mit dem darauf folgenden 0:2 gegen die Türkei hat man aber schnell die Gründe parat, warum viele dem Co-Gastgeber dasselbe Schicksal vorhersagen, das dem rot-weiß-roten Team 2008 widerfuhr: Aus in der Vorrunde!

14. (15) Griechenland

Die Gruppenkonstellation - Griechenland trifft auf Polen, Tschechien und Russland - ist zwar nicht die schwierigste, doch selbst diese Hürde könnte sich für die Hellenen als zu hoch erweisen. Die Testländerspiele gegen Slowenien (1:1) und Armenien (1:0) waren keine optischen Leckerbissen. Trumpf der Mannschaft von Fernando Santos ist zweifellos die Abwehr, die in der Quali nur fünf Gegentore in zehn Spielen hinnehmen musste. Das Angriffs-Trio Theofanis Gekas, Giorgos Samaras, und Dimitris Salpingidis verbreitet hingegen weder Angst noch Schrecken.

13. (12) Tschechien

Ein Last-Minute-Sieg gegen Israel (2:1) und ein bitteres 1:2 gegen Ungarn, so lauten die letzten Ergebnisse der Tschechen vor dem Auftaktspiel gegen Russland. Allzu erfreut wird das Teamchef Michal Bilek nicht stimmen. Umso mehr schon die Fit-Meldung von Kapitän Tomas Rosicky: "Mit seinen Ideen kann er Spiele allein entscheiden.“ Diese wird der Vize-Europameister von 1996 auch brauchen, um im Angriff für die nötige Gefahr zu sorgen. In der Defensive hofft man ohnehin auf die Heldentaten von Champions-League-Gewinner Petr Cech.

12. (13)  Polen

Während die Ukraine nicht vom Fleck kommt, dürfen sich die Polen über ansteigende Form freuen. Ein 4:0 über Andorra darf freilich nicht als ernstzunehmende Standortbestimmung betrachtet werden, doch auch in den weiteren Länderspielen im Kalender 2012 - 0:0 gegen Portugal, 1:0 gegen Lettland und 1:0 gegen die Slowakei - hielt die Elf von Frantisek Smuda ihren Kasten sauber. Darüber hinaus hoffen die Fans des Gastgebers auf ihre Kreativköpfe Jakub Blaszczykowski, Robert Lewandowski oder Ludovic Obraniak, die sich mit starken Leistungen international Respekt verschafften.

11. (11) Kroatien

"Das ist fürchterlich. Ein Schock für mich und uns alle", kommentierte Slaven Bilic das Aus von Ivica Olic. Mit Ivo Ilicevic fällt Kroatiens Teamchef nun ein weiterer Offensivmann aus. Ein Glück, dass mit Eduardo, Mario Mandzukic und allen voran Nikica Jelavic andere für die nötigen Tore sorgen können. „Ich bin mir bewusst, dass man viel von mir erwartet“, scheint der Ex-Rapidler mit dem Druck gut umzugehen. In den abschließenden Testspielen blieb der Everton-Stürmer zwar torlos, sein Team aber zumindest unbesiegt. Wenn auch ein 3:1 gegen Estland und ein 1:1 gegen Norwegen nicht gerade nach Traum-Ergebnissen anmuten.

10. (9) Portugal

Das Potenzial einzelner Spieler ist überragend, als Mannschaft überzeugten die Iberer zuletzt hingegen selten. Gegen die Türkei gab es nach der 1:3-Niederlage Pfiffe der eigenen Fans, schon zuvor leistete man beim torlosen Remis gegen Mazedonien einen Offenbarungseid. Hinzu kommt, dass Portugal in die Todesgruppe gelost wurde und mit zwei Favoriten (Deutschland, Niederlande) konkurrieren muss. Nur, wenn es Ronaldo, Nani und Co. gelingt, auf dem Grün als Einheit aufzutreten, haben sie eine Chance.

9. (10) Dänemark

20 Jahre nach dem größten Erfolg der Verbandsgeschichte strebt Dänemark nach einer Wiederholung des „Wunders von Schweden“ und bekam bereits mit der Auslosung einen heftigen Schlag vor den Bug. Mit den Niederlanden, Deutschland und Portugal stehen drei Mitfavoriten auf den Titel in Gruppe B. Was für die Nordeuropäer spricht, ist genau die Tatsache, dass alle drei Gegner als Favorit und infolge dessen vielleicht etwas zu leichtfertig ins Duell mit ihnen gehen. Wie es „Danish Dynamite“ gegen einen großen Gegner ergehen kann, beweist allerdings im Negativen das 1:3 gegen Brasiliens Olympia-Auswahl. Nur gut, dass rechtzeitig vor der EM mit dem 2:0 über Australien noch einmal Selbstvertrauen getankt werden konnte.

8. (5) England

Frank Lampard - verletzt. Gareth Barry - verletzt. Darren Bent - verletzt. Gary Cahill - verletzt. Kyle Walker - verletzt. Jermain Defoe - aufgrund des Todes seines Vaters vorerst abgereist. Wayne Rooney - zwei Spiele gesperrt. Roy Hogdson ist wahrlich nicht zu beneiden, dennoch darf man die Engländer keinesfalls unterschätzen. Etwas positiver gestimmt ist man auf der Insel aufgrund der errungenen Testspiel-Siege über Belgien und Norwegen (jeweils 1:0). Eine allseits beliebte Floskel trifft in diesem Jahr wohl besonders auf die "Three Lions" zu: Ein guter Start wäre nicht nur für den weiteren Turnierverlauf enorm wichtig, sondern auch für das angeknackste Selbstbewusstsein.

7. (7) Schweden

Eine Außenseiterrolle hat Schweden in steter Regelmäßigkeit bei Großereignissen. Zwar ist vom einstigen „Trio infernale“ um Zlatan Ibrahimovic, Henrik Larsson und Freddy Ljungberg nur noch einer übrig, „Ibracadabra“ allein wird aber zugetraut, die Skandinavier nach dem frühen Ausscheiden 2008 und der verpassten Endrunde 2010 zu ersehnten Erfolgen zu führen. Beide Spiele im Vorfeld der Endrunde gegen Island (3:2) und Serbien (2:1) konnten gewonnen werden, wenngleich sich das „Drei-Kronen-Team“ das Leben selbst schwerer als nötig machte. Um den Milan-Superstar scharen sich gute Mitspieler, die im Kollektiv aus dem Duell Frankreich gegen England in Gruppe D als lachender Dritter hervorgehen könnten.

6. (6) Italien

Nicht nur, dass der Manipulationsskandal immer weitere Kreise zieht und selbst Juventus-Ikone und Einser-Goalie Gianluigi Buffon mit in seinen Sog zog, nun kommt auch noch eine total verpatzte Generalprobe hinzu. Die "Squadra Azzurra" blamierte sich beim 0:3 gegen Russland und manövrierte sich damit prompt zu den großen Verlierern der letzten Wochen. Wer unsere südlichen Nachbarn deshalb vorzeitig abschreibt, begeht jedoch einen schweren Fehler: Italiens Mannschaft hat nicht nur unglaubliche Einzelkämpfer, sondern auch ein starkes Kollektiv. Und wie heißt es bekanntlich: Auf eine verpatzte Generalprobe folgt eine gelungene Premiere.

5. (8)  Russland

Nach zwei Unentschieden in den ersten beiden Testspielen Ende Mai gegen Uruguay (1:1) und Litauen (0:0) folgte ein beeindruckendes 3:0 über EURO-Teilnehmer Italien. „Der Sieg gibt uns viel Selbstvertrauen. Wir sind zuversichtlich, dass wir in der Lage sind, über einen längeren Zeitraum auf einem hohen Niveau zu spielen“ verkündete Regisseur Andrey Arshavin danach. Neben dem spielerisch hochwertigen Mittelfeld um den von Arsenal verliehenen Kapitän, Jungstar Alan Dzagoev und den Doppel-Torschützen gegen die Italiener, Roman Shirokov, hat die „Sbornaja“ vor allem einen großen Vorteil – die Gruppe. Tschechien, Griechenland und Polen könnten – ohne respektlos zu klingen – zur perfekten Aufwärmübung für etwas Großes werden.

4. (3) Niederlande

Nach dem 6:0 über Nordirland strotzt die "Elftal" nur so vor Selbstvertrauen. Arjen Robben und Wesley Sneijder haben öffentlich über das Ziel Titelgewinn gesprochen, Trainer Bert van Marwijk hielt sich dahingehend noch etwas zurück. Lässt man das 1:2 gegen Bulgarien einmal außen vor, steigerten sich die Oranje von Spiel zu Spiel. Was gegen einen Erfolg spricht, ist die Unzufriedenheit hochkarätiger Bankdrücker: Rafael van der Vaart und vor allem Klaas-Jan Huntelaar wollen sich mit ihrer Reservistenrolle nicht arrangieren, das birgt Konfliktpotenzial.

3. (4 Frankreich

Je näher die EM rückt, desto mehr verabschiedet sich der Geheimfavorit von seiner klandestinen Vorsilbe. Frankreich reiht sich unter die heißesten Kandidaten auf einen Triumph im Kiewer Olympiastadion ein. Nach dem 3:2 gegen Island, dem 2:0 über Serbien und zuletzt dem 4:0 über Estland hält die „Equipe Tricolore“ bei nunmehr 21 Spielen in Folge ohne Niederlage. Vor allem die Offensiv-Abteilung um den glänzend aufgelegten Franck Ribery weiß zu glänzen. Vielleicht ist es ausgerechnet der Frust des Bayern-Akteurs nach drei zweiten Plätzen in einer Saison, der das Nationalteam zu alten Höhen führt.

2. (2) Deutschland

Gegen die Schweiz nach einer katastrophalen Abwehrleistung 3:5 verloren, gegen Israel nach einer durchschnittlichen Vorstellung 2:0 gewonnen. Von Glanz und Gloria war bei der DFB-Auswahl zuletzt wenig zu sehen. Vor den letzten Großereignissen war dies jedoch ähnlich, sodass mit Fug und Recht behauptet werden kann: Deutschland ist und bleibt ein Topfavorit auf den Titel. Die Auswahl von Jogi Löw spielt mit den schönsten Fußball, lediglich eine - nicht unwesentliche - Komponente hinderte sie 2006, 2008 oder 2010 am Titelgewinn: Die nötige Siegermentalität in Alles-oder-nichts-Spielen. Kann Löw seinen Mannen diese glaubhaft einbläuen, steht dem ersten Titelgewinn seit 1996 nichts im Wege.

1. (1)  Spanien

Acht Tage Trainingslager im vorarlbergischen Schruns haben dem aufmerksamen Beobachter zwei Dinge vor Augen geführt: Erstens sprühen die spanischen Welt- und Europameister vor Zuversicht und werden nicht müde, ihren immer noch nicht verflogenen Titelhunger zu betonen. Zweitens verfügt der Champion von 2008 über eine Masse an technisch hochwertigen Spielern, dass selbst die Abwesenheit sämtlicher Barca- und Bilbao-Spieler zu kompensieren ist. So wie im letzten Testspiel (1:0 vs. China) stehen auch bei der Endrunde abzüglich Carles Puyol und David Villa alle Stars wieder im Kader. Gelingt es einem aus der Angriffsreihe Mata-Silva-Torres-Llorente-Pedro-Negredo-Navas für „El Guaje“ als Torjäger einzuspringen, kann der Titel eigentlich nur wieder über das spielerisch wohl allen Gegnern überlegene Spanien führen.


Christoph Nister/Christian Eberle