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"Wenn jemand enttäuscht sein kann, dann ich"

Oliver Glasner wollte endlich sprechen.

Exakt drei Wochen nach dem Paukenschlag, als sein fliegender Wechsel als Trainer von der SV Ried zum Erzrivalen LASK publik gemacht wurde, brach der 40-Jährige sein Schweigen.

Bei der Antritts-Pressekonferenz seines neuen Arbeitgebers im Linzer Schloss fiel der neue Coach gar dem LASK-Vorstand Siegmund Gruber ins Wort, um seine Sicht der Dinge endlich darzulegen.

„Ich habe drei Wochen keinen Ton zur ganzen Geschichte gesagt. Das ist mir auch schwer gefallen, weil es viele Halbwahrheiten gab. Es war keine angenehme Situation, keine angenehmen Wochen“, startete die Rieder Spieler-Legende, die von den Fans beim letzten Match in Graz beschimpft wurde. Da saß der Trainer gar nicht mehr auf der Bank, denn Ried hatte ihn zuvor beurlaubt.

„Es gab keinen unterschriebenen Trainer-Vertrag“

„Beim letzten Spiel wurde meiner Familie und mir Gewalt angedroht, meine Mutter hat sich als Hure beschimpfen lassen müssen. Deswegen will ich jetzt Fakten auf den Tisch legen, weil ich keine Lust habe, vor allem Anfeindungen meiner Familie gegenüber zuzulassen.“

Es folgte eine emotionale Brandrede, die LAOLA1 im Wortlaut wiedergibt.

„Fakt ist, es gab und gibt keinen unterschriebenen Trainer-Vertrag von Oliver Glasner in Ried. Aus zwei Gründen: Erstens, weil eine mündlich vereinbarte jährliche Zahlung nicht drinnen gestanden ist. Zweitens, es ist eine mündlich vereinbarte Ausstiegsklausel nicht drinnen gestanden. Deswegen habe ich den Vertrag nie unterschrieben. Wie das besprochen worden ist, ist die Situation dann etwas eskaliert. Das Zweite ist: Im Zuge dieser Gespräche ist mir angedroht worden, sollte ich tatsächlich zum LASK gehen, mich sportlich, medial und politisch in Oberösterreich fertigzumachen, damit ich nachher keinen Job mehr bekomme. Damit war für mich, unabhängig vom LASK, keine weitere Zusammenarbeit mit Ried möglich, und ich habe mich entschieden, meine Trainer-Karriere in Ried zu beenden. Wenn jemand menschlich enttäuscht sein kann, so wie ich es im Nachhinein gelesen habe, dann bin ich es und sonst überhaupt keiner.“

Glasner spielt dabei auf eine LAOLA1-Story an, in dem Manager Stefan Reiter diese Wortwahl tätigte (hier nachzulesen). Der neue LASK-Trainer wollte in weiterer Folge nichts mehr über die SV Ried sagen.

„Es wurden Dinge nicht eingehalten“

Doch es ging dann freilich doch noch etwas weiter.

„Es gibt viele Dinge, die anders gelaufen sind, als wir sie besprochen haben. Wir haben gesagt, wir kommunizieren das nach außen ganz anders, bis ich am Tag nach dem Spiel gegen die Austria das dann habe lesen müssen. Obwohl vereinbart wurde, es gibt eine gemeinsame Aussendung am nächsten Tag. Spieler haben mich nach Mitternacht noch angerufen. Wir hatten eigentlich ausgemacht, dass ich die Mannschaft persönlich informiere. Das war mir ganz wichtig. Das hat nicht stattgefunden. Es hat geheißen, wir geben dazu keine Interviews. Ich habe am Montag den Spielern gesagt, es sei noch keine Abschiedsansprache, weil wir das Spiel gegen Sturm noch professionell über die Bühne bringen wollen. Nach dem Training habe ich erfahren, dass ich mit sofortiger Wirkung beurlaubt werde. Auch das war anders abgemacht. Eine zuvor vereinbarte Grillerei mit der Mannschaft fand danach statt und dann gab es doch eine Abschiedsansprache.“

Der Abend im VIP-Klub

Am Abend zuvor wurde Glasner noch lange im VIP-Klub nach dem 0:2 gegen die Austria gesichtet. „Das macht jeder wie er will“, verteidigt sich Glasner hinsichtlich der Frage, ob es ob der offensichtlich schlechten Stimmung nicht verwunderlich ist, sich dort noch so lange aufzuhalten.

„Ich bin ja auch mit meiner Frau, Ewald Brenner und dessen Frau gesessen. Stefan (Reiter, Anm.) ist dann gekommen und hat mir gesagt, er wird es dir (Georg Leblhuber, Journalist, Kronen Zeitung) jetzt sagen. Ich habe ihm davon abgeraten. Wie ich heimgegangen bin, bist du aus seinem Büro gekommen und eine halbe Stunde später stand es auf krone.at.“

Glasner betonte später noch einmal: „Ich habe die ganze Zeit den Mund gehalten.“ Bis heute.

Die Sache mit der Ablöse

Wer Glasner gedroht hat, ließ der Coach offen. „Haken wir Ried ab“, so der Trainer, der laut Lokalmedien ein Schreiduell mit Rieds Ehrenpräsident Peter Vogl gehabt haben soll.

„Mir war nur wichtig, gewisse Dinge geradezurücken, weil ich etwa auch lesen musste, dass Oliver Glasner Ried vor die Wahl gestellt hätte, entweder sie lassen mich zum LASK gehen oder ich höre total auf. Die Voraussetzungen waren aber andere.“

Jürgen Werner („Oli hat es weh getan, dass von anderer Seite nachgetreten wurde“), der sportliche Berater und Fädenzieher der Linzer, gab weiteren Einblick, auch hinsichtlich der Spekulationen rund um eine Ablösesumme: „Wir wollten das amikal lösen, sonst hätte es nur Verlierer gegeben.“

Da es ja laut Glasner nie einen unterschriebenen Vertrag gab, wäre eine Ablöse eigentlich hinfällig. Wiederum gab es mündliche Vereinbarungen und um sich Prozesse zu ersparen, wurde eine „Good Will“-Zahlung seitens des scheidenden Coaches vereinbart. „Wir alle haben unseren Teil beigetragen“, betont Glasner.

Gruber, der von einer Ablöse abriet, hielt anfangs fest: „Wenn uns Oliver nicht entgegengekommen wäre, hätten wir das nicht stemmen können. Er verdient definitiv weniger als vorher. Vertrag habe ich leider keinen gesehen, weil es ja keinen gegeben hat, nur seinen Lohnzettel.“

Zusatz: „Oliver Glasner hat sich das de facto selbst finanziert. Dass er diese Ablöse quasi selbst stemmt, war eine Idee von Werner und  Glasner, um im Positiven auseinanderzugehen, weil es ja eben keinen Vertrag gegeben hat...“

Und da wurde Gruber von Glasner unterbrochen. Auseinander gingen Ried und Glasner sicher, aber gewiss nicht im Positiven.

Bernhard Kastler