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"Das habe ich in ganz Österreich noch nicht erlebt"

Würdige Abschiede sind nur bedingt die Stärke des SK Sturm Graz.

Was bei den Trainer-Legenden Ivica Osim und Franco Foda einst misslang, glückte beim vielleicht größten und vermutlich beliebtesten Fußballer der Vereinsgeschichte umso besser.

Das Dankeschön der Sturm-Familie an das Urgestein Mario Haas für knapp 20 Jahre Herz und Leidenschaft für die „Blackys“ hätte nur schwer stimmungsvoller sein. Kaum jemand in Liebenau wurde ob des emotionalen Adieus von der Gänsehaut verschont.

„Es war schon die ganze Woche über schwer“

Der Hauptdarsteller des Abends – der 3:1-Sieg der Steirer gegen Wiener Neustadt geriet etwas in den Hintergrund – schon gar nicht.

„Schon als ich reingekommen bin, habe ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten können. Es war die ganze Woche über schon schwer. Egal, mit wem ich gesprochen habe, es war schwer, dass einem bewusst wird, was da eigentlich passiert. Ich glaube, was man heute gesehen hat, wird es in den nächsten Jahren nicht so schnell wieder geben. Es ist eine Sensation, was die Fans aufgeführt haben. Ein großes Dankeschön an alle“, meinte der gerührte 38-Jährige.

Die Bilder nach dem Schlusspfiff werden wohl in die Vereinsgeschichte eingehen. Die Tränen. Die Ehrenrunde. Das pyrotechnisch aufgepeppte Servus. Das Spalier, das die Sturm-Kicker für ihren „Team-Papa“ bildeten.

„In ganz Österreich habe ich so etwas noch nie erlebt“

„Sensationell, ein Top-Abschluss. Es war der Wahnsinn, es gibt nichts Schöneres. In ganz Österreich habe ich so etwas noch nie erlebt. Es war einfach ein Traum. Wenn man es vorher besprochen hätte, wäre es nie so schön geworden. Es war einfach perfekt. Ich hoffe, dass es allen in Erinnerung bleibt und die Jugend sieht, dass man mit harter Arbeit alles erreichen kann“, erklärte Haas stolz.

Während des kompletten Spiels, beginnend mit dem Aufwärmen, feierte die Nordtribüne ihren „Bomber“. Nur zu gerne hätte sich Haas mit seinem allerletzten Bundesliga-Treffer bei seinen Anhängern bedankt.

Zwei Mal war er verdammt nahe dran. Einmal schlug Neustadt-Goalie Jörg Siebenhandl den Ball im letzten Moment weg, einen Heber blockte Manuel Wallner ab.

„Zwei Tausendprozentige! Eine Frechheit!“

Zwei Szenen, auf die Haas auch in den letzten Karriere-Sekunden reagierte, wie ein Goalgetter eben reagiert. „Zwei Tausendprozentige! Und ich habe sie nicht reingehaut. Eine Frechheit!“, schüttelte er den Kopf, „aber es ist halt so, dass der Rhythmus nicht da ist, wenn man weniger spielt.“

Drei Meisterschaften, vier Cupsiege – kurzum alle Titel der schwarz-weißen Vereinsgeschichte. Mario Haas war mittendrin statt nur dabei. Eine Latte, die etwaige Nachfolger erst einmal überspringen müssen.

Ein imposantes Kapitel Grazer Fußball-Geschichte ist unwiderruflich zu Ende geschrieben, eine Lücke bleibt – oder wie auf einem der zahlreichen Transparente zu lesen war:

„Es wäre leichter den Schlossberg zu versetzen, als unseren Mario zu ersetzen.“

Peter Altmann

Weniger spielen ist eine Untertreibung, war der Abschied doch gleichzeitig sein Saison-Debüt und einziger Profieinsatz unter Trainer Peter Hyballa, der sich für die Symbolik entschied, die Nummer 7 in Minute 77 auf das Feld zu schicken.

Die offiziell letzten Karriere-Statistiken von Mario H. laut LAOLA1-Datenbank: Neun Ballkontakte, zwei Torschüsse, 33,3 Prozent gewonnene Zweikämpfe und – selbstverständlich – eine Passquote von 100 Prozent (sechs angekommene Zuspiele, kein Fehlpass).

Nun beginnt für Haas ein neues Leben, oder besser gesagt in zwei Wochen. „Morgen bin ich um 10 Uhr beim Training“, versicherte er, „für mich ist es erst am 16. Dezember nach dem letzten Herbstspiel vorbei.“

Schnittstelle zwischen sportlichem und wirtschaftlichem Bereich

Danach wolle er „abtrainieren, also alle zwei Tage ganz lässig mit Walter Niederkofler laufen gehen.“ Welche vereinsinterne Aufgabe er genau übernehmen wird, soll laut Auskunft des neuen General Managers Gerhard Goldbrich in den kommenden sechs Monaten genau definiert werden:

„Man merkt einfach wie Mario in der Öffentlichkeit auftritt, er ist ein Profi auf diesem Gebiet. Dadurch bieten sich Marketing/Sponsoring in Kombination mit dem Teammanagement an. Ich sehe ihn in der Schnittstelle zwischen dem Sportlichen und Wirtschaftlichen. Ich glaube, unsere Jungs – und wir haben lauter blitzgescheite Buam – können von Mario im öffentlichen Auftritt sehr viel lernen.“

Bislang lernten sie am Feld von ihm, wo er in den vergangenen Jahren einer ganzen Heerschar an nachrückenden Youngsters als Mentor diente.

„Es war eine Bilderbuchkarriere, von der jeder Spieler nur träumen kann. Ich muss wirklich sagen, dass ich überglücklich bin, dass ich davon ein kurzer Teil sein konnte und ein bisschen etwas mit ihm erleben durfte“, meinte etwa Christoph Kröpfl stellvertretend.

„Hoffe, er führt uns zu gleich vielen Titeln wie als Spieler“

Auch Christian Gratzei zog vor seinem langjährigen Weggefährten den Hut: „Ich hatte das Vergnügen, dass ich mit einer kurzen Unterbrechung zehn Jahre mit ihm zusammenspielen durfte. Das war ein würdiger Abschied. Ich kann nur hoffen, dass er uns in seiner neuen Funktion zu gleich vielen Titeln führt wie als Spieler.“