LAOLA1: Haben Sie das Gefühl, dass es bei manchen Vereinen daran scheitert?

Reiter: Teilweise ja. Da muss man auch Überzeugungsarbeit leisten. Egal ob ich 5, 15 oder 50 Millionen zur Verfügung habe, alle meine Ausgaben muss ich da einpacken können. Dann kann ich eben etwas anderes nicht machen und zahle einem Spieler nicht 15.000 Euro sondern nur 10.000. Das ist nicht so schwer. So etwas ist Standard und ich werde es einfordern, dass wir das als Lizenzkriterium haben, auch für Vereine, die schon im Profifußball sind. Daran führt kein Weg vorbei. Denn wir können zum einen das Wetter nicht beeinflussen und zum anderen auch den internationalen Spielplan nicht. Die immer wiederkehrenden Diskussionen hinsichtlich einer Ganzjahresmeisterschaft sind Schwachsinn, weil das nur alle zwei Jahre (in Jahren ohne WM und EM, Anm.) funktioniert. Es wurde in den vergangenen Jahren alles dahingehend durchdacht, alle Möglichkeiten mit Vor- und Nachteilen. Die Ganzjahresmeisterschaft ist mit dem internationalen Spielplan für ein Land wie Österreich unmöglich geworden.

LAOLA1: Wie haben Sie die Hauptversammlung erlebt? Aufbruchsstimmung statt Stillstand?

Reiter: Es ging relativ ruhig zu und von Stillstand kann in der österreichischen Bundesliga keine Rede sein. Da muss man auch einmal relativieren. Wir als Liga stehen international im UEFA-Ranking auf Rang 14, das ist für Österreich mehr, als ein Land wie dieses erhoffen kann. Wir haben zudem viele Spieler exportiert. Wenn die Hälfte dieser in unserer Liga spielen würde, wäre das eine enorme Qualitätssteigerung. Aber das ist seit dem Bosman-Urteil utopisch. Die Fußball-Welt hat sich gedreht und tut das weiter schnell. Wirtschaftlichkeit und TV sind enorme Faktoren geworden. Es ist kein Wunschkonzert. Was etwa den Wettskandal betrifft, muss man einmal abwarten, was da letztlich herauskommt. Es ist ein Kriminalfall, das ist klar. Aber es ist auch keine hausgemachte österreichische Sache und auch keine der Liga. Wir wurden überfallen und sind Opfer. Und das wollen wir ja auch nicht sein. Oft habe ich den Eindruck, dass die Medien die Liga verantwortlich machen, dass es dieses Problem gibt. Das Bewusstsein ist da. Die Liga mag in der Außendarstellung hinsichtlich des Umgangs nicht glücklich gewirkt haben und schien wirklich etwas hilflos. Aber wenn ich noch nie mit so etwas konfrontiert wurde, ist es schwer damit umzugehen. Das ist nicht so einfach. Jeder grübelt, ich auch, wie so etwas passieren kann. Wichtig in diesem Zusammenhang: Wir als Vereine wissen auch nicht mehr als das, was die Staatsanwaltschaft via Medien kommuniziert. Mit mir persönlich wurde noch nie diesbezüglich gesprochen.

LAOLA1: Wie wurde die weitere Vorgehensweise seitens der Liga diesbezüglich vereinbart?

Reiter: Wir haben das selbstverständlich besprochen und haben der Staatsanwaltschaft auch schon unsere Mithilfe angeboten. Da kommt nun auch etwas ins Rollen, die scheinbar nun bereit ist, uns Einsicht in gewisse Unterlagen zu geben. Natürlich nur in solche, bei denen die Ermittlungen schon abgeschlossen sind. Das ist auch verständlich. Ich erwarte mir allerdings auch, dass laufende Ermittlungen nicht öffentlich gemacht werden, wie es teilweise schon passiert ist.

LAOLA1: Zusammengefasst: Es gibt viel zu tun.

Reiter: Das ist nicht von der Hand zu weisen und da muss etwas passieren. Da müssen wir auch sehr wohl Druck ausüben. Ich verstehe etwa bis heute nicht und mir hat es auch keiner schlüssig erklären können, warum wir für die Heim-EM 2008 das alte Happel-Stadion nicht abgerissen und ein modernes hingestellt haben. Das ist das Stadion des Nationalteams. Wir müssen uns dafür in Europa schämen. Ich weiß auch nicht, warum nicht im selben Zug ein zweites Stadion für die beiden Großklubs in Wien gebaut wurde. Ähnlich wie rund um die EM 2012 in Warschau, wo ein neues Nationalstadion gebaut und dazu das von Legia Warschau entsprechend umgebaut wurde. Ich weiß auch nicht, warum man 35 Millionen Euro – was eine unglaubliche Summe Geld ist – hernimmt, und dafür irgendwie das Linzer Stadion saniert. Ich weiß es nicht, ich weiß es einfach nicht. Man bekommt keine gescheiten Antworten darauf und das ist einfach unverständlich. Es wäre ja auch Geld da gewesen. Eines ist klar, es ist traurig und es muss jetzt einmal was passieren, sonst ist irgendwann Schluss. Ich habe zum Beispiel auch in keinem Papier der wahlwerbenden Parteien auch nur einmal das Wort Sport gelesen. Es wird immer wieder von allen Seiten plakativ betont, wie wichtig Sport ist. Von Psychologen, von Medizinern. Und wie sich etwa der Steuerzahler Geld sparen könnte, wenn es ordentliche Sportprogramme gebe. Aber es passiert absolut nichts. Obwohl Fußball ein riesiger Wirtschaftsfaktor ist, es kommt ja auch etwas zurück. Ich nehme das Beispiel Ried gerne her. Wir haben das Stadion für rund zwölf Millionen Euro gebaut und uns die Wertschöpfung vor einiger Zeit angesehen. In zehn Jahren haben wir mit direkten Steuern, die der Verein bezahlt, nach acht Jahren bereits fast alles zurückgezahlt. Ohne die Wertschöpfung, die fast noch einmal das Dreifache ausmacht. Brauereien, Bäcker, etc. zahlen ja dann auch noch einmal Steuern. Es ist alles finanzierbar, es rechnet sich alles. Es muss eben irgendwann einmal mit irgendjemandem beginnen, der die Mittel zur Verfügung stellt. Es lässt sich refinanzieren.

LAOLA1: Was liegt Ihnen noch am Herzen?

Reiter: Über Anstoßzeiten kann man sicherlich diskutieren und muss man auch mit den TV-Partnern. Denn hier wurde sicherlich auch zuletzt auf Druck des einen oder anderen voreilig entschieden. Das darf auch nicht in Stein gemeißelt sein. Man kann ja mit allen reden, ob das so sinnvoll ist. Es muss dabei festgehalten werden, dass wir uns geografisch in einer speziellen Lage finden. Wir haben extreme Sommer und extreme Winter, was neben uns auch die Schweiz und Tschechien betrifft. Da muss man eben auch einmal überlegen, ob man nicht eine zentrale Sommer- und eine zentrale Winter-Anspielzeit macht. Man muss generell in allen Themen etwas offener sein. Es wird viel zu oft zu schnell abgewunken, dass irgendetwas nicht funktioniert. Man muss einfach auch einmal etwas probieren. Etwa mit Stakeholdern sprechen, die damit zu tun haben. Da gehören die Sponsoren und die Medien dazu. Es sollte darüber diskutiert werden, was die und jene Seiten denken und vorab ein wenig gestaltet werden. In Deutschland spielen sie in der zweiten deutschen Liga um 13:30 Uhr. Das wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen und ist heute ein ganz normaler Termin. Warum nicht etwas Ähnliches bei uns? Da muss man sich Gedanken machen und auch einbeziehen, dass sich das Arbeits- und Freizeitverhalten massiv verändert hat. Die Flexibilität der Menschen ist heutzutage nicht zu unterschätzen. Es ist nicht so, dass man heute unbedingt eine fixe Anspielzeit braucht. Kurzum: Man muss für jegliche Diskussion etwas offen sein und nicht von vornherein sagen, es würde nicht gehen. Man muss schauen, was doch möglich ist. Und es gibt genügend Möglichkeiten.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler