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"Letzte Saison habe ich mich nicht wohlgefühlt"

Jonathan Soriano, drei Tore.

Ein Blick auf die – zugegebenermaßen noch wenig aussagekräftige – Torschützenliste lässt den Fußball-Fan schmunzeln.

Der Spanier in Diensten von Red Bull Salzburg hält nach zwei Bundesliga-Spielen bereits bei gleich vielen Treffern wie nach dem ganzen Frühjahr.

Wäre da nicht das immer noch gegenwärtige Champions-League-Drama, man könnte glatt von einem glanzvollen Auftakt sprechen.

Mit seiner Gelb-Roten Karte in Düdelingen und der damit einhergehenden Sperre im Quali-Rückspiel ist der 26-Jährige nicht von aller Scham freizusprechen. „Um in der Meisterschaft zu bestehen, gilt es, den Chip zu ändern. Champions League ist das eine, die Bundesliga das andere“, macht Soriano aber klar, dass es nun einen anderen Fokus für die Salzburger gibt.

Bei LAOLA1 spricht der Stürmer über seine Leidenszeit auf dem Platz und abseits davon, das erfreuliche neue Spielsystem und die Zukunft des Projekts Red Bull.

LAOLA1: Wie beurteilst Du den Start in deine zweite Saison unter neuer Führung bei Red Bull?

Jonathan Soriano: Wir sind zurzeit noch sehr damit beschäftigt, unseren Stil zu finden, einen eigenen Stil, unabhängig davon, wie der Gegner spielt. Wir trainieren erst seit wenigen Wochen gemeinsam und die Mannschaft findet sich langsam. Es ist kein radikaler Wandel, aber es ist ein Wechsel des Spielstils. Letztes Jahr spielten wir wesentlich direkter, dieses Jahr ist es mehr ein Kurzpassspiel, ein, zwei Kontakte. Das ist ein Unterschied und dieser Prozess benötigt etwas Zeit.

LAOLA1: Ein Prozess, der dir gelegen kommt?

Soriano: Ja, das ist näher dem Barca-Stil. Mit den vielen Pässen, den Ball stets am Boden. Im Vergleich zum letzten Jahr, wo wir direkter und mit hohen Pässen agiert haben. Ich bin kein großer Spieler und körperlich nicht so robust.

LAOLA1: Derartige Spielertypen stehen aber in eurem Kader.

Soriano: Für den Stil der letzten Saison war Stefan Maierhofer, ein Spieler von zwei Meter Statur, der richtige Spieler. Dieses Jahr fühle ich mich wohler, weil ich viele gute Pässe bekomme. Es gibt mehr Kombinationen.

LAOLA1: Hat die neue Führung um Trainer Roger Schmidt und Sportdirektor Ralf Rangnick das direkte Gespräch mit dir gesucht, um zu zeigen, dass du eine zentrale Rolle einnimmst?

Soriano: Nein, wir haben in der Gruppe gesprochen. Aber vom ersten Tag ihrer Ankunft war die Spiel-Idee, die sie verfolgen, schon klar.

LAOLA1: Du wirkst im Vergleich zur Vorsaison verändert.

Soriano: Ich bin sehr glücklich, weil es genau das ist, was ich nach meinem Abschied aus Barcelona gesucht habe. Das Spiel im ersten halben Jahr war etwas Anderes. In das aktuelle System passe ich viel besser. Unabhängig von den Toren. Gut, wenn sie kommen, aber wichtiger ist es, schön zu spielen.

Die Zeit unter Moniz war keine einfache

LAOLA1: Unter Ricardo Moniz hast du auch meist nicht als Sturmspitze, wie jetzt, agiert.

Soriano: Ich kann auch hinter den Stürmern spielen, aber da kommen wir zurück zum Thema: Letzte Saison habe ich mich im Spiel nicht wohl gefühlt. Ich habe mir sehr schwer getan, ein bisschen verloren gewirkt. Die Bälle fliegen an dir vorbei und die Moral sinkt, da ist es schwer, gute Leistungen abzuliefern.

LAOLA1: Heißt das, es war ein Fehler des Trainers?

Soriano: Nein, kein Fehler. Jeder Trainer verfolgt einen anderen Stil.

LAOLA1: Aber war es dann ein Fehler, auf eine Verpflichtung von dir zu setzen? Der Trainer wusste ja, wie du spielst.

Soriano: In diesem Sinne würde ich ja sagen, weil ich dieses Spiel nicht gewohnt bin. Als ich von Barca verpflichtet wurde, wussten sie, wie ich spiele. Meine Art Fußball zu spielen, entspricht nicht dem, was wir letztes Jahr gezeigt haben. Ich musste noch nie in so viele defensive Zweikämpfe gehen. Das ist ein anderer Fußball. Ob ich spiele oder nicht, ist Entscheidung des Trainers. Aber mein Stil ist der jetzige.

LAOLA1: Die großen Veränderungen, die von der sportlichen Führung angekündigt wurden, sind also für die Spieler deutlich spürbar?

Soriano: Die Trainingseinheiten haben sich verändert, meiner Meinung nach sogar sehr. Es gibt mehr Übungen mit dem Ball, mehr Spielzüge. Das Training ist kürzer, aber intensiver. Letztes Jahr haben wir oft zwei, zweieinhalb Stunden trainiert. Du gehst dann nach Hause und bist müde, weil du zweieinhalb Stunden auf dem Platz gestanden bist, aber nicht, weil du wichtige Sachen gemacht hast. Nun trainieren wir eineinhalb Stunden und danach bist du müde vom Schießen, von den internen Matches. Sachen, die du danach in den Liga-Spielen in die Tat umsetzen kannst. Da geht man nach den Einheiten zufriedener nach Hause.

LAOLA1: Sind deine ersten drei Tore in dieser Saison schon Früchte dieses verbesserten Trainings?

Soriano: Ich würde sagen, sie sind Früchte des veränderten Spielstils. Wir haben gut gespielt, haben viele Möglichkeiten kreiert. Nun haben wir viele Torchancen aus dem Spiel heraus und nicht etwa durch Weitschüsse oder Standards. Tore nach Kombinationen sind sowohl für die Spieler am Platz als auch für die Zuschauer schöner.

LAOLA1: Transfers sind zu Beginn der Saison immer ein großes Thema, vor allem bei Red Bull. Siehst Du auf gewissen Positionen noch Bedarf?

Soriano: Verletzungen sind ärgerlich. Dusan (Svento, Anm.) ist ein sehr wichtiger Spieler für uns und fällt sehr lange aus. Deshalb ist es verständlich, dass Verstärkungen kommen. Aber ich bin nicht derjenige, der zu entscheiden hat, ob man neue Spieler verpflichten soll, oder nicht. Die Klub-Verantwortlichen sind weise genug, um Red Bull Salzburg zum erhofft großen Klub zu machen, der in der Champions League spielt. Wer auch immer kommt, ist sicherlich ein guter Spieler und wird dem Verein weiterhelfen.

LAOLA1: Wie sieht es mit der Eingewöhnung nach einem halben Jahr aus. Lernst du Deutsch?

Soriano: Nur ein bisschen. Im Frühjahr hatte ich nach meiner Ankunft kaum Zeit, da ich mich um den Umzug mit der Familie kümmern musste. Es galt, einen Hort für die Kinder finden. Diese Saison ist alles im Reinen. Da kann ich mich auch mit mehr Ernsthaftigkeit darum kümmern.

LAOLA1: Also dein Ziel ist es, langfristig hier in Salzburg zu bleiben?

Soriano: Ich habe noch drei Jahre Vertrag. Darüberhinaus gefällt mir das Projekt, das ich erkenne, sehr.

LAOLA1: Nach einem mittelprächtigen ersten Halbjahr und dem erfolgreichen Liga-Start kann man deinen endgültigen Durchbruch in dieser Saison erwarten?

Soriano: Ich habe selbst gewusst, dass das erste halbe Jahr in einem anderen Land mit anderer Sprache schwer wird. Meiner Frau ging es schlecht, meinen Kindern ging es schlecht, mir ging es schlecht. Deshalb habe ich mich auch schon im Winter für den Wechsel entschieden. Wir haben gesagt, wir gehen jetzt und geben uns ein halbes Jahr Zeit für die Anpassung. Dann beginne ich die Vorbereitung zur neuen Saison bei Null, kenne den Verein, die Mitspieler und sie mich.

LAOLA1: Du kennst die Mannschaft, also abschließend noch eine Frage an dich als „Talente-Scout“, der bei Barca schon mit hervorragenden Fußballern zusammengearbeitet hat. Erkennst du auch bei den Jungen in Salzburg, Savic, Lazaro oder Martschinko, Potential?

Soriano: Savic gefällt mir sehr, auch Tino. Martschinko trainiert noch wenig mit uns, hinterlässt dabei aber einen guten Eindruck. Ich sehe sie auf einem guten Weg, in Zukunft bei Salzburg – und danach auch im Ausland – zu triumphieren.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch!


Das Interview führte Christian Eberle