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"In Neustadt gab es nie engen Kontakt zum Fußball"

„Ich vergebe gerne Spitznamen“, lacht Andreas Schicker.

Und nicht unbedingt naheliegende, wie es das Beispiel Thomas Reifeltshammer zeigt. Der Rieder Abwehrchef wird „Didi“ gerufen, der Benannte selbst kennt den Grund dafür nicht.

Schicker auch nicht wirklich. Der 26-Jährige mutmaßt im Gespräch mit LAOLA1, dass es mit seinem früheren Mitspieler Didi Berchtold zusammenhängt. Aus seiner ersten Zeit bei der SV Ried.

Damals kam der Linksverteidiger als 18-Jähriger von der Austria nach Oberösterreich und blieb zwei Jahre. In dieser Zeit wurde auch Schicker kaum Andreas oder Andi gerufen, sondern Hansi Hinterseer.

„Das haben glücklicherweise viele vergessen“, erzählt Schicker, der auf einer Weihnachtsfeier als ebendieser auftrat und offenkundig damit einen Eindruck hinterließ.

Mittlerweile tritt der Steirer als Bundesliga-Stammspieler auf. Mit 17 Jahren debütierte Schicker für die Austria, seither hält der von Wiener Neustadt gekommene Linksfuß bei 109 BL-Partien.

Vor dem Duell mit seinem Ex-Klub, für die Admira spielte der Blondschopf von 2008 bis 2010, spricht Schicker im Interview über die Rückkehr nach Ried und die Probleme in Wiener Neustadt.

LAOLA1: Ist ein verlorener Sohn nach Ried zurückgekehrt?

Andreas Schicker: Hier geht es sehr familiär zu, das habe ich gewusst und das hat auch den Ausschlag gegeben. Ich fühle mich hier wohl. Noch dazu ist die Mannschaft sehr gut, Europa League spielen wir auch. Ich freue mich riesig, hier zu sein.

LAOLA1: Wie lange hast du überlegen müssen?

Schicker: Mein Manager hat sich im Laufe des Frühjahrs umgehört, es hat auch einen anderen Kontakt gegeben, aber mit Ried ist es relativ schnell gegangen. Ich habe mich dann mit Manager Stefan Reiter in Wien getroffen und dann war es für mich bereits klar.

LAOLA1: Wie hat sich Ried in den vergangenen Jahren verändert?

Schicker: Damals waren wir in die Bundesliga aufgestiegen und der kleine Dorfverein. Es wurde immer gesagt, in der und der Saison werden sie sich schwer tun und sie haben es jedes Jahr allen immer wieder gezeigt. Ried ist mittlerweile ein Spitzenklub in Österreich.

LAOLA1: Der Kader scheint qualitativ gut bestückt, was ist für euch heuer in der Bundesliga drin?

Schicker: Ich glaube, wir werden den Druck wieder bei den anderen Klubs lassen. Bei Ried hat das immer gut geklappt, sodass wir überraschen können. Das werden wir auch heuer wieder so machen, dann schauen wir, was herauskommt. Wir werden aber sicher versuchen, dass wir vorne mitspielen.

LAOLA1: Inwiefern unterscheidet sich das Umfeld Wiener Neustadts von jenem der SV Ried?

Schicker: In Wiener Neustadt ist es nie gelungen, mit der Stadt einen engen Kontakt zu schließen wie hier in Ried. Neustadt ist um das Fünffache größer und man weiß eh, wieviele Zuschauer gekommen sind. Ried ist eine kleine Stadt, hier merkt man aber auch an den Menschen, dass sie sich mit Fußball auseinandersetzen. Ried ist Fußball.

LAOLA1: Ist Wiener Neustadt ein Projekt mit Ablaufdatum?

Schicker: Es ist sicher schwierig. Es hat immer von Frank Stronach gelebt, das ist komplett vorbei. Der Verein versucht viel, aber in dieser Gegend ist es schwierig. Die Nähe zu Wien ist gegeben und es gibt einfach mehr Rapid- und Austria-Fans.

LAOLA1: Dein ehemaliger Klub gilt als Abstiegskandidat Nummer eins, zurecht?

Schicker: Als ich weggegangen bin, habe ich wirklich gedacht, dass es sehr schwierig wird. Sie haben aber sehr viele Spieler geholt, vor allem aus der Ersten Liga und da auch relativ die besten. Wenn die Mannschaft zusammenwächst, ist schon wieder etwas möglich. Es wird aber definitiv schwieriger als vergangene Saison. Fixabsteiger kann man aber jetzt nicht sagen.

LAOLA1: Peter Schöttel verließ Neustadt Richtung Rapid, Peter Stöger gen Austria. Gutes Pflaster?

Schicker: Beide haben immer gesagt, wir sollen hier unsere Chance nützen. Wiener Neustadt sieht sich als Ausbildungsverein. Und es war für jeden Trainer ein gutes Pflaster und auch für viele Spieler. Jene, die Leistungsträger waren, sind nun bei sehr guten Vereinen untergekommen.

LAOLA1: Wie siehst du deinen Transfer in der Perspektive?

Schicker: Es ist sicherlich ein Schritt nach vorne, ich will hier einmal Stammspieler sein und dann schauen wir weiter. Ich habe für zwei Jahre unterschrieben, wenn es hier gut funktioniert, kann ich mir auch vorstellen, länger zu bleiben. Wenn sich etwas anderes ergibt, bin ich auch nicht abgeneigt, etwas anderes zu machen. Aber es gefällt mir hier schon sehr gut.

LAOLA1: Ried und das 3-3-3-1-System – das funktioniert seit Jahren. Warum?

Schicker: Ich habe als Gegner dieses System gehasst. Mit dem 3-3-3-1 versucht man, über die Seiten Überzahl zu schaffen und das war für mich als Gegenspieler nicht immer lustig. Ich glaube, ich habe auch nicht viel gewonnen gegen Ried. In der Vorbereitung haben wir mehrere Systeme probiert, aber es wird sich nicht großartig etwas verändern, weil es so in der Vergangenheit funktioniert hat. Wir werden aber auf Knopfdruck mehrere Systeme spielen können.

LAOLA1: Lieber klassischer Außenverteidiger oder im 3-3-3-1 in der zweiten Kette?

Schicker: Ich denke schon, dass mir Zweiteres liegt, weil ich hinten immer eine Absicherung hätte und mich so nach vorne einschalten kann. Ich habe sicherlich ein paar andere Laufwege einstudieren müssen, aber das kommt einfach mit der Praxis im Training und im Spiel. Es liegt mir beides. Und in Ried sind immer wieder gute linke Verteidiger mit diesem System herausgekommen.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler