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"Wüsste nicht, was mich überfordern sollte"

Er ist die logische Lösung.

Michael Angerschmid ist neuer Cheftrainer der SV Ried. Eine Bestellung mit Ansage.

Der 38-Jährige kam mit acht Lenzen zum Klub, spielte über 400 Profi-Spiele und 279 Bundesliga-Partien für die Oberösterreicher und war seit 2007 Trainer der Amateure. Zudem gehörte der Innviertler seit Beginn der Ära Gludovatz 2008 zum Betreuer-Team der Profimannschaft.

„Die Grundvoraussetzung ist perfekt“, ist sich der Nachfolger des im November entlassenen Heinz Fuchsbichler sicher. Kein Wunder, waren doch die Rieder Leistungen seit Ende des gescheiterten Projekts ansprechend. Zudem haben sich die Spieler etwa nach dem 3:0 bei der Admira dafür ausgeprochen.

Nämlich für die Lösung mit Angerschmid und Gerhard Schweitzer. Letzterer rückt wie gewünscht von der Rolle als interimistischer Chefcoach zurück in jene des Co-Trainers. Wer Angerschmid als Coach der Amateure sowie Co-Trainer der Profis beerben wird, ist noch offen. „Das ist bei uns ein wichtiger Posten, handelt es sich doch auch um eine wichtige Schnittschnelle“, so Angerschmid.

Wie der neue Chef die Bestellung beschreibt, warum es kein Autoritätsproblem wie bei Fuchsbichler geben wird und was ihn sauer macht – LAOLA1 im Interview mit dem neuen Trainer der SV Ried.

LAOLA1: Du warst Spieler der SV Ried, Amateur-Trainer und „Co“ bei den Profis. Wie fühlt es sich an, nun Chefcoach zu sein?

Michael Angerschmid: Es ist natürlich sehr schön, es ist wie Weihnachten und Ostern zusammen. Ich bin seit einer Ewigkeit bei diesem Verein, habe dort meine Karriere begonnen und war immer bei diesem Klub. Nun dort Cheftrainer zu sein, das ist eine super Geschichte für mich.

LAOLA1: Ist ein weiterer Traum in Erfüllung gegangen?

Angerschmid: Ja, natürlich. Ich bin seit 30 Jahren im Verein, da steckt natürlich sehr viel Herzblut drin. Ich kenne die Strukturen, bin mit dem Verein durch dick und dünn gegangen. Es ist keine einfache Aufgabe, aber sicherlich eine schöne Herausforderung. Wenn du Trainer in der Bundesliga bist, dann ist immer Druck dabei. Das war aber auch als Spieler so. Man lernt damit umzugehen. An vorderster Front ist es freilich etwas anders, als in der zweiten Reihe. Aber ich stelle mich dieser Herausforderung. Zumal wir mit Gerhard Schweitzer als „Co“ und dem gesamten Trainerteam sehr gut aufgestellt sind.

LAOLA1: Inwieweit wurdest du auf diesen Posten eigentlich jahrelang vorbereitet?

Angerschmid: So etwas zu planen, ist ganz schwierig. Besonders im Fußball, der so schnelllebig ist. Es war seitens des Vereins immer Vertrauen in meine Person da, das habe ich auch durch gute Arbeit gerechtfertigt. In Wahrheit ergibt dann das eine das andere. Stefan Reiter (Manager, Anm.) hat in letzter Zeit immer wieder betont, dass bei Personalentscheidungen zuerst in den eigenen Reihen gesucht wird. Ich denke, von der Grundvoraussetzung ist es perfekt: Ich kenne die Strukturen, die Philosophie. Das wird auch mit den Ausschlag gegeben haben. Sechs Jahre Amateur-Trainer zu sein und gute Arbeit zu verrichten - da hat man in Ried eben die Möglichkeit, dass der Weg weiter nach oben geht. Es war aber nie so, dass mir jemand gesagt hat, ich werde für diesen Posten aufgebaut.

LAOLA1: Wie passend ist der Zeitpunkt?

Angerschmid: Ich finde ihn sehr passend, weil sehr viele aus der Mannschaft dabei sind, mit denen ich schon bei den Amateuren gearbeitet habe. Ich denke, es wird auch für den Verein die perfekte Lösung sein. Wenn die Arbeit passt, das Vertrauen seitens der Spieler zu den Trainern da ist, dann ist das eine logische Folge.

LAOLA1: Warst du vor Fuchsbichler schon Thema?

Angerschmid: Nein. Im Sommer habe ich einmal mit Reiter ein Gespräch gehabt, aber das war jetzt weniger konkret über diesen Posten. Wie gesagt, man kann so etwas nicht planen. Im Sommer habe ich ihm zwar schon gesagt, dass ich übernehmen könnte, wenn es so weit wäre, aber damals war das eben nicht so. Jetzt schon und nun wollen wir das Bestmögliche daraus machen.

LAOLA1: Wann hat man sich endgültig entschieden?

Angerschmid: Meine Entscheidung habe ich vergangene Woche bei unserem zweiten Gespräch mitgeteilt. Er (Reiter) hat gesagt, es ist noch nicht entschieden. Am Sonntagvormittag hat er uns dann informiert, es ist also nicht so, dass ich das schon seit drei Wochen weiß.

LAOLA1: Du bist mit 38 Jahren nach Hyballa der zweitjüngste Trainer der Liga. Ist fehlende Erfahrung als Profi-Trainer aufgrund dieser besonderen Konstellation in Ried gar nicht so schlimm?

Angerschmid: Ich sehe das auch nicht als großes Problem. Wann ist der richtige Zeitpunkt? Der Eine ist mit 45 so weit, der Andere mit 38 und wieder ein Anderer mit 35. Das kann man im Vorhinein sowieso nie sagen. Es war für mich nur der Wunsch da, dass der Schweitzer Gerhard im Team bleibt, weil ich nicht freiwillig auf so viel Qualität verzichte. Ich habe mit ihm sein sehr gutes Verhältnis, unser fußballerisches Denken geht in dieselbe Richtung. Es ist eben nur so, dass ich jetzt die letzten Entscheidungen treffen werde, wenn man einmal nicht derselben Meinung sein sollte. Unsere Arbeit als Team gibt es schon länger und ich sehe da nicht wirklich ein Problem wegen mangelnder Erfahrung. Ich arbeite seit sechs Jahren selbstständig als Amateur-Trainer, natürlich ist Bundesliga etwas anderes. Aber da war ich auch involviert und habe auch als Spieler viel gesehen. Ich wüsste jetzt nicht, was kommen könnte, dass mich überfordert.

LAOLA1: Offenkundig hatte dein Vorgänger Heinz Fuchsbichler gegenüber Schweitzer ein Autoritätsproblem. Das hast du wohl nicht.

Angerschmid: Wir kennen uns seit 2000, ich habe viel Respekt vor seiner Arbeit und ich denke, umgekehrt ist es nicht anders. Ich bin sicher nicht der Trainer, der sich neun Mal in der Woche hinstellt und sagt, das und das Training wird nun abgehalten. Das wird mit dem Trainer-Team abgestimmt, dann gibt es Planungen, wer was macht. Ich sehe auch hier kein Problem, zumal ich denke, dass er diese Lösung auch unterstützt hat. Wir haben das schon vergangene Saison nach dem Abgang von Paul Gludovatz gemacht, nun wieder. Es funktioniert, da greift ein Rad ins andere. Ich weiß, wie er den Fußball sieht, er, wie ich es tue. Das heißt aber nicht, dass wir immer einer Meinung sind. Dafür gibt es dann konstruktive Gespräche, dann schauen wir, eine gemeinsame Lösung zu finden. Wenn es diese nicht gibt, muss der Cheftrainer entscheiden. Denn der muss auch den Kopf am Ende hinhalten.

LAOLA1: Wie tickt der Trainer Michael Angerschmid?

Angerschmid: Ich bin sehr ehrgeizig und sehr zielstrebig. Wenn ich mir etwas in den Kopf gesetzt habe, dann will ich das auch durchziehen. Wenn ein Spieler glaubt, er muss von der Richtung abweichen, oder er sich nicht integrieren will, dann werde ich schnell sauer. Ich bin aber eigentlich sehr umgänglich, jeder kann mit jedem Problem zu mir kommen. Das habe ich in sechs Jahren als Amateur-Coach gelernt, dass es auch sehr viele Probleme abseits des Feldes gibt, die es zu lösen gilt. Wenn mir aber etwas gegen den Strich geht, dann fährt die Eisenbahn drüber. Damit bin ich immer gut gefahren und das ist der Weg, den ich gehen will. Wenn alles passt, kann man sehr leicht mit mir auskommen.

LAOLA1: Wird Taktik überbewertet oder nicht?

Angerschmid: Ich sage es so: Für mich ist das System und alles, was damit zusammenhängt, sehr wohl wichtig, aber es ist nicht das Wichtigste. Wenn ich ein System spiele, dann muss es funktionieren. Das tut es nur, wenn ich das ordentlich trainiere und herausarbeite. Für mich ist die Vorbereitung unter der Woche das Wichtigste für das Spiel am Wochenende. Natürlich gehört dann auch eine gewisse Qualität und Aggressivität am Platz dazu. Und die haben wir aktuell.

LAOLA1: Hast du als Rieder Urgestein irgendwo Angst, es könnte nicht so laufen wie gewünscht?

Angerschmid: Ich beschäftige mich nicht damit, was sein könnte. Das mache ich, wenn es so weit ist. Ich bin einer, der positiv denkt und nach vorne schaut. Ich will einfach das Bestmögliche erreichen. Keiner kann sagen, wie es in einem halben Jahr aussieht. Ich bin aber guter Dinge, denn diese Mannschaft hat ein sehr gutes Potenzial und da ist noch mehr Luft nach oben.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler