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"Rangnick sagt, den 'Langen' lassen wir nicht spielen"

Das Kapitel Red Bull Salzburg ist beendet, Stefan Maierhofer bleibt vorerst nur die Flucht in den Galgenhumor.

„Ich bin daheim und genieße, dass ich arbeitslos bin“, grinst der 30-Jährige. Freilich nur ein flotter Spruch. Denn von Genuss kann man angesichts der Herbst-Saison in der Mozartstadt kaum sprechen.

Der Torschützenkönig der Vorsaison spielte in den Planungen von Sportdirektor Ralf Rangnick und Trainer Roger Schmidt keine Rolle, absolvierte nur einen Einsatz von Anfang an. Selbst die Besiegelung des Abschieds wurde laut Maierhofer an Sportkoordinator Christoph Freund delegiert, Rangnick habe nicht mehr den Kontakt zu ihm gesucht.

„Das letzte halbe Jahr war unterste Schublade, was das Menschliche betrifft“, findet der 2,02-Meter-Riese deutliche Worte, was er von der im Sommer neu installierten sportlichen Führung hält.

Als voreilig bezeichnet er die Medienberichte, wonach seine sportliche Reise beim 1. FC Köln weitergehe. Wenngleich es gute Gespräche mit Trainer Holger Stanislawski gegeben habe, sei der Wechsel noch nicht fix.

Im LAOLA1-Interview erzählt er, was ihn mit dem Coach der „Geißböcke“ verbindet, nimmt zu den Problemen in Salzburg Stellung und kritisiert die Infrastruktur in der Bundesliga heftig.

LAOLA1: Stefan, wie geht es nach deinem Abschied aus Salzburg weiter? Es wird kolportiert, dass du beim 1. FC Köln landen wirst.

Stefan Maierhofer: Was gerade in den Medien kursiert, ist zum Teil richtig, zum anderen Teil auch wieder nicht: Ich habe noch nirgends unterschrieben. Ich bin daheim und genieße, erstmals seit langem, dass ich arbeitslos bin.

LAOLA1: Wie viel ist an den Meldungen bezüglich Köln denn dran?

Maierhofer: Ich habe gute Gespräche mit Trainer Holger Stanislawksi geführt, aber es ist noch nichts fix. Deswegen wundert es mich auch, dass es in den Zeitungen und auf diversen Internet-Plattformen so steht. Wenn ich irgendwo unterschrieben habe, kommt von mir auch eine Presseaussendung, wo ich sage, wie es ausschaut. Aber momentan kann ich es noch nicht bestätigen, da es nicht fix ist.

LAOLA1: Wie ging der Abschied aus Salzburg vonstatten?

Maierhofer: Ich habe meinen Vertrag am Montag aufgelöst, im Prinzip auf Drängen des Vereins. Ich habe mir da nichts vorzuwerfen, habe mehr oder weniger das bekommen, was mir zusteht. Das wollte ich haben. Ich glaube, jetzt sitzt der Roger in seinem Kammerl und freut sich, dass ich endlich weg bin. Jetzt können sie vielleicht noch einen neuen Stürmer verpflichten. Rangnick hat mich noch nicht einmal angerufen und sich persönlich verabschiedet. Der hat mich kein einziges Mal kontaktiert, das hat immer nur Christoph Freund gemacht. Dennoch: Ich hatte ein supertolles erstes Jahr in Salzburg, habe alles erreicht, alles gewonnen.

Maierhofer und Trainer Schmidt werden vermutlich keine engen Freunde mehr

LAOLA1: Das heißt, das sportliche Niveau wäre in Österreich deiner Meinung nach nicht so schlecht?

Maierhofer: Die Qualität ist in Österreich vorhanden, die darf man uns nicht immer absprechen. Wir haben keinen schlechten Fußball. Wir müssen uns steigern, was die Liga betrifft. Ich denke, das weiß jeder. Es ist eben ein anderer Fußball, wenn du in einem Stadion vor 30.000 oder 40.000 Zuschauern spielst. Da kommt das einfach anders rüber, es wird natürlich auch jeder einzelne besser und stärker, kann mehr aus seinen Möglichkeiten rausholen. Wenn die Ränge voll sind, kannst du als Spieler noch mehr die Prozente rauskitzeln. Obwohl es niemand absichtlich macht, aber wenn du in Wiener Neustadt spielst, ist es schwer, deine 100 Prozent abzurufen.

LAOLA1: Wie groß ist die Sehnsucht nach einer Rückkehr nach Deutschand?

Maierhofer: Diese Sehnsucht ist auf alle Fälle da. Ich habe meine Karriere in Deutschland begonnen, der Fußball wird dort ganz anders gelebt. Als ich nach Salzburg gekommen bin, waren die Voraussetzungen ganz andere. Ich habe einen Zweijahresvertrag bekommen, aber es sind ganz andere Gespräche geführt worden, was man machen könnte. Ich bin ja kein Abzocker. Ich habe in England gut verdient – ja, Salzburg hat Ablöse für mich bezahlt, aber ich habe in Salzburg im Vergleich zu dem, was ich in England bekommen hätte, auf Geld verzichtet, nur damit ich international spiele und Titel hole. Das ist mir im ersten Jahr perfekt gelungen. Dass die Situation im Verein jetzt so ist, wieder eine neue Vereinsführung installiert wird, wieder eine neue Philosophie entsteht und andere Sachen geplant werden, ist ganz extrem! Deswegen würde ich mich freuen, wenn es wieder nach Deutschland geht.

LAOLA1: Du warst letzte Saison noch Torschützenkönig. Wieso kam es zum Bruch?

Maierhofer: Es wissen alle, was im Sommer bei mir familiär passiert ist. Dann kommen sie Ende August fünf Tage vor Transferschluss zu mir und sagen, ich kann den Verein verlassen. Da sage ich danke, aber fünf Tage vor Transferschluss ist nicht die feine Art. Das System, ihre Pläne, die Altersfrage – das haben sie zwei Monate vorher nicht gewusst? Als Oliver Glasner noch Sportdirektor war, hat er gesagt, ich darf Salzburg nicht verlassen. Da hätte ich Angebote aus Deutschland gehabt. Gut, ich bin geblieben, aber verlängern wollten sie meinen Vertrag auch nicht. Es war schon alles sehr dubios. Aber wurscht, aus diesen Sachen lernt man auch wieder. Mir kann die Titel, die ich in Salzburg im ersten Jahr erreicht habe, keiner nehmen. Das letzte halbe Jahr war unterste Schublade, was das Menschliche betrifft. Aber das kann ich nur auf diese drei Personen reduzieren, die den Betreuerstab bilden und diese Entscheidungen treffen, nicht auf den Verein und Red Bull an sich.

LAOLA1: Man kann sportlich unterschiedlicher Meinung sein, hätte es aber menschlich korrekt über die Bühne bringen müssen – bringt das deinen Vorwurf auf den Punkt?

Maierhofer: Das muss mir mal einer erklären: Wir spielen zu Hause gegen die Austria, haben fünf Punkte Rückstand, es steht 0:0, es ist die 75. Minute, und er hat einen Spieler wie mich auf der Bank – von mir aus soll er mich auch erst in der 85. Minute bringen, aber er hat mich ja aus Protest nicht spielen lassen. Denn er wusste, wenn ich reinkomme und mein Tor mache, fehlen ihm irgendwann einmal die Argumente, warum ich nicht spiele. Warum? Weil Rangnick sagt, den „Langen“ lassen wir nicht spielen. Aber ich werde irgendwann zu gegebener Zeit die richtigen Worte dazu finden.

LAOLA1: War die Abneigung Rangnicks sportlich oder menschlich begründet?

Maierhofer: Sie haben ihr System, und in dieses System habe ich nicht reingepasst. Sie setzen auf schnelle, quirlige, junge Spieler. Das ist schön und gut, damit habe ich auch kein Problem, wenn er mir rechtzeitig sagt, wie es ausschaut. Aber wie gesagt: Im August fünf Tage vor Transferschluss herzukommen und zu sagen: „Du, wäre gut, wenn du den Verein verlässt“, ist zu spät. Zwei Monate vorher war die Chance, einen Verein zu finden, viel besser, weil mein Marktwert dementsprechend höher war. Natürlich ist die Aktie jetzt gefallen, aber ich werde schauen, dass ich aus meiner Aktie wieder Kapital heraushole und ihnen zeige, welche Qualitäten ich habe. Ich hoffe, ich kann das in Deutschland dementsprechend umsetzen.

LAOLA1: In Deutschland steht deine Aktie höher im Kurs. Du wurdest in den vergangenen Wochen auch mit Fürth, Augsburg und deinem Ex-Klub Duisburg in Verbindung gebracht. Inwiefern ist dein Standing in Deutschland ungebrochen hoch?

Maierhofer: Ganz einfach, die Leute dort haben mehr Ahnung als bei uns in Österreich. Bei uns weiß ja jeder alles, wir haben acht Millionen Teamchefs. Wenn wir so tolle und fachkompetente Kräfte hätten, bräuchten wir keinen Schweizer als Teamchef.

LAOLA1: Eine klare Kritik an der Fußball-Szene in Österreich…

Maierhofer: Der Stellenwert ist in Österreich allgemein niedriger. Es spricht ja für sich, wenn bei uns beim letzten Heimspiel 3000 Zuschauer ins Stadion kommen. Fährst du nach Mattersburg, sind es 3000 Zuschauer, in Wiener Neustadt 1500. Das ist ja ein Wahnsinn! Du siehst ja bei Rapid ebenfalls einen Rückschritt, die hatten beim letzten Heimspiel auch nur 12.000 Zuschauer. Das hat natürlich mit der Infrastruktur in den Stadien zu tun. Wenn es überall reinbläst, setze ich mich mit einem zehnjährigen Kind auch nicht bei Minusgraden auf die Tribüne. In Deutschland bist du in richtigen Arenen, kriegst überall etwas Leckeres zum Essen und siehst auch besseren Fußball. Wobei der Fußball oft nicht besser ist, es geht ja nur ums Drumherum vor 40.000 oder 50.000 Zuschauern.

LAOLA1: Wie verliefen die Gespräche mit Köln-Trainer Stanislawski? Er gilt ja auch als sehr emotionaler Typ.

Maierhofer: Er ist mit viel Demut dabei, das verbindet uns. Er hat genauso wie ich nicht die Akademie abgeschlossen und mit 18 seinen ersten Profivertrag unterschrieben, sondern hat wie ich den normalen Arbeitsweg gewählt. Er war Masseur und hat von 7 Uhr in der Früh bis 19 Uhr am Abend Leute massiert. Dann ist vielleicht noch ein Bauhackler reingekommen, ihm haben schon die Hände wehgetan, und der Bauhackler sagt vielleicht noch, er soll ruhig ein bisschen fester massieren. Er weiß einfach, was normale Arbeit mit sich bringt, und was du da jeden Tag leisten musst. Das hat er mir in seiner Geschichte erzählt, und er kennt auch meine Geschichte, dass ich bis zu meinem 23. Lebensjahr im Gastgewerbe tätig war. Er hat gemeint, dass er diese Demut herausgehört hat, als ich ihm erklärt habe, wie ich zum Fußball stehe, was ich schon erlebt habe und was ich gerne noch erleben möchte. Wir haben ein super Gespräch geführt. Deshalb wäre es absolut traumhaft, weil es ein richtig guter Klub ist, und die Philosophie, die er vorlebt, absolut top wäre. Aber wie gesagt: Wir müssen noch Gespräche führen. Dann schauen wir, was passiert.

LAOLA1: Welchen Zeitrahmen setzt du dir, bis du deine Zukunft endgültig geklärt haben möchtest? Die Vorbereitung läuft immerhin schon…

Maierhofer: Das ist richtig, ich bin auch jeden Tag am Laufen und Trainieren. Ich habe mich dementsprechend fit gehalten, damit ich körperlich in einem Top-Zustand bin, falls ich zu einem anderen Klub wechseln sollte oder in Salzburg geblieben wäre. Dass ich körperlich nicht einsatzfähig bin, kann mir nie irgendjemand vorwerfen. Ich werde weiter mein Standardprogramm absolvieren. Natürlich ist es etwas anderes, wenn ich am Platz stehe und mit dem Ball etwas mache, aber das kommt zur rechten Zeit wieder…

Das Gespräch führte Peter Altmann


Am Dienstagabend reagierte Red Bull Salzburg auf die Aussagen von Stefan Maierhofer. Die Presseaussendung im Wortlaut:


"Im Zusammenhang mit einem Interview von Stefan Maierhofer auf LAOLA1.at nimmt Red Bull Salzburg wie folgt Stellung:

Wir sind verwundert und überrascht über die unkorrekten Aussagen von Stefan Maierhofer, vor allem aufgrund der guten Gespräche, die mit ihm geführt wurden. Am Montag erfolgte nun eine einvernehmliche Lösung, bei der wir dem Spieler sehr entgegengekommen sind. Voraussetzung dafür waren selbstverständlich persönliche Gespräche mit den Entscheidungsträgern. Wir wünschen Stefan Maierhofer dennoch alles Gute und viel Erfolg für seine sportliche und persönliche Zukunft."