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Fuchsbichler: "Muss nicht immer den Chef rauskehren"

Fuchsbichler:

Die Haare sind kürzer geworden, die Haut ist etwas braungebrannter – Heinz Fuchsbichler hat sich seit der Zeit in Altach verändert.

Kein Wunder, seine letzte Bundesliga-Station liegt vier Jahre zurück.

Wenn sich Salzburg nicht für Roger Schmidt entschieden hätte, der 44-Jährige wäre die Überraschung der Bundesliga-Sommerpause gewesen. Keiner rechnete mit ihm als neuen Ried-Coach.

Zumal der Steirer länger nicht mehr im Fokus der österreichischen Fußball-Szene stand. Nach seiner Entlassung als Altach-Trainer im August 2008 verschwand Fuchsbichler von der großen Bildfläche.

Nach über einem Jahr Pause im Fußballgeschäft und einem Engagement beim unterklassigen Ländle-Klub FC Wolfurt verschlug es den Coach 2011 in die Wüste zu Josef Hickersberger.

Das eine Jahr als Assistent beim Al Wahda FC tat Fuchsbichler nicht nur menschlich gut („Man geht entspannter mit Dingen um“), sondern auch auf fachlicher Ebene.

„Ich habe gelernt, mich zurückzunehmen“, erklärt der neue Ried-Coach in seinem neuen Wohnzimmer, der „Keine-Sorgen-Arena“. Dem war früher nicht so.

Wie sich Heinz Fuchsbichler verändert hat, wie die Arbeitsaufteilung aussieht und warum sich sein zu erreichendes Ziel nicht mit Punkten definieren lässt – das erklärt Rieds Neuer im LAOLA1-Interview.

LAOLA1: Wir befinden uns hier in der „Keine-Sorgen-Arena“, Ihrem neuen Wohnzimmer. Haben Sie sich schon eingerichtet?

Heinz Fuchsbichler: Ich war erst wenige Male hier, weil wir woanders trainieren. Aber es ist wirklich beeindruckend und wenn das Stadion voll ist, freue ich mich schon wirklich auf die Stimmung.

LAOLA1: Sie sind aus der Wüste zurückgekehrt, die Akklimatisierung fiel wohl leicht.

Fuchsbichler: Vor allem für die Spieler ist es einfach, unter diesen Bedingungen zu trainieren. Da kann man schon mehr verlangen als in der Wüste, wo es teilweise 50 Grad gehabt hat.

LAOLA1: Bleiben wir gleich dabei: Wie blicken Sie auf die einjährige Erfahrung bei Al Wahda zurück?

Fuchsbichler: Sie war riesig. Man sieht Dinge, die sind nicht vergleichbar. Ich habe eine sehr gute Liga mit sehr vielen Stars sowie hohem Budget beim Verein kennengelernt. Mit Josef Hickersberger zusammenzuarbeiten war natürlich auch eine super Sache. Es war ein sehr positives Erlebnis, jetzt freue ich mich über meine Aufgabe hier.

LAOLA1: Ihre Bestellung war zweifellos eine Überraschung. Haben Sie selbst damit gerechnet?

Fuchsbichler: Stefan Reiter (Manager, Anm.) und ich haben uns vor dem Spiel Admira-Ried (13. Mai., Anm.) am Flughafen in Wien ausgetauscht, er hat mir dann gesagt, er würde auch noch mit zwei anderen Kandidaten verhandeln. Nachdem ich mir das Match angeschaut habe, bin ich wieder zurückgeflogen und habe mir eigentlich gar nicht so viele Gedanken darüber gemacht. In den Emiraten wird man auch ruhiger, man macht sich nicht über so viele Dinge Sorgen und geht an die Sachen lockerer heran. Ich hatte es bei Ried nicht in der Hand, habe mich aber dann sehr gefreut.

LAOLA1: Ried war bei der Trainersuche bedacht, jemanden zu holen, der das gut funktionierende Rieder System verstärkt und nicht umkrempelt. Ist es tatsächlich ein gemachtes Nest?

Fuchsbichler: Man kann es sehen, wie man will. Im Endeffekt gibt es eine vorhandene Struktur und eine funktionierende Mannschaft mit ein paar Neuzugängen, die sich toll integriert haben. Es gibt ein vorhandenes Trainerteam, man kommt dazu und hat auch seine eigenen Ideen, die man einbringt. Man muss nicht alles über den Haufen werfen. Es gibt viele Dinge, die hervorragend funktionieren und es ist schön, wenn man nicht bei Null beginnen muss.

LAOLA1: Herrscht im Trainerteam eine flache Hierarchie?

Fuchsbichler: Es ist schon so, dass ich das Training leite. Aber jeder hat seinen Bereich und manchmal nehme ich mich zurück. Denn man muss auch einmal einen Schritt rausmachen und beobachten, um einen anderen Blickwinkel zu bekommen. Ich muss nicht immer den Chef rauskehren. Außerdem wäre ich ja dumm, wenn ich diese Möglichkeiten nicht nützen würde. Der Schweitzer Gerhard ist ein sehr guter und professioneller Mann, der den Verein bestens kennt. Ich bin froh, dass ich ihn im Boot habe. Genauso wie den Angerschmid Michi (Assistent und Amateure-Coach, Anm.) und Werner Pentz (Tormann-Trainer, Anm.).

LAOLA1: Handhaben Sie es eigentlich ähnlich wie Ihr Vorgänger Paul Gludovatz und haben in erster Linie den Überblick über das Ganze, agieren also etwas Manager-mäßig?

Fuchsbichler: Nein, das bin ich überhaupt nicht. Ich habe meinen Aufgabenbereich, der einfließt. Jeder soll seinen Bereich haben. Aber ich bin nicht jemand, der nur ab und zu beim Training vorbeischaut, ich bin schon noch der klassische Trainer, der mit einigen Spezialisten arbeitet.

LAOLA1: Wie hat sich der Trainer Fuchsbichler zu jenem in Altach verändert?

Fuchsbichler: Früher war es so, dass ich immer alles selbst bestimmen und machen wollte – von der ersten Sekunde des Trainings bis zur letzten. Das habe ich alles selber gemacht und da reibt man sich auf. Wenn die Mannschaft immer nur eine Person hört, 90 Minuten beim Training und 90 Minuten beim Spiel, dann nützt sich das ab. Ich habe das auch lernen müssen, ich siehe viele Dinge anders. Ich mische mich eben nicht immer so ein, ich habe gelernt, mich zurückzunehmen.

LAOLA1: Wie blicken Sie diesbezüglich auf Ihr früheres Arbeiten zurück?

Fuchsbichler: Ich habe gemerkt, dass ich mich auspowere. Es war teilweise schon sehr krass. Ich habe die Trainingsplanung, das Training am Platz, Videos und was sonst noch angefallen ist, gemacht. Da war ich ganz extrem, es war zu viel. Man sieht dann andere Dinge und man kann sich natürlich von einem Josef Hickersberger etwas abschauen. Da war ich in der Rolle des Assistenz-Trainers, bei der mir auch wichtig war, dass ich meinen Bereich habe und mir nicht dreingeredet wird. Das hat ganz gut geklappt und vielleicht war das auch ein wichtiger Aspekt, um solche Lernprozesse zuzulassen.

LAOLA1: In Ried sind die Spieler mit dem 3-3-3-1-System vertraut. Wie sehr sind Sie es?

Fuchsbichler: Wir haben das auch teilweise in den Emiraten spielen lassen. Je nach Situation haben wir verschiedene Systeme gespielt. Das 3-3-3-1 ist jetzt nicht neu, das System ist auch immer so eine Geschichte. Wir haben in einem Testspiel schon 4-2-3-1 gespielt. Ich möchte einfach, dass wir flexibel sind. Das ist mir sehr wichtig. Für die Mannschaft ist es ein Prozess, wenn sie verschiedene Systeme spielen kann. Es ist natürlich so, dass Ried in das 3-3-3-1 sehr viel investiert hat. Die Spieler haben diesbezüglich Automatismen intus, die sie im Schlaf beherrschen. Man will Dinge zusammenführen, ich bringe wieder neue Dinge rein. Es gibt von Haus aus viele positive Dinge, die man ausbauen kann.

LAOLA1: Wie finden Sie es, dass Ried seit Jahren 3-3-3-1 spielt, und die Gegner immer noch Probleme haben?

Fuchsbichler: Ich weiß es nicht, das kann ich nicht sagen. Wie ich noch Gegner war, haben sie mit einem 4-2-3-1 gespielt. Es macht auf jeden Fall einen Unterschied, ob man sich im Spielaufbau befindet oder man verteidigt. Da ändert sich auch ein System. Es gibt aber auch in diesem noch viel Luft nach oben. Wir haben noch Testspiele, wir werden schauen, was für das Team am besten ist.

LAOLA1:Sie finden hier gutes Spielermaterial vor, das mit guten Neuzugängen noch ausgebaut wurde. Was ist die Zielvorgabe seitens des Vereins?

Fuchsbichler: Man darf auch nicht vergessen, dass wir Spieler wie Stefan Lexa, Daniel Beichler , Casanova oder Ben (Bienvenue Basala-Mazana, Anm.) abgegeben und auch verletzte Spieler (Karner, Hammerer) haben. Es ist nicht so, dass wir total aus dem Vollen schöpfen können und sagen, wir haben zum letztjährigen Kader vier Spieler dazu geholt. Ich muss aber sagen, dass ich mit den Neuzugängen absolut zufrieden bin. Sie passen auch charakterlich sehr gut dazu. Jetzt gilt es diese Mannschaft einfach weiterzuentwickeln. Stefan (Reiter) hat auch nicht gesagt, er will diesen und jenen Tabellenplatz, andernfalls gibt es Probleme. Er will Entwicklung sehen und das ist einfach unsere Aufgabe, da gehört das ganze Team dazu, dass wir die Spieler weiterbringen, vielleicht den einen oder anderen Spieler in die Auslage stellen. Wenn es wieder jemand von uns in die deutsche Bundesliga schafft, wäre das toll, auch wenn es uns vielleicht kurzfristig sportliche Probleme bereitet. Aber das ist hier einfach so. Man wird auf Dauer nicht um einen Meistertitel mitspielen können, das wird aufgrund der Möglichkeiten nicht gehen. Solche Plätze sind für andere Klubs wie Salzburg reserviert. Man kann aber eben die Spieler immer ein Stück weiterbringen, dann werden wir automatisch unsere Punkte machen und wieder am Ende des Tages unsere Ziele erreichen.

LAOLA1: Kann Ried nicht irgendwann einmal bis zum Schluss um die Meisterschaft mitspielen können? In den vergangenen beiden Saisonen war man nicht so weit entfernt?

Fuchsbichler: Es macht keinen Sinn, wenn wir Ziele wie die Top drei ausgeben würden. Wir kennen die Möglichkeiten, wir werden nie über das Budget drübergehen. Und Spieler, die bei einem Top-Klub unterkommen können, denen werden wir auch keine Steine in den Weg legen. Wenn etwa Robert Zulj Nationalspieler wird, was ich ihm natürlich wünsche, und es klopft jemand an, dann wird es wohl eine Lösung geben. Da wird auch der Verein weiterhin nicht auf stur schalten und sagen: Nein, wir wollen aber Meister werden. Das würde nicht der Philosophie entsprechen.

LAOLA1: Sie haben einen Vertrag für ein Jahr unterschrieben. Spüren Sie Erfolgsdruck nachdem, was Ried zuletzt gezeigt hat?

Fuchsbichler: Überhaupt nicht. Das ist ein normaler Prozess. Wenn wir eine gute Saison spielen, und das ist immer die Voraussetzung, dass man als Trainer weiterarbeiten kann, dann wird sich der Vertrag automatisch verlängern. Die Bedingungen für eine Verlängerung sind mit der Entwicklung der Mannschaft vorgegeben, das muss passen, das ist normal. Wenn ich die Mannschaft nicht weiterbringe, dann bin ich hier einfach falsch. In den Emiraten haben wir nur bis zwei, drei Monate nach vorne denken können, deshalb ist ein Jahresvertrag schon sehr langfristig (grinst).

LAOLA1: Sie waren Jahre weg von der Bundesliga, haben wohl aber vor allem in der vergangenen Saison mitbekommen, wie über die Qualität gesprochen wurde. Wie sehen Sie die Liga jetzt?

Fuchsbichler: Ich denke, die Vereine haben wirklich begonnen, konsequent den Weg der eigenen Jugend zu gehen. Da sieht man auch, dass sehr viele Vereine den Weg von Ried gehen. Etwa bei Mattersburg, Sturm, Austria, die fast nur Österreicher holen, oder Wacker. Alle wissen mit den vorhandenen Mitteln umzugehen. Es werden keine risikoreichen Transfers mehr getätigt. Einfach einen Namen zu holen, ist nicht mehr möglich. So macht das auch Sinn und so habe ich auch das Gefühl, dass die Liga einen guten Weg geht. Spieler werden ins Ausland transferiert, Junge kommen nach. Man sieht eine Entwicklung beim Nationalteam. Aufgrund dessen glaube ich, dass man nicht jammern darf. Österreich geht einen ganz guten Weg.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler