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Transfer mit 30? "Das ist in Österreich schon extrem"

Transfer mit 30?

Spanier haben in Österreich mittlerweile Tradition, auch wenn diese erst wenige Jahre zurückreicht.

Im Jahr 2008 startete die SV Ried die Transferoffensive auf der iberischen Halbinsel und profitierte dabei von den Kontakten von Co-Trainer Gerhard Schweitzer, die dieser während seiner Hospitanz im Rahmen der UEFA-Pro-Lizenz-Ausbildung in Valencia knüpfte.

Der Trend schwappte auch auf andere Bundesligisten über, jeder wollte ein Stück vom Kuchen des damaligen Welt- und Europameisters haben.

Aktuell verdienen neun Spanier ihr Geld in Österreichs höchster Spielklasse. Der längst dienende Export ist Rapids nicht unumstrittener Neuzugang Tomás Esteban Correa Miranda, kurz Tomi.

Eine neue Dimension

„Ich bin jetzt schon sechs Jahre hier, Österreich gefällt mir sehr gut“, sagt Tomi im Gespräch mit LAOLA1, rückblickend auf seine Ex-Vereine Altach und Grödig.

„Vorarlberg war schon sehr schön, Salzburg auch, jetzt muss ich Wien erst einmal kennenlernen. Die große Stadt ist noch ein bisschen etwas Neues. Mal schauen, wie wir uns hier einleben. Teneriffa, Altach und Grödig sind ja eher kleiner.“

Der auf der kanarischen Ferieninsel Teneriffa aufgewachsene Stürmer folgte Rapids Lockruf in die Hauptstadt und konnte das Interesse an seiner Person gar nicht fassen.

51 Bundesliga-Spiele hat der stets gut gelaunte Zeitgenosse bereits absolviert, 13 Mal trug er sich in die Torschützenliste ein. Vergangene Saison kam er in 21 Einsätzen auf insgesamt fünf Treffer.

„Das ist eine andere Welt für mich“

Prinzipiell nicht die beste Visitenkarte, doch plötzlich bewahrheiteten sich die Gerüchte und die Hütteldorfer machten aus dem Grödig-Duo Philipp Huspek und Stefan Nutz ein Trio.

„Das war Wahnsinn! Es ist einfach ein Traum und eine andere Welt für mich. Hier zu spielen, vor so vielen Fans, ist einfach unglaublich“, ist Tomi begeistert.

Schwarz auf weiß steht es in seinem bis 2017 laufenden Vertrag geschrieben, auch wenn die ersten Reaktionen eher ungläubig und überrascht waren.

Vor allem, da das fortgeschrittene Alter von 30 Jahren den großen Karriere-Sprung eher unwahrscheinlich erscheinen ließen.

"Kommt nicht oft vor, dass Spieler ab 30 noch geholt werden"

Abgesehen von den fußballerischen Qualitäten, die Tomi bisher „nur“ bei Altach und Grödig unter Beweis stellen konnte, störte sich das Umfeld eben an diesem für Rapid-Verhältnisse hohen Alter.

Das Beuteschema der Grün-Weißen ging zuletzt eher in Richtung junger, österreichischer Talente, kaum ein Spieler über 23 Jahre wurde ins Boot geholt. Der Spanier ist hingegen hinter Steffen Hofmann (34) und Jan Novota (31) der drittälteste Spieler im Kader.

„Sicher ist es eine Überraschung, wenn so ein Verein noch an so einem alten Spieler interessiert ist. Das ist in Österreich schon extrem und kommt nicht oft vor, dass Spieler ab 30 noch geholt werden. Das ist wirklich ein Wahnsinn.“

Was hinter Rapids in diesem Fall abweichender Transferpolitik steckte, drang nie so wirklich durch. Ablösefrei, erfahren, technisch versiert, ruhig am Ball – das waren wohl die entscheidenden Faktoren.

Verständnis für Kritiker und Skeptiker

Sportdirektor Andreas Müller versuchte aber schon bei der Verkündung des Transfers, der untypischen Neuerwerbung nicht zu viel Bedeutung zukommen zu lassen.

„Grundsätzlich werden wir aber unabhängig von seiner Verpflichtung weiter unser Hauptaugenmerk auf junge, im Idealfall österreichische, Spieler setzen“, meinte der Deutsche.

Dass bei Fans, Experten und Bundesliga-Kennern trotzdem Kritik aufkam, versteht sich in der Natur der Sache. Diesen kann Tomi selbst nicht einmal böse sein.

„Ich verstehe alle, die Kritik üben, auch alle anderen. Das gehört zum Fußball dazu“, geht der Tinerfeno gelassen mit diesem Thema um.

„Sicher kann ich Stürmer Nummer 1 sein“

Das Einzige, was für den routinierten Angreifer zählt, ist die Tatsache, dass er nun dem Kader des Vizemeisters angehört - der viel vorhat.

Gerade an vorderster Front ist die Konkurrenz jedoch beachtlich. Selbst bei einem Abgang von Robert Beric würde wohl ein adäquater Ersatz geholt werden.

Spieler Alter Verein in Ö seit
Tomi 30 SK Rapid Wien Juli 2009
Jacobo 31 Wolfsberger AC Juli 2011
Jonatan Soriano 29 RB Salzburg Jänner 2012
Jano 28 SV Mattersburg Jänner 2012
David De Paula 31 FK Austria Wien Juli 2012
Fran 25 SV Mattersburg Jänner 2014
Cesar Ortiz 26 SCR Altach Juli 2014
Manuel Gavilan 23 SV Ried Juli 2015
Alberto Prada 26 SV Ried Juli 2015

Tomi hat sich "in der neuen Welt" bei Rapid schnell zurechtgefunden

Tomi stellt keine Ansprüche. Trotzdem schließt er nicht aus, sich möglicherweise gegen Beric, Deni Alar und Philipp Prosenik durchsetzen und zum Stammspieler avancieren zu können.

„Sicher kann ich auch der Stürmer Nummer 1 sein. Warum nicht? Alles kann passieren. Aber es ist eine super Situation für den Verein, dass wir so gute Stürmer haben. Ich hoffe auch, dass Beric bleibt.“

Der Spaß darf nicht fehlen

Bei Ex-Verein Grödig schlüpfte der Linksfuß auch in andere Rollen, als hängende Spitze, zentraler Mittelfeldspieler oder auch auf der Außenbahn – eine Entscheidung, die der Spanier Trainer Zoran Barisic überlässt.

Die Eingewöhnung bei den Wienern fiel leicht. In den diversen Einheiten machte Tomi als Spaßvogel auf sich aufmerksam, fügte sich gut ein und hatte aufgrund seiner guten Deutsch-Kenntnisse auch keine Verständigungsprobleme.

Spanisch kam ihm bei seinem Neo-Verein bisher nichts vor. Trotzdem verrät der Offensivspieler, was bei ihm typisch Spanisch ist.

„Typisch für mich als Spanier, noch dazu von den Kanaren, ist ein tropisches Klima, das Leben im Freien. In der Freizeit will ich auch am Fußballplatz Spaß haben. In erster Linie spiele ich, weil es mir Spaß macht.“

Spanische Community und U-Bahn zum Training

Eine Einstellung, die den Spanier noch sympathischer macht. Zum Training beim Ernst-Happel-Stadion nimmt Tomi noch die U-Bahn, für andere Erkundungen mit dem Auto benötigt er ein Navi.

In Rapids Mannschaft soll der Routinier hingegen schnell seinen Platz finden und seine Qualitäten einbringen. „Meine Stärken sind vielleicht, dass ich sicher und ruhig am Ball bin und einen letzten Pass spielen kann. Im Strafraum habe ich auch die Qualität, Tore zu schießen.“

Eine kleine Community spanischer Spieler macht die Entfernung zu seinem Heimatland vergessen. St. Pöltens Daniel Segovia und Wolfsbergs Jacobo kennt Tomi schon lange, der Ex-Grödiger und Neo-Lask-Verteidiger Ione Cabrera ist ein guter Freund. „Ein paar von ihnen sind auch schon lange in Österreich.“

Aufgrund der tropischen Temperaturen in den vergangenen Wochen fühlte sich Tomi ohnehin fast wie daheim: „Das Wetter war zuletzt ein Traum. Ich hoffe, dass es immer so bleibt.“


Alexander Karper