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Stöckl: 'Für mich als Trainer war das unangenehm'

Norwegens Trainer des Jahres Alexander Stöckl spricht über sein Erfolgsteam:

Stöckl: 'Für mich als Trainer war das unangenehm'

Mit einem breiten Grinsen begab sich Alexander Stöckl vom Trainerturm am Kulm in Bad Mitterndorf hinunter zum Schanzenauslauf.

Der norwegische Cheftrainer hatte auch allen Grund zur Freude, gewann sein Team doch WM-Gold, darüberhinaus noch Einzel-Silber durch Kenneth Gangnes.

Der 42-Jährige kann rundum zufrieden sein mit seiner Truppe, zumal die Norweger schon seit Wochen Höchstleistungen en masse abrufen.

Im Interview mit LAOLA1 spricht der Tiroler über seine Schützlinge, die Arbeit im hohen Norden und seinen Ex-Schützling Lukas Müller.

LAOLA1: Dein Team hat bei klirrender Kälte am Kulm WM-Gold gewonnen. Hat das dein Herz erwärmt?

Alexander Stöckl: (lacht) Ja, absolut. Für einen Trainer ist es immer das Schönste, mit einer Mannschaft den Titel zu holen. Dadurch weiß man, dass man es geschafft hat, vielen Athleten die Möglichkeit zu geben, ihr Potenzial auszuschöpfen.

LAOLA1: Und hängende Köpfe gibt es auch keine.

Stöckl: Bei uns ist es sowieso selten der Fall, dass sich einer nicht für den anderen freut. Das macht uns so stark als Mannschaft. Wir sind so viel unterwegs, ungefähr 200 Tage im Jahr. Wenn dann die Stimmung nicht gut ist, kostet das Energie.

LAOLA1: Beim letzten Flug von Kenneth Gangnes wurde ob des großen Vorsprungs gar keine grüne Linie mehr eingeblendet. Hattest du noch Bedenken?

Stöckl: Das spielt keine Rolle. Der Wettkampf ist fertig, wenn der letzte Athlet im Auslauf ist. Davor denke ich über alles andere nicht nach, sondern mache meinen Job.

LAOLA1: Wie beurteilst du die Konstanz (alle Flüge über 200 Meter, Anm.)?

Stöckl: Die ist fantastisch. Ich bin selbst überrascht, dass sie das geschafft haben. Es war ein langes Wochenende, es waren schwierige Verhältnisse und wir hatten auch noch zwei Stürze. Dass die Athleten am letzten Tag noch eine solche Leistung abrufen können, ist schon extrem stark.

LAOLA1: Für die coolste Szene sorgte Forfang, als er mit den Fans nach seinem 240-Meter-Sturz feierte. Wie hast du die Aktion wahrgenommen?

Stöckl: (lacht) Ich war nur froh, dass er gleich wieder aufgestanden ist. Gejubelt hat er, weil das Adrenalin so weit oben war, dass er den Schmerz gar nicht gespürt hat.

LAOLA1: Du wurdest kürzlich in Norwegen als Trainer des Jahres ausgezeichnet. Welche Bedeutung hat das für dich?

Stöckl: Es ist eine super Anerkennung für die Arbeit, Zeit und Energie, die ich in den letzten Jahren investiert habe. Die Auszeichnung geht aber ans ganze Team, ohne die anderen Trainer und Betreuer wäre das nicht möglich gewesen. Ich habe ehrlich gesagt nicht damit gerechnet.

LAOLA1: Wie beurteilst du die mannschaftliche Stärke deines Teams in dieser Saison?

Stöckl: Damit bin ich sehr zufrieden. Man darf ja nicht vergessen, dass unsere arriviertesten Athleten, Anders Bardal und Anders Jacobsen, aufgehört haben. Wir sind mit einem unerfahrenen Team an den Start gegangen.

LAOLA1: Es scheint, als könntest du aus jedem das Maximum rausholen. Ein Glücksgefühl für einen Trainer?

Stöckl: Es ist ein super Gefühl. Natürlich ist es das Ziel eines jeden Trainers, seine Athleten dahin zu bringen, dass sie ihr Potenzial ausschöpfen. Insofern ist es eine tolle Sache, das mit mehreren zu schaffen. Das kann aber auch schnell in die andere Richtung gehen. Momentan sind wir auf dem richtigen Weg, unsere Arbeit trägt Früchte. Da wollen wir weitermachen.

LAOLA1: Wie schwer fällt dir bei der Nominierung die Qual der Wahl?

Stöckl: (lacht) Die Athleten stellen sich selber auf. Man sieht sich die Liste von oben bis unten an. Aber klar, es ist ein Luxusproblem, wenn der Letzte, der es schafft, unter den Top-15 ist. Für die Athleten ist das hart, aber auch verständlich. Solange die Entscheidung transparent und klar ist, verstehen sie es.

LAOLA1: Pflegt ihr nach den Rücktritten von Bardal und Jacobsen eine flache Hierarchie?

Stöckl: So kann man das sagen. Die beiden waren älter und erfahrener, beide auch schon Väter. Jetzt sind Gangnes und Fannemel die Ältesten. Die Rollenverteilung ist eine andere. Jeder darf sein, wie er ist. Es ist spannend zu sehen, wenn sie im Auslauf unten stehen und sich für den anderen mitfreuen.

LAOLA1: Du hast die Mannschaft 2011 übernommen und die aktuellen Stars mit aufgebaut. Macht das eure Erfolge für dich noch wertvoller?

Stöckl: Natürlich ist es schön zu sehen, dass der Input, den man gegeben hat, etwas bewirkt hat. Ich betreue nicht alle immer selber, habe aber versucht, zu vermitteln, wie man trainieren sollte. Es ist das erste Mal, dass in Norwegen die jungen Athleten konstant vorne sind. Früher gab es immer welche, die kurz aufgeschossen sind. Die Springer sind heute kompetenter, können die Dinge besser einordnen. Generell ist es schön zu sehen, dass die gepflanzten Ideen wirken. Es braucht aber ein super Trainerteam, einen guten Betreuerstab und Verständnis vom Skiverband.

LAOLA1: Und die nötige Geduld?

Stöckl: Absolut. Das haben sie bewiesen, in dem sie den Vertrag immer frühzeitig verlängert haben. Ich kann langfristig arbeiten und muss nichts kurzfristig aufblasen.

LAOLA1: Aktuell bist du bis 2018 gebunden. Würdest du bei einem Angebot verlängern?

Stöckl: Das kann ich jetzt nicht beantworten. Ich denke in Perioden, aktuell bin ich mittendrin in der Arbeit bis 2018. Danach wird abgeschlossen.

"Für mich als Trainer war das unangenehm, weil ich es verantworten muss. Für die Athleten ist es natürlich furchtbar. Da haben wir schlecht gearbeitet."

Alexander Stöckl

LAOLA1: Wäre der ÖSV eine potenzielle Option?

Stöckl: Im Augenblick nicht. (lacht)

LAOLA1: Sehr diplomatisch. Weniger diplomatisch verhielten sich manche Medien, was die Anzug-Debatte betraf. Ihr habt einiges ausgereizt. Wie stehst du dazu?

Stöckl: Jeder versucht, das auszureizen. Dabei können Fehler passieren, bei uns waren es dumme. In Lillehammer (sieben Athleten disqualifiziert, Anm.) war es keine einfache Situation. Für mich als Trainer war das unangenehm, weil ich es verantworten muss. Für die Athleten ist es natürlich furchtbar. Da haben wir schlecht gearbeitet. Bei der letzten Vermessung waren aber alle dabei, damit ist das Thema vom Tisch.

LAOLA1: Wie eng Freud und Leid beieinander liegen, hat der schwere Sturz von Lukas Müller gezeigt. Wie nimmst du seinen Unfall wahr?

Stöckl: Es ist eine wirklich tragische Sache. Ich kenne den Luki sehr gut, habe ihn in Stams fünf Jahre trainiert. Es ist schlimm, wenn man so etwas hört. Ich wünsche ihm gute Besserung und dass er wieder in eine gewisse Normalität zurückkehren kann. Wie ich ihn kenne, war er immer ein Kämpfer und wird das auch weiterhin sein.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Christoph Nister

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