Nach einer konstanten Phase der relativ leichten Ausrechenbarkeit der Personalplanungen dank einer eingespielten Stammelf ist es inzwischen ein Kennzeichen des Länderspiel-Jahres 2017, dass außerhalb des ÖFB-Teams niemand so ganz genau weiß, was Teamchef Marcel Koller bezüglich Aufstellung im Schilde führt.
Die ÖFB-Verantwortlichen freut dieses Verwirrspiel, macht es die Sache für den gegnerischen Teamchef schließlich nicht gerade leichter.
Vor dem Showdown in Irland (Sonntag, 18 Uhr LIVE) erschwert neben dem Geheimnis um das System die angespannte Personalsituation das Rätselraten zusätzlich.
Junuzovic zur Lage der Nation:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
Die System-Frage
Durch das Fehlen der gesperrten Marko Arnautovic und Stefan Ilsanker, sowie der verletzten Marcel Sabitzer, Marc Janko und Alessando Schöpf wird sich die Startelf Österreichs zwangsläufig in einem veränderten Gesicht präsentieren. Optionen hat Koller diverse:
Der Schweizer hatte in der Vergangenheit nicht unbedingt die Neigung, allzu viele ungeprüfte Kräfte in die Anfangsformation zu stellen. Ganz dürfte dies diesmal nicht ausbleiben. Aber es gibt durchaus eine Variante, in welcher der Teamchef gar nicht einmal so viel ändern müsste.
Die Möglichkeit, erneut auf eine Dreierkette zu setzen, erscheint durchaus plausibel, schließlich zählen gerade die drei Innenverteidiger Dragovic, Prödl und Hinteregger zu den international erfahrensten Vertretern dieses Kaders.
Andererseits könnten die Erfahrungen des Testspiels gegen Finnland für Unsicherheit im ÖFB-Betreuerstab gesorgt haben. In der ersten Halbzeit funktionierte das System mit Dreierabwehr nicht wirklich, während nach der Pause die Rückkehr zum gewohnten 4-2-3-1 eine Leistungssteigerung mit sich brachte.
Problem: Jede Variante mit Viererkette bringt die leidige Frage des Linksverteidigers mit sich. Gegen Finnland musste Hinteregger diese Rolle ausfüllen. Bis zum Beweis des Gegenteils wäre wohl auch der Augsburg-Legionär auf dieser Position nur eine Notlösung, aber gegen die kampfstarken Iren wäre es womöglich eine Überlegung wert.
Für alle Eventualitäten gerüstet?
Unsere zweite Aufstellungs-Grafik dient zur Illustration, dass sich dasselbe Personal wie in der Dreierketten-Variante problemlos in einem 4-2-3-1 anordnen ließe, falls die Antwort auf die Linksverteidiger-Frage Hinteregger wäre.
Koller ließ während dieses Lehrgangs sowohl Dreier- als auch Viererkette trainieren. "Falls etwas nicht klappen sollte, kannst du reagieren. Ich glaube, dass wir uns auf alle Eventualitäten eingestellt haben", betont Zlatko Junuzovic.
Zur Erinnerung: Drei Mal schickte Koller die ÖFB-Elf bislang mit einer Dreierkette in ein Spiel - bei der EURO gegen Island sowie zuletzt in den beiden März-Länderspielen gegen Moldawien und Finnland, zwei Mal (Island und Finnland) musste er zur Pause zu einem 4-2-3-1 zurückkehren, weil es schlicht und einfach nicht nach Wunsch funktioniert hatte.
Einzig komplett ungeprüfte Personalie in diesem Lineup wäre Kainz, der bisher über eine Länderspiel-Erfahrung von acht Minuten aus dem Testsiel gegen die Schweiz im November 2015 verfügt. Der Steirer erntete unter der Woche Lob von Koller und zeigt sich auch durchwegs zuversichtlich bezüglich seiner Einsatz-Chancen.
Kaum erfahrene Alternativen
Einzig erfahrene Personalie auf der Ersatzbank wäre in diesem Lineup Florian Klein, der es bislang auf 45 Länderspiele gebracht hat. Nachdem es der Noch-Stuttgarter erst durch die Sabitzer-Absage in den Kader geschafft hat, wurden seine Trainings-Leistungen mit Lob bedacht. Es ist nicht auszuschließen, dass Koller auf der rechten Defensivposition auf seine Erfahrung setzt - vor allem da Valentino Lazaro aufgrund einer Knöchelblessur erst im Lauf der Woche voll trainieren konnte. Als Favorit gilt jedoch Lazaro.
Ansonsten strotzt die vermeintliche zweite Garde nicht gerade vor internationaler Routine: Bachmann (0 Länderspiele), Kuster (0), Lainer (1), Stangl (1), Wimmer (8), Danso (0), Grillitsch (1), Laimer (0), Schaub (2), Gregoritsch (2), Alar (0).
Abgesehen von Tottenham-Legionär Wimmer tendiert die ÖFB-Erfahrung gegen null, was zu gleichen Teilen die Chance auf neue Impulse sowie Risko mit sich bringt. Bezüglich der Einsatz-Chancen dieser Herrschaften sind der Fantasie im Prinzip keine Grenzen gesetzt, Varianten gibt es zur Genüge.
Kann man es ausschließen, dass sich zum Beispiel der in Topform befindliche Shootingstar Konrad Laimer, dessen Verhalten in der Balleroberung gut zu dieser Partie passen könnte, oder der bei seinem Debüt gegen Finnland solide Florian Grillitsch im Training aufgedrängt haben? Natürlich nicht. In einem 3-5-2-System mit Burgstaller/Harnik an vorderster Front und Alaba auf der linken Seite wäre auch ein Platz im Zentrum frei.
Wo spielt Alaba?
Wie überhaupt - systemunabhängig - die Positionierung Alabas eine der spannenderen Fragen ist. Denn je nachdem, wo der Allrounder aufgeboten wird, könnte woanders eine Planstelle frei werden. Bei der Dreierketten-Variante gegen Moldawien spielte er links, bei jener gegen Finnland im Zentrum.
Im 4-2-3-1 ist der letztgültige Stand, dass der Bayern-Star der Mannschaft im Mittelfeld-Zentrum am besten helfen kann. Den 24-Jährigen am Ende doch in seiner Vereins-Position als Linksverteidiger aufzubieten und diese ewige Diskussion zu beenden, wäre freilich eine wirkliche Überraschung - gerade jetzt, wo diese Frage ausnahmsweise einmal nicht intensiv debattiert wird.
Aber gänzlich ausschließen kann man im Länderspiel-Jahr 2017 wenig bis gar nichts.