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Die Agenda der neuen Salzburger Spitze

Stephan Reiter und Christoph Freund haben in Salzburg einiges an Arbeit vor sich:

Die Agenda der neuen Salzburger Spitze

Seit 1. Februar agieren Sportchef Christoph Freund und Geschäftsführer Commercial Stephan Reiter als Doppelspitze beim FC Red Bull Salzburg.

"Es wird eine klarere Trennung zwischen Sportlichem und Wirtschaftlichem geben, anders als zuvor", erklärt Reiter.

"Wir sitzen Tür an Tür, werden uns viel austauschen. Die ersten Wochen haben gut funktioniert und es wird auch in Zukunft gut funktionieren", verspricht Freund.

Spannende Zeiten stehen für die beiden an - LAOLA1 beleuchtet ihre Agenda:

  • Sportlichen Erfolg fortsetzen

Mit Jochen Sauer ist am 31. Jänner 2017 der Geschäftsführer des FC Red Bull Salzburg ausgeschieden. Der 44-jährige Deutsche wurde 2012 von Ralf Rangnick nach Salzburg geholt und war bis zu dessen Abschied 2015 an seiner Seite. Danach bildete Sauer mit Rangnick-Nachfolger Christoph Freund die Spitze des Klubs. Wobei die Spitze eigentlich der Vorstand bildet, nämlich die Herren Rudolf Theierl (Vorsitzender), Franz Rauch und Herbert Resch. Die treten aber in der Öffentlichkeit nicht auf. Mit Stephan Reiter, der ein Fußball-Quereinsteiger ist, gibt es nun einen Geschäftsführer Commercial. "Der Vorstand hat entschieden, diese Position anders zu besetzen", erklärt der 45-Jährige auch den Beinamen. "Ich bin kaufmännisch gesamtverantwortlich, Christoph sportlich." Sauer, der die Verwaltung des Nachwuchs-Leistungszentrums beim FC Bayern übernimmt, war vor seiner Tätigkeit in Salzburg Sportlicher Leiter von Wolfsburg und Assistent der Geschäftsführung bei der Hertha - hat also fußballerisches Fachwissen. Das ist bei Reiter nicht der Fall. Freund ist insofern auf sich allein gestellt, was bei Red-Bull-externen Transfers interessant zu beobachten sein wird. Bei einer Millionen-Verpflichtung wie Munas Dabbur waren Sauer und Freund gemeinsam am Werk. Doch solche Transfers werden in Zukunft ohnehin weniger werden, wie Freund erklärte (siehe unten). Die wichtigste Aufgabe der beiden: Den sportlichen Erfolg fortzusetzen. Das gelang im ersten Monat gut. Salzburg ist 2017 noch ungeschlagen, nun Tabellenführer und am Weg zum vierten Double in Folge.

  • Die richtigen Schlüsse ziehen

Was wird in naher Zukunft passieren? Nichts! "In der Wirtschaft heißt es: In den ersten 90 Tagen soll man keine großen Entscheidungen treffen", befindet sich Reiter noch im Beobachtungsprozess und hat zu allerst die 160 Mitarbeiter im Verein kennengelernt sowie die Abläufe rund um ein Heimspiel, bei dem an die 700 Leute beschäftigt sind, beobachtet. Natürlich habe es aber schon die eine oder andere Entscheidung im operativen Geschäft gegeben, unter anderem auch jene beim Transfer von Jonatan Soriano. "Ich habe das erstmals hautnah mitbekommen und vor allem die Geschwindigkeit und die Abläufe waren spannend zu sehen", erzählt der Salzburger, der von einem weinenden und lachenden Auge spricht. "Nach Abwägung aller Interessen haben wir uns dafür entschieden, ihm keine Steine in den Weg zu legen, damit er noch einen entscheidenden Schritt in der Karriere gehen kann." Reiter bittet aber um Geduld, wenn es um die großen Themen rund um den Verein geht. Die riss der neue Geschäftsführer am Dienstag bei einem emotionalen Mediengespräch nur an und spricht auch von einem neuen Leitbild, an dem gearbeitet wird. Salzburg soll und muss auch wieder für mehr Leute interessant werden.

  • Negatives Eigenkapital abbauen

Reiter erklärt seine Stärken: "Die liegen im kommerziellen Bereich: Merchandising, Marketing, Ticketing, etc. - wir wollen finanziell diszipliniert agieren, Budgets einhalten, Partnerschaften pflegen und ausbauen und damit wirtschaftlichen Erfolg garantieren." 2015/16 schrieb Red Bull Salzburg erstmals ein Minus im Geschäftsjahr, die über 100 Millionen Euro Transfergewinn (hier zur Übersicht) sollen auch helfen, das negative Eigenkapital abzubauen, sagt Reiter. "Durch die Änderung beim Sponsorvertrag mit Red Bull sind wir gezwungen, wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen. Mein Zugang ist, dass man möglichst schnell das negative Eigenkapital abbaut und versucht, eine Reserve aufzubauen, dass man investieren kann." Es war das erste Minus nach Kürzung der Sonderrechte von Red Bull in den Vereinsstatuten im Sommer 2015. Bis dahin hatte der Konzern negative Ergebnisse ausgeglichen und stets für einen Jahresgewinn von einer Million Euro gesorgt. Mittlerweile hat der Konzern aber u.a. kein Bestellungsrecht für den Vorstand mehr, sondern einen normalen Hauptsponsorvertrag. "Veränderung ist immer eine Chance", sagt Reiter auch punkto seiner Besetzung und fügt an: "Ich bin ein Verfechter von Teamstruktur."


Der neue Geschäftsführer im VIDEO:


  • Die Fans zurückgewinnen

Der Einbruch der Zuschauerzahlen ist eine Tatsache: Aktuell sind im Vergleich zum Vorjahr 23 Prozent weniger Besucher ins Stadion gekommen. Seit Beginn der Red-Bull-Ära kommen im Schnitt 10.000 Zuschauer weniger ins Stadion. Reiter: "Es geht darum, neue Impulse zu setzen, wieder interessant zu werden. Wir haben ein begeisterungsfähiges Publikum und das wollen wir mitnehmen. Das ist eine Kernaufgabe. Wir wollen wieder greifbar werden und dabei auch neue Wege gehen und eingetretene Pfade auch verlassen. Wir wollen uns über alle Kanäle gut vermarkten und Initiativen setzen, um die Salzburger, Oberösterreicher und alle rundherum zu holen." Salzburgs Fan-Misere ist zum einen selbst eingebrockt (Meisterstern-Debatte), zum anderen konzernintern verschuldet (Rangnicks Bernardo-Transfer). Die Stern-Debatte wird auch nicht neu aufgerollt. "Die Entscheidung ist getroffen, für mich ist das Thema erledigt", sagt Reiter und erklärt, warum: "Es gibt kein Regulativ dazu und wir haben einen Hauptsponsor, der beim Trikot-Look mitentscheidet." Dennoch sollen die Fans natürlich zurückgeholt werden. Einzig das Wie ist die große Frage. Sportlich kann sich Salzburg nicht viel vorwerfen, mehr nationale Titel waren in den letzten drei Jahren nicht zu holen, das Rundherum gibt aber eben Aufgaben auf. "Grundsätzlich hat sich die Art und Weise des Veranstaltungsbesuchs geändert", sagt Reiter. Das betrifft nicht nur Salzburg. Die Hälfte der Bundesliga-Klubs hat einen Schnitt von unter 6000. Freund wirbt sportlich für Salzburg: "Der Weg, den wir mit jungen Spielern gehen, ist spannender als früher. Wir wollen die Leute begeistern, deswegen spielen wir auch Fußball." Reiter will indes abseits des Platzes andere und neue Wege gehen: "Wir werden immer anders sein, das wollen wir auch." Es ist sicher die Königsaufgabe auf der Agenda: "Das ist eine riesige Herausforderung, die wir sehr ernst nehmen und wir wollen diese Lücke schließen." Konkrete Pläne gibt es noch keine, aber auf der Agenda ist dies sicher der herausfordernste Punkt, den es abzuarbeiten gilt.

Zuschauerschnitt in der RB-Ära:

Saison Schnitt
16/17 6.472
15/16 9.302
14/15 10.973
13/14 10.890
12/13 8.449
11/12 9.850
10/11 9.792
09/10 12.724
08/09 14.866
07/08 13.306
06/07 15.250
05/06 16.512
  • Im Sommer keine Fehler machen

Red Bull Salzburg und RB Leipzig im Europacup? Im Sommer könnte es so weit sein - oder auch nicht. "Formaljuristisch habe ich mir das angesehen, und aus meiner Sicht wurde alles umgesetzt, was gefragt ist", sagte Reiter über die UEFA-Kriterien zur Wettbewerbsintegrität. "Wenn wir Meister werden, gehe ich schon davon aus, dass wir in der Champions League (bzw. der Qualifikation) spielen können." Aus Sicht von Red Bull werden idealerweise beide durchgewunken und das Thema ist nach vielen Jahren dann sehr schnell vom Tisch. Andernfalls wird es interessant, welche Hebel sich in Bewegung setzen würden. Sollte Leipzig nicht teilnehmen dürfen, weil Salzburg als Meister gegenüber dem Wohl-Zweiten Leipzig den Vorzug erhält, kann Salzburg eigentlich nur verlieren - auf welche Weise auch immer. Leipzig hat Priorität und Red Bull wird sicherlich nichts unversucht lassen, den deutschen Klub in der Champions League spielen zu sehen. Auch punkto Kommunikation, die man generell verbessern will, darf sich Salzburg hier keine Fehler erlauben, sonst verliert Salzburg weitere Fans. Bislang ist hier auch noch alles Spekulation. Die UEFA entscheidet im Juni, ob die Teilnahmebedingungen der Klubs erfüllt sind. Zugunsten von Leipzig zu verzichten, wenn nicht zwei von Red Bull unterstützte Vereine im selben Bewerb antreten dürfen, schloss Reiter aus. "Ein Lizenzverzicht ist kein Thema, das wäre laut meinen Informationen auch nicht möglich." Zumindest nicht, ohne laut Lizenzbestimmungen der heimischen Bundesliga einen Zwangsabstieg zu riskieren.


Der Nachfolger von Jonatan Soriano ist schon "da":


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