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Krafts Karriere begann auf „Misthaufen“-Skiern

Beginn von Stefan Krafts Karriere war aus vielen Gründen besonders. Sein erster Trainer erzählt:

Krafts Karriere begann auf „Misthaufen“-Skiern

Ursprünglich wollte Stefan Kraft Skirennfahrer werden.

Bis zum Alter von zehn Jahren wedelte der Salzburger auf zwei Brettern die Pisten hinab. Dann überredete ihn ein Freund, mit zum Skisprung-Training zu kommen.

"Er war ein kleiner, stämmiger Bub – so wie Skifahrer eben sind", erinnert sich Christian Wallner bei LAOLA1 an Krafts ersten Tag auf der Schanze.

Der 51-jährige Salzburger war in seiner Jugend selbst Skispringer und wurde 2003 Trainer beim SV Schwarzach im Pongau. Bei dem sportlich und finanziell angeschlagenen Verein nahm er sich der kleinen Gruppe von fünf Sportlern an - einer davon war Stefan Kraft. Wallner betreute ihn von seinem ersten Sprung weg sechs Jahre lang.

"Kurz nachdem wir mit dem Training begonnen haben, hat man schon gemerkt, was für ein großes Talent er hat", sagt Wallner.

"Stefan war ganz extrem"

Bereits in seinen Anfängen als Skispringer sei Kraft ehrgeiziger als die meisten anderen Kinder gewesen. "Er hat von Beginn an gewusst, was er will: Er wollte einfach siegen, siegen, siegen und weiterkommen. Stefan war da ganz extrem, wollte immer noch mehr", erzählt Wallner.

Der Trainer musste seinen Schützling bremsen. "Mit Stefan konnte man super arbeiten. Er hat aber oft mehr gemacht, als verlangt wurde. Dann musste man ihm sagen: 'Jetzt machst du mal eine Pause!'"

Obwohl Kraft mit zehn Jahren ein "Spätstarter" war, stellten sich aufgrund seines Talents und Ehrgeizes bald Erfolge ein. Innerhalb der ersten Saison zählte er schon zu den Besten seines Alters.

Und das, obwohl die Voraussetzungen bei seinem Verein in Schwarzach alles andere als ideal waren.

"Stefan ist am Anfang mit Skiern gesprungen, die hätten andere auf den Misthaufen geschmissen."

Christian Wallner

„Wir waren ein 'Armutschkerl'-Verein, hatten kein Geld für gutes Material. Stefan ist am Anfang mit Skiern gesprungen, die hätten andere auf den Misthaufen geschmissen. Wir sind ausgelacht worden“, erinnert sich Wallner.

Trotzdem habe Kraft mit den Besten mithalten und Erfolge auf nationaler sowie internationaler Ebene feiern können. Er war auf den Geschmack gekommen.

"Als Stefan angefangen hat, zu gewinnen, wollte er zu jedem Bewerb fahren, um überall einen Pokal zu gewinnen", so Wallner. Doch der Trainer musste den Jungen oft vertrösten. Da beim SV Schwarzach das Geld knapp war, konnte er nur ausgewählte Bewerbe bestreiten.

Auch das Verlieren musste Kraft lernen. Verlief ein Wettkampf einmal nicht nach seinen Vorstellungen, "konnte er ein 'Zornbinkerl' sein. Dann sind auch Tränen geflossen", erzählt Wallner.

Aktuell dürfte es bei Kraft ob seiner Erfolge weder Zorn noch Tränen geben. Nach Doppel-Gold bei der WM in Lahti flog er in Vikersund zum Weltrekord und holte sich zudem den Gesamtsieg bei der Raw-Air-Tour.

Kraft hat seine Chance genutzt

Dass Kraft einmal einer der besten Skispringer der Welt wird, hätte sich sein damaliger Trainer nicht vorherzusagen getraut. Aber: "Er hat es schon immer drauf gehabt. Oft wird gesagt, Stefan ist aus dem Nichts gekommen. Das stimmt nicht. Er war schon immer gut", sagt Wallner.

Zu Zeiten der Super-Adler standen junge Springer wie Kraft im Schatten von Schlierenzauer, Morgenstern und Co. Viele seien laut Wallner daran zerbrochen, Kraft hat seine Chance genutzt.

"Die meisten Jungen scheitern an ihren Nerven, wenn sie sich beweisen müssen. Stefan war schon immer ein cooler Hund, der sich nichts scheißt und seine Sprünge durchzieht."

Darauf wird es auch am kommenden Wochenende beim Saisonfinale in Planica ankommen. Dort kämpft Kraft gegen den Polen Kamil Stoch in den letzten beiden Bewerben um seinen ersten Sieg im Gesamtweltcup.

Mit dem Gewinn der großen Kristallkugel könnte er den Schlusspunkt unter eine nahezu perfekte Saison und einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere setzen.

Man stelle sich vor, Stefan Kraft wäre Skirennfahrer geworden...

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