news

ÖSV-RTL-Krise? "Dürfen nicht das Messer ansetzen"

Schröcksnadel nach Garmisch-Debakel nicht beunruhigt, er glaubt an ÖSV-Comeback:

ÖSV-RTL-Krise? Foto: © GEPA

Debakel, Blamage, Krise.

Das historisch schlechteste ÖSV-Ergebnis in einem Riesentorlauf am vergangenen Sonntag in Garmisch, wo Manuell Feller als 28. bester Österreicher wurde, ließ bei so manchem Ski-Fan und der Presse die Alarmglocken schrillen.

Bei ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel ist von Unruhe keine Spur. „Einen Marcel Hirscher kann keine Nation vorgeben“, verweist der Skiverbands-Boss auf das Fehlen des jahrelangen Sieggaranten. „Aber wir arbeiten daran und ich glaube, dass wir bis zum Ende der Saison im RTL sehr stark zurückkommen werden.“

Was Schröcksnadel da so sicher macht? „Ich bin deswegen zuversichtlich, weil sie schnell fahren. Wenn sie langsam fahren würden, dann hätte ich Bedenken.“

Die Last der Nation

Klar, das Garmisch-Ergebnis „schaut blöd aus“, „aber dass die anderen bis zum Ausfall auch schnell waren, das sieht keiner“, merkt der ÖSV-Präsident an.

„Die anderen“ sind in diesem Fall Roland Leitinger und Stefan Brennsteiner, die beide im ersten Durchgang ausgeschieden sind. Der Rest der ÖSV-Truppe qualifizierte sich nicht für den zweiten Durchgang.

"Wir haben schnelle Leute, aber wir müssen Geduld haben und dürfen ihnen nicht das Messer ansetzen.“

Schröcksnadel über ÖSV-RTL-Herren

„Ich will keine schlechte Zeit im Ziel, da können sie auch rausfliegen“, sind Schröcksnadel schnelle Zwischenzeiten und mögliche Ausfälle lieber als Sicherheitsfahrten. „Wenn sie durchkommen, sind sie total dabei. Wir haben schnelle Leute, aber wir müssen Geduld haben und dürfen ihnen nicht das Messer ansetzen.“

Druck wäre in der derzeitigen Situation das falsche Mittel. „Sie wollen schnell fahren und riskieren daher viel. Sie meinen halt, dass sie jetzt alles zerreißen müssen. Die sollen schnell runterfahren und nicht darüber nachdenken, dass sie die Last der Nation tragen. Den Rucksack müssen sie ablegen, dann sind sie schnell“, ist sich Schröcksnadel sicher.

Ähnlich sieht es auch ÖSV-Sportdirektor Toni Giger. „Skitechnisch bin ich zufrieden, aber die Performance muss einfach besser werden“, fordert er auch einmal Ergebnisse ein.  

Die beiden besten ÖSV-Riesentorläufer sind in dieser Saison Marco Schwarz und Roland Leitinger. Die beiden teilen sich im RTL-Weltcup-Ranking Platz 17. Matthias Mayer ist 30., Stefan Brennsteiner und Manuel Feller folgen auf den Plätzen 32 und 33.

Das beste Saisonergebnis bisher ist ein sechster Platz in Alta Badia von Marco Schwarz, der nach seinem Kreuzbandriss im RTL aber noch Trainingsrückstand hat. Roland Leitinger fuhr in Adelboden ebenfalls auf Rang sechs.

Die Hoffnungsträger des ÖSV

Der Vize-Weltmeister von 2017 ist eine der großen Hoffnungen der ÖSV-Verantwortlichen. Der 28-Jährige zog sich 2018 einen Kreuzbandriss zu, die Comeback-Saison 2018/19 verlief wenig erfolgreich. Deshalb startete Leitinger mit einer hohen Startnummer in die laufende Saison.

„Er hat sich super nach vorne gekämpft“, merkt Giger an. „Garmisch war sein erster Ausfall in dieser Saison. Er hat heuer an und für sich eine super Performance gebracht.“

Ein fitter Manuel Feller, der nach wie vor mit den Folgen seines Bandscheibenvorfalls kämpft, und einem immer besser in Form kommenden Marco Schwarz wären zwei zusätzliche Kandidaten für Spitzenplätze im RTL. Stefan Brennsteiner konnte sein Potenzial in dieser Saison mit drei Ausfällen und den Plätzen 15 und 21 noch nicht abrufen.

Ein weiterer Hoffnungsträger ist Patrick Feurstein. Der 23-Jährige hat im Europacup in dieser Saison zwei Riesentorläufe gewonnen und führt die Disziplinenwertung an. Mit dem 17-jährigen Philipp Hoffmann kommt der Goldmedaillen-Gewinner im RTL bei den Olympischen Jugend-Winterspielen 2020 aus Österreich.

„Wir haben einige Junge nachgezogen und ich bin mit ihrer Performance sehr zufrieden“, sagt Giger. Das Problem: Einiger diesen jungen Läufer haben noch nicht genügend FIS-Punkte (150 sind erforderlich, Anm.), um im Weltcup starten zu dürfen.

Sobald das der Fall ist, sollen auch sie Erfahrungen im Konzert der Großen sammeln dürfen. „Wir werden ihnen in Zukunft den langen Weg ersparen. Wenn einer gut ist, muss er sich nicht mehr im Europacup hocharbeiten, sondern kommt gleich in den Weltcup“, erklärt Schröcksnadel.

Die Fehler der Vergangenheit

Damit will man auch auf die internationale Konkurrenz reagieren. „Wir haben bis jetzt immer gemeint, dass die Läufer 22 oder 24 Jahre alt sein müssen, um im Weltcup zu fahren. Aber man sieht bei den anderen Nationen, dass den Jungen die Chance im Weltcup gegeben wird und die auch schnell sind.“

Mittlerweile verfügt auch die Skination Nummer eins wieder über genügend Startplätze im Weltcup, um auch jungen Athleten die Chance zu geben, sich dort zu beweisen. In den Erfolgszeiten, als Österreich eine RTL-Großmacht war, war im Weltcup-Team kein Platz für die zweite Garde.  

Die Auswirkungen davon sind jetzt spürbar. „Früher haben sich Läufer in bestimmen Sparten gar nicht bemüht, nach vorne zu kommen, weil ohnehin kein Platz im Weltcup war. Wenn eine Sparte 'zu' war, ist man halt eine andere Disziplin gefahren“, erklärt Schröcksnadel.

Diejenigen, die sich im RTL durchgebissen haben, hatten in den letzten Jahren hinter Marcel Hirscher wenig zu verlieren. Dass der Dominator der vergangenen Saisonen vor allem im RTL eine große Lücke hinterlassen würde, war abzusehen.

Giger meint: „Der Gefahr, dass so ein Ergebnis wie zuletzt in Garmisch passiert, war ich mir bewusst.“

Kommentare