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Marcel Hirscher: "So schlecht war ich noch nie"

Hat Hirschers verpatztes Saisonfinale Auswirkung auf seine Karriere-Entscheidung?

Marcel Hirscher: Foto: © GEPA

Es wurde nicht A oder B, sondern C.

Marcel Hirscher verkündete am Dienstag weder sein Karriereende, noch dass er definitiv in der kommenden Saison weiterfährt.  

"Ich muss euch leider enttäuschen, ich kann heute nicht sagen, ob es A oder B wird", erklärt Hirscher. Zwar gibt es eine Tendenz von "vielleicht 49:51" Prozent - in welche Richtung, will er jedoch nicht verraten.

Die Entscheidung soll aber so schnell wie möglich fallen. "Ich werde mir nicht allzu viel Zeit lassen, schon alleine aus Rücksicht auf mein ganzes Team, das mit mir seit zehn Jahren arbeitet", sagt der achtfache Gesamtweltcup-Sieger.

Sein Team um Trainer Mike Pircher werde genauso in die Entscheidung miteinbezogen wie seine Familie. Allen voran Vater Ferdinand, der Hirscher im Weltcup begleitet, und Ehefrau Laura.

"In jeder Beziehung geht es darum, gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Das gilt vor allem für so eine wichtige Entscheidung. Darüber bin ich sehr froh", erklärt Hirscher.

Der 30-Jährige sei ein Gefühlsmensch, will diese "Lebensentscheidung" daher auf sich zukommen lassen. "Es wird eine Bauchentscheidung", sagt Hirscher.

Was, wenn Hirscher weitermacht?

Wenn der Bauch sich fürs Weitermachen entscheiden sollte, müssten aber auch die anderen Bereiche seines Körpers mitspielen, erklärt Hirscher.

"Es braucht schon vom Körper und mentaler Seite das komplette Commitment. Wenn ich spüre, dass das nicht mehr da ist, dann schaffe ich das nicht."

Denn so viel steht fest: Wenn Hirscher weiterfährt, dann nicht nur zum Spaß. "Ihr kennt mich, ich will um die große Kugel fahren", sagt der Dominator der letzten Jahre. "Man fährt nicht nur Rennen, man fährt um Kugeln, man fährt um eine Gesamtwertung. Es ist ein erheblicher Unterschied, ob man sich für den Einzelwettkampf vorbereitet oder das gesamte große Projekt. Dafür braucht es 100 Prozent."

Dass es ohne körperliche und mentale Top-Verfassung nicht geht, haben die letzten Wochen gezeigt. Nach der WM, bei der Hirscher trotz Krankheit Silber im RTL und Gold im Slalom gewann, konnte er im Weltcup kein Rennen mehr gewinnen. Die Saison endete mit den Rängen sechs (RTL) und 14 (Slalom) in Soldeu enttäuschend.

"So schlecht war ich noch nie. Das war schon erstaunlich und fast erschreckend. Ich muss mich jetzt der Enttäuschung und Niederlage stellen. Das ist nicht lustig.“

"Mir wäre auch lieber gewesen, ich hätte es bis zum Schluss durchziehen können. So schlecht war ich noch nie. Das war schon erstaunlich und fast erschreckend. Wie sich der 14. Platz angefühlt hat, dazu fehlen mir fast die Worte", gibt Hirscher zu.

Das sei eine ganz neue Seite, die er bis jetzt noch nicht kannte. So wie er früher lernen musste, sich mit dem Sieg auseinanderzusetzen, so "muss ich mich jetzt der Enttäuschung und Niederlage stellen. Das ist nicht lustig". Das schlechte Abschneiden beim Weltcup-Finale soll seine Entscheidung über die Zukunft aber nicht beeinflussen.

Die Rennen in Andorra seien vielmehr auch eine Gelegenheit gewesen, zu sehen, dass "nicht in jedem Rennen abgeliefert werden kann". Es sei verrückt, wie schnell es sich drehen könne und man im Slalom die letzte Laufzeit hat. "Das zeigt mir, dass die letzten acht Jahre nicht selbstverständlich waren." 

Sollten die Grundparameter stimmen und er sich mental und körperlich in der Lage sehen, weiterzumachen, dann würde viel Arbeit auf ihn warten.

"Das ist auf der anderen Seite aber auch wieder eine große Motivation. Es war in den letzten Jahren schon sehr oft der Fall, dass ich hinterher gefahren bin, vielleicht nicht so dramatisch wie jetzt, aber das war immer Anstoß, selbst wieder einen Schritt nach vorne zu machen. Man sieht es oft während der Saison. Denjenigen, die den Takt vorgeben, muss man fast dankbar sein, die bringen uns alle miteinander und das Skifahren auf ein neues Level".

Zu den Taktgebern gehört seit Jahren auch Hirscher, der mit seinem Team stets nach dem Maximum strebt. "Wir geben uns grundsätzlich nie zufrieden. Wir wollen jeden Tag das Maximum rausholen", erklärt der achtfache Gesamtweltcup-Gewinner.

Auch nach  einem gewonnenen Rennen heiße es nicht, dass alles perfekt gewesen ist. "Wir sind nie müde geworden, uns weiterzuentwickeln", so Hirscher. "Es ist wie eine Selbsthilfegruppe, wir schauen sehr gut aufeinander. Alle Personen geben wahnsinnig Gas. Du musst ein bisschen einen Fanatismus haben und das auch wollen."

Was, wenn Hirscher aufhört?

Der Fanatismus für den Skisport ist es auch, der Hirscher antreibt. Bisher stand die Freude am Rennfahren über allem. Die andere Seite der Medaille ist aber das Drumherum, das zum Job als Skirennfahrer dazugehört.

"Der ganze Wahnsinn drumherum, den mache ich nicht gern. Und es wird immer mehr", sprach Hirscher vor kurzem die zeitraubenden Medientermine und Sponsoren-Verpflichtungen an.

Dieser "Wahnsinn" könnte auch mitentscheidend dafür sein, dass Hirscher seine Karriere beendet.

"Es wird schon sehr schwer sein, wenn man aufhört. Man braucht dann neue Aufgaben", sagt der 30-Jährige. "Aber von den Ex-Kollegen hat noch keiner gesagt: Ich habe es bereut. Von außen betrachtet wirken die Leute relativ entspannt."

Sorgen, dass es ihm in der Ski-Pension einmal langweilig werden könnte, hat Hirscher nicht. "Es kommt selten vor, dass ich auf der Couch sitze und mir fad ist. Das wird in den nächsten Jahren sichr auch nicht der Fall sein", grinst der Annaberger in Anspielung auf seinen wenige Monate alten Sohn.

Mit diesem wird er in den nächsten Wochen wohl so viel Zeit wie möglich verbringen. Für Hirscher steht jetzt erst einmal Urlaub und Zeit mit der Familie an, die Ski stellt er – hoffentlich nur vorerst - ins Eck.


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