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Hütter: "Ich dachte: Der Skisport kann mich kreuzweise"

Nach Seuchenjahren wurde Conny Hütter mit WM-Bronze belohnt. Dabei war ihr Feuer für den Skisport schon fast erloschen.

Hütter: Foto: © GEPA

Conny Hütters Karriere, das ist eher eine Geschichte von Verletzungen als von Erfolgen.

Die Steirerin musste immer wieder auf schmerzliche Art und Weise erfahren, wie gnadenlos der Skisport sein kann. 

Am Mittwoch wurde ihr Durchhaltevermögen mit der WM-Bronzenen im Super-G bei den Titelkämpfen in Meribel belohnt. Ergebnis des Super-G >>>

Dabei war bei Hütter das Feuer für den Skisport schon fast erloschen. 

Hütters Seuchenjahre

In der Saison 2014/15 war Hütter dort, wo sie sportlich hin wollte, 2016 folgte der erste Weltcup-Sieg. "Da habe ich gemerkt, die Richtung stimmt. Das war genau der Weg, den ich mir vorgestellt habe."

Ihre Karriere sollte jedoch eine andere Richtung einschlagen, es kamen Jahre, in denen es einen Rückschlag nach dem anderen setzte.  

Im Jänner 2017 der erste Kreuzbandriss. Beim Comeback im Dezember in Lake Louise gewann sie prompt ihr zweites Weltcuprennen. Im März 2018 wurde nach einem Sturz eine Lungenprellung und eine Läsion der Milz diagnostiziert und sie lag zwei Wochen auf der Intensivstation.

Ein Innenbandeinriss ließ sie 2019 die zweite Weltmeisterschaft in Folge verpassen, das Comeback dauerte nicht lange. Beim Weltcupfinale in Soldeu verletzte sie sich erneut schwer am Kreuzband.

2020 lautete die Diagnose nach einem Trainingssturz auf der Reiteralm erneut Kreuzbandriss. Im Februar 2021 absolvierte Hütter ihr erstes Weltcup-Rennen nach fast zwei Jahren Pause.

"Das Feuer war längst weg", blickt Hütter auf die Seuchenjahre zurück. "Ich habe mir gedacht: Der Skisport kann mich kreuzweise."

"Es war noch Zeit, dass das mein Leben bestimmt"

Trotz all der Zweifel in dunklen Momenten überwog letztlich die Liebe zum Rennsport.

"Irgendwie habe ich gespürt, dass ich noch nicht bereit bin, dass ich das alles von der Couch aus anschaue", sagt Hütter. Es waren nicht Siege oder Medaillen, sondern das Gefühl auf den Skiern, das sie zum Weitermachen bewog. "Es war noch Zeit, dass das mein Leben bestimmt."

Es war aber auch Zeit, sich die Frage zu stellen: "Machst du so weiter oder fliegst du nochmal auf die Pappn? Es war zach, weil ich wusste, ich muss was ändern."

Unter anderem ihre Herangehensweise im Rennen. "Dass ich nicht mehr auf Teufel komm raus fahre, weil irgendwann macht das der Körper nicht mehr mit", sagt Hütter.

Und dennoch musste ihr Körper nochmal so einiges mitmachen. Im Februar 2022 kam Hütter in Crans Montana beim Zielsprung zu Sturz und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Es war von all ihren Verletzungen jene, die Hütter am meisten zu schaffen machte.

"Das Gehirn wird oft unterschätzt. Wenn ein Knochen oder Knie wegsteht, dann sieht man, dass es hin ist. Im Kopf ist es eher schwierig zu analysieren", sagt Hütter. "Die beste Therapie ist Zeit. Ich habe gemerkt, das tut mir gut und ist richtig für mich.“

Von Glück, Pech und der Frage nach dem Warum

Mittlerweile, sagt Hütter, ist sie mit ihrer Geschichte im Reinen.

"Ich habe einfach meine Sachen, die ich zum Mittragen habe. Aber ich weiß, wie ich damit umgehen muss. Das Ganze hat mich zu diesem Menschen, dieser Persönlichkeit gemacht, die ich bin. Ich bin voll mit mir im Reinen, ich bin einfach erwachsen geworden", so die 30-Jährige.

Die Frage nach dem "Warum", die sie früher nach Verletzungen quälte, stellt sie sich mittlerweile nicht mehr. "Ich habe einmal ein Interview vom Aksel (Lund Svindal, Anm.) gelesen, wo er sagt, dass man sich auf Glück und Pech nicht berufen soll. Weil das eine und das andere nichts mit Können zu tun. Man kann nicht immer sagen, man hat immer Pech. Das hat mir brutal Mut gemacht. Das Leben muss man selbst in die Hand nehmen."

Und so wird "Vollgas-Conny", wie sie im Ski-Zirkus liebevoll genannt wird, ihr Naturell wohl nie ablegen.

"Ich bin gut im schlechten Timing"

Trotz missratener WM-Vorbereitung mit Fieber, Kopfweh und noch immer anhaltendem Husten fuhr sie im Super-G zu Bronze und damit zu ihrem bisher größtem Karriere-Erfolg – zumindest was die Statistiken betrifft.

"Ich bin gut im schlechten Timing", grinst Hütter, "aber ich lasse mich deshalb nicht unterkriegen. Ich habe die letzten Jahre darauf hingearbeitet, dass ich wieder zurückkomme und nur weil ein paar Bazillen daherkommen und meinen, ich muss im Bett liegen, kann ich trotzdem schnell skifahren."

Sagte Hütter und wollte an einem der emotionalsten Tage ihrer Karriere nicht mehr zu sehr in der Vergangenheit schwelgen. "Es war beschissen die letzten Jahre, aber ich habe mich rausgekämpft. Es geht mir gut und ich bin froh, dass ich am Start stehen kann. Es ist einfach schön. Ich genieße das jetzt."

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