news

Dreßen: Wie der Kitz-Sieg sein Leben veränderte

Thomas Dreßen über die Folgen seines Kitz-Sieges, Geld und das DFB-Problem:

Dreßen: Wie der Kitz-Sieg sein Leben veränderte Foto: © GEPA

Thomas Dreßen ist zurück am Ort seines größten Erfolgs.  

2018 sorgte er mit seinem Sieg in der Abfahrt in Kitzbühel für eine echte Sensation. Es war sein erster Weltcupsieg und der erste Sieg eines Deutschen auf der Streif seit 1979 (Alle Sieger>>>). Die Geschichte des Abfahrers, der für seinen 2005 bei einem Seilbahnunglück in Sölden verstorbenen Vater fuhr, ging um die (Ski-)Welt. 

Mit dem Sieg auf der prestigeträchtigen Streif ist für Dreßen ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, gleichzeitig hat es sein Leben komplett verändert, wie er zwei Jahr später sagt. 

„Wenn einen mehr Leute kennen, dann hat man weniger Ruhe. Ich freue mich, wenn mir die Leute zu einem guten Rennen gratulieren, aber wenn sie nur wegen einem Foto herkommen und mehr oder weniger ohne Gefühl danach fragen, dann ist das ein bisschen nervig. Es gibt halt Situationen, da willst du einfach deine Ruhe und Privatsphäre haben, beim Essen mit der Freundin oder im Kino“, berichtet Dreßen von seinem gestiegenen Bekanntheitsgrad. 

Der 26-Jährige legt aber auch in dieser Hinsicht seine bekannte Lockerheit an den Tag. „Ich sage immer so: Der Vorteil von uns Skifahrern ist, dass wir einen Helm aufhaben und von dem her kennen uns die meisten Leute ohne Helm eh nicht.“

Dreßens Streif-Rezept

In Kitzbühel werden sie ihn wohl auch ohne Helm erkennen. 2018 raste Dreßen als Außenseiter zum Triumph vor Favorit Beat Feuz und Hannes Reichelt - auch begünstigt durch die einfallende Sonne. 

2020 scheint für Dreßen und seinen Kollegen in der Gamsstadt wieder die Sonne. „Der Moment, als ich beim ersten Training aus dem Starthaus raus bin, hat mir schon getaugt“, erzählt er. 

Im Vorjahr war der Wahl-Oberösterreicher, der mit seiner Freundin in Scharnstein lebt, nach einem Kreuzbandriss in Kitzbühel zum Zuschauen verdammt. Umso größer die Freude, die Streif wieder auf zwei Bretteln in Angriff nehmen zu können. 

"Die Streif ist einfach eine Herausforderung und die musst du akzeptieren. Wenn du der Chef über deine Ski bist, dann hast du es schon im Griff.“

Von Ehrfurcht vor der schwierigsten Abfahrt im Weltcup ist bei Dreßen bei seiner Rückkehr keine Spur. „Es ist einfach eine Herausforderung und die musst du akzeptieren. Wenn du der Chef über deine Ski bist, dann hast du es schon im Griff.“

Nachsatz: „Bis zu einem gewissen Grad. In der Traverse schlägt es dich bei der Einfahrt schon ordentlich rüber und dann hoffst du halt, dass du gut raus kommst“, schmunzelt Dreßen. 

Die Bilder seiner Triumphfahrt 2018 sind noch immer präsent. „Ich habe mich schon daran zurückerinnert, worauf es hier runter ankommt. Was habe ich damals gut gemacht und was geht noch besser? Wenn du schon mal gewonnen hast, weißt du schon, was du da runter zu tun hast.“

Dreßen: "Ich fahre nicht wegen des Geldes"

Neben einer mit seinem Namen versehenen Gondel („I wart net auf mei Gondel!“) erhielt Dreßen für seinen Sieg vor zwei Jahren 74.000 Euro. In diesem Jahr wurde das Preisgeld zum 80. Jubiläum der Hahnenkammrennen nochmal erhöht, der Abfahrts-Sieger bekommt 100.000 Euro.

„Ich finde es zwar super, dass der Sieger hier 100.000 Euro kriegt, aber ich fahre nicht wegen dem Preisgeld, sondern weil es mir Spaß macht und meine Leidenschaft ist. Wenn man das aus Geldgründen macht, ist man hier glaube ich falsch am Platz“, sagt Dreßen. „Deswegen gehören die Leistungen der weiter hinten platzierten Läufer meiner Meinung nach auch mehr gewürdigt.“

An der Spitze fehlt mit Dominik Paris in diesem Jahr einer der Topfavoriten auf den Kitz-Sieg. Auch Dreßen hatte den Südtiroler vor dessen Kreuzbandriss ganz oben auf der Rechnung. 

„Als ich das gehört habe, habe ich gesagt: So ein Scheiß, nie im Leben. Der doch nicht. Bei ihm hätte ich mir eigentlich gedacht, dem passiert so etwas nie“, sagt der 26-Jährige. „Mir tut es brutal leid für Domme. Wir kommen gut miteinander aus und haben immer eine Gaudi, ich würde ihn als Freund bezeichnen.“

Nicht zuletzt deshalb ist sich der Deutsche sicher, dass Paris „stärker zurückkommen wird“. 

Dreßen: "Skifahren ist einfach eine Risiko-Sportart"

Dreßen weiß aus eigener Erfahrung, was eine derartige Verletzung bedeutet. Im November 2018 zog er sich bei einem Sturz in Beaver Creek einen Kreuzbandriss sowie eine Schulter-Luxation zu. 

„Skifahren ist einfach eine Risiko-Sportart. Früher haben sie sich die Knochen gebrochen und jetzt sind es halt die Bänder, die flöten gehen. Es ist bitter, aber jeder, der am Start steht, weiß, worauf er sich einlässt und dass ein Risiko dabei ist“, sagt der 26-Jährige. 

Mit den Nachwirkungen seines Sturzes 2018 hat Dreßen noch immer zu kämpfen. Die Verletzung sei noch nicht abgeschlossen, das Knie funktioniere noch nicht perfekt. 

Trotzdem gab Dreßen auf den Tag genau ein Jahr nach seinem schweren Sturz sein Comeback und gewann überraschend die Abfahrt von Lake Louise - zwei Hundertstel vor Paris. 

Zocker Dreßen: "Das is das Fußballer-Problem"

Die Nachricht von der Verletzung des Südtirolers erreichte Dreßen am Dienstag in seinem Hotelzimmer beim Counter-Strike-Zocken mit seinen Teamkollegen. 

Derartige Spiele sorgen bei den Deutschen für Ablenkung vom Ski-Rummel. Angst, dass wie beim DFB-Team während der WM wegen des Zockens das WLAN im Hotel abgedreht wird, herrscht aber nicht. 

„Das ist das Fußballer-Problem! Solange wir unsere Leistung bringen, werden die Trainer nichts dagegen haben, wenn wir uns ein bisschen ablenken. Hauptsache wir sind bei der Sache, wenn's zählt“, schmunzelt Dreßen. 

"Das wichtigste ist, dass wir alle gesund ins Ziel kommen. Meistens ist es eh so, dass der Schnellste gewinnt, außer man hat so eine Masn’ wie ich vor zwei Jahren.“

Sowohl beim Zocken als auch auf der Rennstrecke erweist sich der Deutsche als fairer Sportsmann.

„Der Sport ist so kurzweilig, Erfolg und Misserfolg liegen so eng beieinander. Die Hundertstel werden immer so hin und her geschoben. Das wichtigste ist sowieso, dass wir alle gesund ins Ziel kommen. Meistens ist es eh so, dass dann der Schnellste gewinnt“, meint Dreßen, „außer man hat so eine Masn’ wie ich vor zwei Jahren.“

Kommentare