Marcel Hirschers Saison ist noch nicht beendet.
Obwohl der Salzburger erst vor wenigen Tagen seine fünfte große Kugel in Folge entgegennahm, hat er nach wie vor einiges um die Ohren.
Aktuell hetzt der 27-Jährige von Medientermin zu Medientermin – der Hype um seine Person nimmt fast schon übermenschliche Dimensionen an. Doch selbst in dieser stressigen Situation bewahrt er kühlen Kopf und beantwortet sämtliche Fragen mit einem Lächeln.
Und auch nach den Presseveranstaltungen geht es nicht direkt in den Urlaub. „Ich will in die Heimat kommen und den Kopf freibekommen. Ich will mich etwas erholen, die letzten Tage waren intensiv. Dann wird etwas Ski gefahren, es war ja bis jetzt noch nicht genug“, scherzt der 39-fache Weltcupsieger und spricht damit die anstehenden Ski-Tests an.
Weiters verrät der Annaberger, was ihn mit Hermann Maier verbindet, welche Parallelen es gibt, ob er den Weltcup-Punkterekord für möglich hält und er schon im EURO-Fieber ist.
MARCEL HIRSCHER…
… ÜBER DIE INTENSIVE SAISON UND SEINEN AKTUELLEN ZUSTAND: Ich habe schon einmal besser ausgesehen. Das darf man mir nach dieser Saison nicht übel nehmen. Trotzdem bin ich sehr erleichtert und happy, wieder einmal hier stehen zu dürfen. Es war ein toller Winter, momentan spüre ich die Saison aber schon in den Knochen.
… OB ER SCHON DIE CHANCE HATTE, ABZUSCHALTEN: Bis jetzt hatte ich nicht die Möglichkeit, Pläne zu schmieden. Ich will in die Heimat kommen und den Kopf freibekommen. Ich will mich etwas erholen, die letzten Tage waren intensiv. Dann wird etwas Ski gefahren, es war ja bis jetzt noch nicht genug (lacht). Dann gibt es sicher einen Urlaub. Am meisten freue ich mich auf Ruhe. Morgen habe ich den ersten Tag, den ich frei gestalten kann. Ich werde mir auf der Heimfahrt Gedanken machen, was in den nächsten Tagen ansteht. Fakt ist, dass die Saison noch nicht ganz zu Ende ist – auch wenn sie was den Weltcup betrifft vorbei ist. Es stehen noch einige Ski-Tests an, die werden ungefähr drei Wochen dauern. Dann zieht der Frühling auch so richtig in mein Leben ein.
… ÜBER DAS GEFÜHL, FÜNF GROSSE KUGELN ZU GEWINNEN UND OB ER EINEN MOMENT IN DIESER SAISON HERVORSTREICHEN WÜRDE: Das fühlt sich super an. Es ist ein megatolles Gefühl, man merkt, dass es etwas Besonderes ist. Es gibt keinen Moment, den ich hervorstreichen würde. Das wäre den ganzen tollen Momenten gegenüber nicht fair, wenn ich einen rausnehme. Es war ein Wahnsinns-Jahr, da waren schräge Sachen dabei.
… OB ERFOLG ZUR GEWOHNHEIT WIRD: Es relativiert sich alles, so ehrlich muss ich sein. Ein zehnter Platz bringt nicht mehr die Zufriedenheit, wie in meiner ersten Saison. Damals war das eine tolle Sache, das ist jetzt nicht unbedingt der Fall. Es wird aber sicher auch wieder die Situation kommen, wo ein zehnter Platz diese Zufriedenheit bringt.
… WANN ER EMOTIONAL WIRD: So ein Rückblicks-Video ist sehr emotional, auch wenn ich es mir nicht immer eingestehen will. Man merkt, wie viel Tränen und Schweiß in so einer Saison geflossen sind – aber auch, wie oft man gelacht und sich gefreut hat. Das bewegt mich immer sehr. Auch wenn die Hymne ertönt, kann man den Moment gut nutzen. Meistens ist man aber mit Adrenalin vollgepumpt, dass es gar nicht so einfach ist, die Emotionen zuzulassen.
… ÜBER HERMANN MAIERS ÜBERRASCHUNGSBESUCH BEI DER „RAIFFEISEN“-PRESSEKONFERENZ: Das habe ich absolut nicht erwartet. Es ist eine riesige Ehre für mich. Ein Wahnsinn, dass Hermann sich so etwas überhaupt antut. Wenn eines deiner größten Vorbilder deiner Kindheit und Jugend zu dir kommt und dir die Ehre erweist, ist das ein tolles Geschenk. Ein besseres könnte es eigentlich gar nicht geben.
… ÜBER PARALLELEN ZWISCHEN MAIER UND IHM: Wir haben beide wunderbare blauen Augen und kommen beide aus dem Bundesland Salzburg, das wir beide bezaubernd finden. Was ich mir immer abschauen wollte, war der Siegwille. Das ist die größte Kraft, die Parallelen gibt. Das sieht man bei mir, bei Hermann hat man es auch gesehen – vor allem aus dem Starthaus heraus. Das ist mein Motor und Antrieb.“
… ÜBER DIE AUSSAGEN SEINES TRAINER MIKE PIRCHER, DASS MAN BEREITS ÜBER DEN WELTCUP-PUNKTEREKORD VON HERMANN MAIER NACHDENKT: Die Frage ist, wann mein Trainer das gesagt hat. Wenn es am späteren Nachmittag oder Abend war, kann ich seine Antworten sehr gut verstehen – wir haben doch ein bisschen gefeiert. Zurecht, denn die Saison war lange und hart. Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, was nächste Saison passieren könnte. Ich war noch nicht einmal richtig Zuhause. Ich will die Saison Revue passieren und alles sacken lassen und mir überlegen, was für die Zukunft möglich ist, was ich möglich machen will und was ich mir zutraue. Dass es machbar ist, rechnerisch und praktisch, hat man in dieser Saison gesehen. Man kann es aber nicht mit Hermann vergleichen. Mit unseren neu erfundenen Bewerben wie City-Events, Parallel-Bewerben und den Alpinen Kombinationen gibt es mehr Möglichkeiten, Punkte zu holen.
… ÜBER DIE VERLEIHUNG DES GROSSEN VERDIENSTZEICHENS DER REPUBLIK ÖSTERREICH: Von so etwas Großem zu träumen, wäre sehr weit entfernt von der Realität. So etwas kann man nicht planen und von so etwas darf man nicht träumen, das ergibt sich. Ich hätte nie gedacht, dass es möglich ist – versucht habe ich es aber. Ich freue mich über so eine große Auszeichnung. Ich versuche immer, es in Worte zu fassen, was mir aber nicht immer gelingt. Ich habe hin und wieder das Gefühl, es läuft ein Film ab, der sehr surreal wirkt – auch für mich. Mir ist bewusst, dass es die Realität ist, dennoch stehe ich zum fünften Mal als Gesamtweltcupsieger hier, jedes Jahr ist es mir wieder möglich, das zu gewinnen. Ich finde keine Erklärung, wie das möglich ist. Aber es ist umso schöner, dass es klappt.
… OB ER SCHON IM EURO-FIEBER IST: Wenn es mich noch nicht gepackt hat, wird das noch passieren. Im Herbst war ich voll dabei, das wird jetzt wieder so sein. Ich freue mich riesig auf die Spiele bei der EURO und werde mir einige ansehen. Wenn es passt, dann vielleicht sogar vor Ort.
Zusammengestellt von Matthias Nemetz