news

Parallel-Rennen im Weltcup: Es begann in Wien

Schnee für eine Million Schilling. "Strangulierte" Stars wie Stenmark. LAOLA1-Zeitreise:

Parallel-Rennen im Weltcup: Es begann in Wien Foto: © Akademischer Schiclub Wien

Am Donnerstag und Freitag sind die Arlberg-Wintersport-Hotspots Lech/Zürs erstmals seit 26 Jahren wieder Schauplatz von Weltcup-Rennen. Damen und Herren duellieren sich in der "Flexenarena" bei Parallel-Riesentorläufen (LIVE-Ticker).

Seit einigen Jahren versucht der Ski-Weltverband (FIS) den Weltcup mit derartigen Parallel-Events moderner und attraktiver zu gestalten. Was viele, vor allem jüngere Ski-Fans aber nicht wissen: Parallel-Bewerbe haben im Ski-Zirkus eine lange Tradition.

Das weltweit erste Parallel-Rennen fand 1967 in Wien statt, 1986 kam es in der Bundeshauptstadt zu einer weiteren Premiere: Dem ersten Parallel-Rennen im Weltcup bei Flutlicht!

Ja, richtig gehört: Wien. Im 14. Bezirk, auf der Hohe-Wand-Wiese, fand am 6. Jänner 1986 das bisher einzige jemals in der Bundeshauptstadt ausgetragene Weltcup-Rennen statt.

LAOLA1 nimmt dich mit auf eine Zeitreise:

Die FIS hatte schon in den frühen 80er-Jahren das Bestreben, Weltcup-Rennen vermehrt in Städte zu bringen, weil das Interesse und die Zuschauer-Zahlen in den klassischen Wintersport-Orten rückläufig waren.

Wien nutzte die Chance und bekam den Zuschlag für einen Parallel-Slalom der Herren bei Flutlicht. Die sportliche Durchführung oblag dabei dem "Akademischen Schiclub Wien", kurz ASC.

VIDEO: Braucht der Ski-Weltcup Parallel-Rennen?

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Die Veranstalter im Westen Wiens wurden vor logistische Herausforderungen gestellt. Die FIS erteilte bezüglich Unterbringung der Rennläufer, Betreuer und Serviceleute (laut ASC-Angaben ca. 110 Personen) sowie Journalisten genaue Richtlinien, das Parkhotel Schönbrunn erfüllte diese schließlich.

Außerdem wurden Werbeflächen vermietet und ein Rahmenprogramm erstellt, das für ein langsames Abströmen der Zuschauer sorgen sollte. 100 Ski-Anzüge in drei verschiedenen Farben mit Werbeaufschrift laut FIS-Reglement sorgten für die einheitliche Kleidung der Funktionäre und Helfer. Für die TV-Übertragung wurden insgesamt vier Kamera-Standorte festgelegt.

Kunstschnee für eine Million Schilling

Die größte Herausforderung war jedoch die Schnee-Erzeugung. Aufgrund der damals warmen Wetterprognosen wurde bereits vor Weihnachten 1985 mit Hilfe des Windkanals der Technischen Versuchs- und Forschungsanstalt Arsenal mit der Erzeugung von 1.500 Kubikmetern Kunstschnee begonnen, die laut ASC rückblickend 1,1 Millionen Schilling kostete.

3 Tage vor dem Rennen war die Hohe Wand Wiese noch grün
Foto: © Akademischer Schiclub Wien

Diese Prozedur machte sich in den ersten Jänner-Tagen des Jahres 1986 bezahlt, als sich die Hohe Wand Wiese noch komplett ohne Schnee präsentierte. Drei Tage vor dem Rennen wurde damit begonnen, den Kunstschnee per Hubschrauber vom Arsenal auf die Piste zu bringen. Ein Kälteeinbruch genau zur richtigen Zeit sorgte dafür, dass zusätzlich Schneekanonen eingesetzt werden konnten.

Das Ziel, die Hohe Wand Wiese mit einer 30 bis 50 cm dicken Schneeschicht zu bedecken, wurde rechtzeitig erreicht – alles war angerichtet für den Parallel-Slalom auf der Hohen Wand Wiese.

Eine Tatsache, die Österreichs Abfahrtstrainer Koni Rupprechter mit Genugtuung erfüllte. "Super, dann können meine Leute schon früher dort trainieren", erhoffte man sich einen Heimvorteil.

Am Renntag, dem 6. Jänner 1986, wurden die Zuschauer mittels Bussen vom Ernst-Happel-Stadion nach Penzing gebracht. Insgesamt strömten knapp 10.000 Ski-Fans an die Piste.

Stenmark, Girardelli und Co. strangulierten sich fast

Zu sehen bekamen sie das Who-is-who des damaligen Skisports, startberechtigt waren die 32 bestplatzierten Läufer im Weltcup. Der Gesamt-Führende Marc Girardelli war einer der ersten, der seine Teilnahme zusagte, obwohl das Rennen nur zum Nationencup zählte, den Luxemburgs Ein-Mann-Team ohnehin nicht gewinnen konnte.

Auch der Schwede Ingemar Stenmark - mit 86 Weltcup-Erfolgen immer noch Rekordhalter - stand am Start.

Besonders auffällig: Unter den 32 Läufern befanden sich zwar etliche österreichische Abfahrer, mit Hubert Strolz aber nur ein Slalom-Spezialist.

Die Duelle in der 1. Runde:

Nummer 1 Girardelli (LUX) - 32 Niederseer (AUT)
17 Leonhard Stock (AUT) - 16 Franz Heinzer (SUI)
9 Karl Alpiger (SUI) - 24 Marco Tonazzi (ITA)
25 Martin Hangl (SUI) - 8 Jonas Nilsson (SWE)
5 Hubert Strolz (AUT) - 28 Daniel Mahrer (SUI)
21 Pirmin Zurbriggen (SUI) - 12 Michael Mair (ITA)
13 Markus Wasmeier (GER) - 20 Erwin Resch (AUT)
29 Sepp Wildgruber (GER) - 4 Rok Petrovic (SLO)
3 Peter Müller (SUI) - 30 Andreas Wenzel (LIE)
19 Ivano Edalini (ITA) - 14 Helmut Höflehner (AUT)
11 Ingemar Stenmark (SWE) - 22 Paul Frommelt (LIE)
31 Max Julen (SUI) - 2 Peter Wirnsberger (AUT)

Vier Läufer standen automatisch in Runde zwei, da ihre Gegner nicht an den Start gingen: Joel Gaspoz (SUI), Anton Steiner (AUT), der Slowene Bojan Krizaj (wie Petrovic damals für Jugoslawien am Start) und Richard Pramotton (ITA).

Ingemar Stenmark scheiterte bereits im ersten Lauf der ersten Runde. Für Marc Girardelli war im Achtelfinale ebenso Endstation wie für u.a. den Olympiasieger in der Kombination 1988, Hubert Strolz, sowie den Schweizer Pirmin Zurbriggen. Die prominentesten Gesichter der Veranstaltung waren damit an diesem Tag gleichzeitig auch die betrübtesten.

Das größte Problem vor allem für die Slalomfahrer stellten die Richtungstore dar.

"Die FIS hatte ursprünglich Kippstangen verboten, dann aber die innere des RTL-Stangenpaares als Kippstange gefordert. Bei Berührung der Innenstange wurden die dazwischen gespannten Torflaggen öfter zerrissen. Auf Anordnung des FIS-Delegierten wurde daraufhin die feste Außenstange mit der Kippstange mit zusätzlichen Schnüren verbunden, was in der Folge für die Läufer unangenehme Folgen hatte", erinnert sich der Generalsekretär des Rennens, Walter Mayerl, auf der ASC-Website.

"Fallweise wurde durch die Schwingungen die zweite Stange von den Schnüren aus dem Boden gerissen, viele bekamen eine zurückschwingende Stange von hinten auf den Kopf, einige strangulierten sich fast in den Schnüren." Andi Wenzel etwa nahm als sichtbares Andenken eine breite Strieme über die Wange mit.

"Einer der Kleinsten war der Größte"

Trotz der Probleme konnte das Rennen in eineinhalb Stunden über die Bühne gebracht werden. Ins Semifinale kämpften sich mit Marco Tonazzi, Markus Wasmeier, Ivano Edalini und Anton Steiner durchwegs Außenseiter. Im großen Finale setzte sich Edalini gegen Wasmaier durch, Anton "Jimmy" Steiner wurde Dritter.

"Das Experiment ist gelungen", titelte die Austria Presse Agentur damals. "Der erste Weltcup-Parallelbewerb am Rande einer Millionenstadt am Montag in Wien-Mauerbach wurde vor 6.000 Zuschauern zum Erfolg. Und einer der Kleinsten war der Größte. Ivano Edalini, nur 1,68 m groß, aus Collio Valtrompia in Italien, feierte seinen ersten Weltcupsieg."

Edalini schwärmte von "einer perfekten Piste" und "einem herrlichen Publikum". Ein positives Fazit, das Wien bis dato jedoch kein weiteres Weltcup-Rennen bescherte.

Auf der Hohe Wand Wiese steht der Schlepplift seit der Saison 2016/17 still, wurde der Winterbetrieb komplett eingestellt. Skifahren ist dort nur mehr auf Rutschmatten möglich…

Die Ergebnisse des Rennens bis zur Entscheidung (laut APA vom 6.1.1986):

1. Runde:
Leonhard Stock (Ö) s. Franz Heinzer (Sz)       + 0.702
Marco Tonazzi (It) s. Karl Alpiger (Sz)        + 1,502
Hubert Strolz (Ö)  s. Daniel Mahrer (Sz)       + 1,985
Pirmin Zurbriggen (Sz) s. Michael Mair (It)    Disqu. 2. Lauf
Markus Wasmeier (BRD) s. Erwin Resch (Ö)       Disqu. 2. Lauf
Rok Petrovic (Jug) s. Sepp Wildgruber (BRD)    Disqu. 1. Lauf
Andreas Wenzel (Lie) s. Peter Müller (Sz)      + 0,818
Ivano Edalini (It) s. Helmut Höflehner (Ö)     + 1,070
Paul Frommelt (Lie) s. Ingemar Stenmark (Sd)   Disqu. 1. Lauf
Max Julen (Sz) s. Peter Wirnsberger (Ö)        + 0,902
Marc Girardelli (Lux) s. Stefan Niederseer (Ö) w.o.
Martin Hangl (Sz) s. Jonas Nilsson (Sd)        w.o.
Joel Gaspoz (Sz) s. Doug Lewis (USA)           w.o.
Anton Steiner (Ö) s. Robert Erlacher (It)      w.o.
Bojan Krizaj (Jug) s. Franck Piccard (Fr)      w.o.
Richard Pramotton (It) s. Niklas Henning (Sd)  w.o.   

Achtelfinale:
Stock s. Girardelli        Disqu. 1. Lauf
Tonazzi s. Hangl           Disqu. 1. Lauf
Zurbriggen s. Strolz       Disqu. 2. Lauf
Wasmeier s. Petrovic       Disqu. 1. Lauf
Edalini s. Wenzel          Disqu. 1. Lauf
Frommelt s. Gaspoz         + 0,006
Steiner s. Krizaj          + 0,518
Julen s. Pramotton         + 0,940   

Viertelfinale:
Tonazzi s. Stock           + 0,350
Wasmeier s. Zurbriggen     Disqu. 1. Lauf
Edalini s. Frommelt        + 0,150
Steiner s. Julen           + 0,230   

Semifinale:
Wasmeier s. Tonazzi        Disqu. 1. Lauf
Edalini s. Steiner         Disqu. 2. Lauf   

Um Platz 3:
Steiner s. Tonazzi         Disqu. 1. Lauf   

Finale:
Edalini s. Wasmeier        Disqu. 2. Lauf (nach + 0,113 im ersten Lauf)

Kommentare