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Mandl: Hirscher/Kristoffersen als Unbekannte

Alpin-Chef Herbert Mandl über ÖSV-Siegfahrer und neue Konkurrenz durch Hirscher.

Mandl: Hirscher/Kristoffersen als Unbekannte Foto: © GEPA

Noch 58 Tage, dann ist wieder Winter! 

Am 22. Oktober beginnt auf dem Rettenbachferner hoch über Sölden im Ötztal traditionell die neue Ski-Weltcup-Saison. 

Diese bringt vor allem beim ÖSV nach den personellen Rochaden im Frühjahr viel Neues mit sich. Mit Marko Pfeifer (Männer) und Thomas Trinker (Frauen) sind zwei neue Cheftrainer am Werk, die ÖSV-Rückkehrer Herbert Mandl in seiner Funktion als Alpin-Chef installierte. 

Mit Toni Giger verlor der heimische Skiverband einen wichtigen Entscheidungsträger an Red Bull und Marcel Hirscher, der mit seiner Ski-Marke "Van Deer" und Henrik Kristoffersen den Weltcup aufmischen will. 

Auf den ÖSV warten in der anstehenden Saison noch weitere sportliche Herausforderungen. Man will die Ski-Nation Nummer eins bleiben und zusätzlich mehr Einzel-Siege einfahren. 

"Wir haben in der vergangenen Saison zwar den Nationencup gewonnen, aber individuell an Siegen und Podestfahrern versuchen wir umfangreicher zu werden", erklärt Mandl. 

Wie das gelingen soll, was sich unter den neuen Cheftrainern geändert hat, wie er die "Problemdisziplin" Riesentorlauf sieht und wie er die Zusammenarbeit zwischen Hirscher und Kristoffersen einschätzt, erklärt Herbert Mandl im LAOLA1-Interview: 

LAOLA1: Sie haben bei Ihrer Rückkehr zum ÖSV das Ziel ausgerufen, wieder mehr Siegfahrer entwickeln zu wollen. Wie soll das konkret gelingen?

"Es gilt, das Engagement zu steigern. Jeder muss für die Sache 100-prozentig arbeiten, nicht nur die Athleten sondern auch die Betreuer."

Mandl: Wir wollen generell aus der Breite, die wir durchaus haben, wieder mehr Siegfahrer entwickeln. Wir haben in der vergangenen Saison zwar den Nationencup gewonnen, aber individuell an Siegen und Podestfahrern versuchen wir umfangreicher zu werden. Da gilt es an kleinen Rädern zu drehen und vor allem das Engagement zu steigern. Jeder muss für die Sache 100-prozentig arbeiten, nicht nur die Athleten sondern auch die Betreuer. Wenn wir die Ressourcen, die wir uns schaffen, auch nützen, wird uns das durchaus gelingen - damit wir dann insgesamt als Mannschaft stärker auftreten.

LAOLA1: Sie mussten gleich zu Beginn Ihrer Amtszeit zwei neue Cheftrainer für Frauen und Männer suchen und haben sich für Marko Pfeifer und Thomas Trinker entschieden. Was hat sich unter den neuen Trainern verändert?

Mandl: Ich glaube, mit neuen Trainern ändert sich automatisch etwas. Bei den Damen sind wir von den Gruppentrainern her komplett neu aufgestellt. Da ist wieder frischer Wind und neues Engagement drin. Bislang haben sich alle bemüht, das umzusetzen, was möglich war. Nach Saisonende wurde die Zeit noch gut für das Schneetraining genutzt. Über den Sommer stand dann hauptsächlich Konditionstraining auf dem Programm, da waren alle aktiv bei der Sache. Wir haben nicht mehr so viele Kondi-Kurse und Trainingslager wie früher, stattdessen trainieren die Athleten regional verteilt an den Olympia-Zentren. So sollen lange Anreisen vermieden und die Zeit besser genutzt werden.

LAOLA1: Einer der neuen Gruppentrainer bei den Frauen ist Livio Magoni. Seine Verpflichtung sorgte aufgrund der Aussagen seiner ehemaligen Schützlinge wie Petra Vlhova für Aufsehen. Wie läuft die Zusammenarbeit bis jetzt, vor allem mit Katharina Liensberger, mit der Magoni hauptsächlich arbeitet?

Mandl: Sehr intensiv und rege. Kathi ist eine Athletin, die schon sehr viele Trainigstage absolviert hat und das in enger Zusammenarbeit mit Livio. Er kann als erfahrener Trainer gerade im Damenbereich viel einbringen, für die gesamte Mannschaft, nicht nur für die Kathi. Ich erwarte mir vor allem im Riesentorlauf Inputs, die der ganzen Mannschaft gut tun werden. Auch Kathi hat das Ziel, im Riesentorlauf regelmäßig aufs Podest zu fahren.

LAOLA1: War die Kritik der Athletinnen an Magoni bei seiner Verpflichtung ein Thema?

Mandl: Die Kritik ist extern entstanden nach den Aussagen seiner Ex-Athletinnen. Es waren die letzten zehn Jahre mit Tina Maze und Vlhova sehr erfolgreich, sowohl für die Athletinnen als auch für Livio. Dass sich ein enges Arbeitsverhältnis irgendwann abnützt ist normal. Wir nehmen ihn als wertvollen, erfahrenen Trainer wahr. Er hat sich ja selbst bei uns beworben. Sein Interesse war sehr groß, für den ÖSV zu arbeiten und das haben wir dann gemeinsam realisieren können.

LAOLA1: Sie haben bei Ihrer Rückkehr zum ÖSV kritisch angemerkt, dass in der Vergangenheit zu sehr auf Spezialisierung gesetzt wurde, die meisten Athleten nur zwei Disziplinen fahren. Wurde Ihrer Meinung nach zu wenig Fokus auf die Kerndisziplin, den Riesentorlauf, gelegt?

Mandl: Wenn alle zwei Disziplinen fahren, ist das eh voll in Ordnung. Es war der Ansatz, dass vor allem die Speedfahrer – und das schon im Europacup – den Riesentorlauf zu früh fallenlassen. Das ist die Kritik gewesen. Man muss versuchen, die Leute technisch so gut auszustatten, dass sie -  wenn ihnen der Sprung in den Weltcup gelingt – dort auch vorne mitfahren können.

LAOLA1: Wurden dahingehend im Europacup und in den Ebenen darunter schon Maßnahmen gesetzt?

Mandl: Einerseits haben wir uns auf dieser Ebene Trainer-mäßig brutal verstärkt. Wir haben auch einen relativ großen Kader beibehalten, weil die Selektionierung nicht so einfach war. Es gibt schon viele Spezialisten, die eine starke Disziplin haben und bei denen es schade wäre, sie wegzugeben. Da hat man sich breit aufgestellt und versucht, mit mehr Input die Leistungssteigerung herbeizuführen. Wir halten die jungen Athleten im Europacup an, den Riesentorlauf vermehrt dazu zu nehmen. Im Weltcup ist es sowieso gang und gäbe, dass der Riesentorlauf im Training mitgenommen wird, auch bei den Speed-Fahrern. Sie trainieren das auf einem Level, sodass sie auch im Weltcup reüssieren können. Das haben ein Matthias Mayer oder ein Vinc Kriechmayr schon bewiesen. Aber Läufer wie sie werden in ihrem Alter schauen, dass sie in ihren starken Disziplinen an der Spitze fahren können. Da darf man auch keine Synergien verschwenden. Im Training wird vermehrt Riesentorlauf gefahren, aber wir erwarten nicht, dass sie diese Disziplin voll wettkämpfmäßig mitnehmen.

"Wenn Marcel Hirscher etwas anpackt, dann hat das Hand und Fuß."

LAOLA1: Vor allem im Riesentorlauf wird im kommenden Winter wohl ein Name wieder häufiger fallen: Marcel Hirscher. Hat es Sie überrascht, dass der Weltcup-Einstieg seiner Ski-Marke "Van Deer" so schnell gelungen ist und dass er mit Kristoffersen gleich einen Top-Fahrer verpflichten konnte?

Mandl: Es hat mich schon etwas überrascht, dass Kristoffersen gleich von Beginn an dabei ist. Aber er hat die Ski sicher getestet und weiß, worauf er sich einlässt. Wenn man Marcel Hirscher und seinen Vater Ferdinand kennt, weiß man, dass sie mit enormer Akribie an die Sache herangehen. Wenn Hirscher etwas anpackt, dann hat das Hand und Fuß.

LAOLA1: Wie stark ist Henrik Kristoffersen auf den Hirscher-Ski einzuschätzen? Wird er gleich in der ersten Saison Weltcup-Siege feiern?

Mandl: Wir haben ihn bisher noch nicht beim Training getroffen, deshalb ist das ganz schwer einzuschätzen. Wir haben ja mit Max Franz und Christoph Krenn zwei ÖSV-Athleten, die indirekt durch Augment auch im Team dabei sind. Die hatten kaum Möglichkeiten zum Testen, haben erst im Mai die Ski bekommen. Bei denen findet das Testen jetzt erst statt.

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