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Hirscher über Karriereende: "Mir fehlt Courage"

Kein Karriereende: Marcel Hirscher über Gefahren und Veränderungen.

Hirscher über Karriereende: Foto: © GEPA

Die Spekulationen haben ein Ende: Marcel Hirscher setzt seine Karriere fort.

Die Gründe dafür sind trotz Hochzeit und Nachwuchs simpel: "Die Liebe zum Sport ist wahnsinnig groß. Skifahren ist mehr als ein Job für mich, es ist eine Leidenschaft. Sowas beendet man nicht leichtfertig", erklärt der siebenfache Gesamtweltcup- und zweifache Olympia-Sieger.

Der 29-Jährige gibt aber auch zu: "Ich habe nicht die Schneid' und die Courage, zu sagen: 'Das war es jetzt, Aus und auf Wiederschauen'."

Im Interview spricht Hirscher über die Gefahr, den richtigen Moment für das Karriereende zu verpassen, die Veränderungen in der kommenden Saison und darüber, warum sieben Jahre Nummer eins vielleicht genug sind:

Frage: Gratulation zur Hochzeit! Hast du dich schon an den Ring am Finger gewöhnt?

Marcel Hirscher: Die ersten paar Tage hat es sich schon ungewohnt angefühlt, aber man gewöhnt sich schnell. Es fühlt sich gut an und macht mich stolz.

Frage: „The real adventure starts now“ - „Das echte Abenteuer beginnt jetzt“. Mit diesen Worten habt ihr die Schwangerschaft in den sozialen Netzwerken verkündet. Wie abenteuerlich war die Zeit bis jetzt schon?

Hirscher: Privates soll wirklich privat gehalten werden, aber so viel kann ich sagen: Laura und ich haben eine Riesenfreude und genießen es sehr. Es ist ein sehr spannender Prozess. Ich habe jetzt mehr Aufgaben, als nur Skifahrer zu sein, ich werde Familienvater. Ich nehme das sehr ernst, weil ich mich sehr darauf freue.

Frage: Du hast in der Vergangenheit schon immer betont, dass Skifahren für dich nicht das Wichtigste im Leben ist. Deine Prioritäten haben sich jetzt noch mehr verschoben, oder?

Hirscher: In den letzten 15 Jahren hatte der Spitzensport oberste Priorität, es hat sich alles darum gedreht. Neben dem Sport hat es wenig Kompromisse gegeben, das wird sich in Zukunft ändern. Die Zeit, in der ich dem Sport alles untergeordnet habe, ist vorbei. Aber ich sehe es als meine Aufgabe, das alles unter einen Hut zu bringen - natürlich mit der Gefahr, dass sportlich nicht alles auf Sieg gefahren werden kann. Das ist mir momentan aber herzlich egal (schmunzelt). Sieben Jahre Nummer eins sind lange - vielleicht lange genug.

Frage: Du hast dir nach Ende der letzten Saison viel Zeit genommen, alles revue passieren zu lassen. Was sind deine Gedanken in Hinblick auf die letzte Saison und auf die kommende Saison?

Hirscher: Die letzte Saison war einfach wirklich unfassbar! Es war so unerwartet - das kann man sich gar nicht vorstellen. Doppel-Olympiasieger, Gesamtweltcupsieger: Das sind alles Dinge, die nach dem Knöchelbruch so weit entfernt waren. Man denkt sich: Eigentlich gibt’s das alles gar nicht. In Hinblick auf die nächste Saison lasse ich es einfach auf mich zukommen. Das „müssen“ wird immer weniger, das ist spürbar.

Frage: Welche Faktoren - außer den privaten Veränderungen - waren ausschlaggebend dafür, dass du dich fürs Weitermachen entschieden hast?

Hirscher: Skifahren ist mehr als ein Job für mich, es ist eine Leidenschaft. Sowas beendet man nicht leichtfertig. Die Freude am Rennfahren ist nach wie vor da. Es ist ein bisschen eine Sucht dahinter, das Skifahren und vor allem der Wettkampf ist das, was den Rest am Leben erhält.

Frage: Wie groß war der Einfluss deines Teams auf die Entscheidung?

Hirscher: Ein ausschlaggebender Punkt war, dass es noch immer Optimierungsbedarf gibt. Wir können immer noch besser werden. Wenn wir alle gesagt hätten: Es ist alles wunderbar, wir sind am Maximum, dann wäre es glaube ich besser gewesen aufzuhören. Denn dann hätte ich nur mehr schlechter werden können. Wir müssen versuchen, nochmal ein Schäuferl zuzulegen.

Frage: Du hast gesagt, du könntest dir vorstellen, deine Karriere sanft ausklingen zu lassen. Was schreckt dich vor einem sofortigen Karriereende am Höhepunkt ab?

Die Gefahr, den richtigen Moment für das Karriereende zu verpassen, ist riesengroß. Das ist aber das Risiko, das ich bewusst eingehe. Denn ich habe nicht die Schneid' und die Courage, zu sagen: "Das war es jetzt, Aus und auf Wiederschauen".

Marcel Hirscher

Hirscher: Ich werde jetzt dann 30 und habe mehr als die Hälfte meines Leben nichts anderes gemacht, als Ski zu fahren. Wenn man das dann von heute auf morgen radikal ändert, wäre das ein drastischer Schritt. Lassen wir es langsam ausklingen. Auch wenn ich immer gesagt habe, das mag ich nicht, aber es schaut aus, als ob das der einzige Weg wäre. Die Gefahr, den richtigen Moment für das Karriereende zu verpassen, ist riesengroß. Das ist aber das Risiko, das ich bewusst eingehe. Denn ich habe nicht die Schneid' und die Courage, zu sagen: 'Das war es jetzt, Aus und auf Wiederschauen'. Ich stehe zu gern auf den Brettln.

Frage: Ist vielleicht auch ein bisschen Angst dabei, nach dem Karriereende in ein Loch zu fallen?

Hirscher: Also ich habe keine Angst davor, nicht zu wissen, was ich machen soll. Ich würde sicher etwas finden, das mir Freude bereitet und wo ich mich nützlich machen kann. Aber ich muss mir auch bewusst sein, dass sich das Leben nicht so schnell weiterdrehen kann wie die letzten Jahre. Denn sonst ist das Leben auf einmal verdammt schnell vorbei. Man muss auch damit zurechtkommen, dass nicht jeder Tag Vollgas erfordert. Beim Skifahren ist es nämlich jedem egal, ob du einen guten oder schlechten Tag hast - du musst performen. Das wird sicher eine Riesenumstellung.

Frage: Du hast - bedingt durch deine private Situation - Veränderungen für die kommende Saison angekündigt. Was werden das für Veränderungen sein?

Hirscher: Es werden in erster Linie zeitliche Veränderungen sein. Wenn ich z.B. in der Vergangenheit drei Wochen in Amerika war, werden es diese Saison nur ein paar Tage sein. Es wird auch sicher so sein, dass ich nicht mehr alle Medientermine in der Intensität wahrnehme. Ich werde gerne Zeit von der Sport-Seite wegnehmen. Es wird sicherlich eine Saison werden, in der ich abwiegen muss, in wieweit ich z.B. bereit bin, zwei Wochen in Aare (WM, Anmerkung) zu sein oder nicht. Vielleicht bin ich nur zwei Tage dort. Es gibt viele Fragezeichen.

Frage: Angesichts dieser Vorzeichen: Mit welchen Zielen gehst du in die neue Saison?

Hirscher: Das Ziel muss einfach sein, wieder in der Lage zu sein, mit den Besten mitzuhalten und Rennen zu gewinnen. Dann ergibt sich der Rest von alleine. Mein Wunsch wäre, wieder auf so einem Leistungsniveau zu sein, um um Siege mitfahren zu können.

Frage: Glaubst du, dass die öffentliche Erwartungshaltung durch die Veränderungen im privaten Bereich geringer wird?

Hirscher: Hoffentlich! Auch meine Erwartungen müssen sich jetzt schön langsam mal reduzieren. Natürlich sind wir verwöhnt, aber die Erfolge sind eigentlich alles andere als selbstverständlich.

Frage: Es gibt eine Veränderung in deinem Team, du hast einen neuen zweiten Servicemann. Der soll seine Stärken vor allem im Speed-Bereich haben. Heißt das, dass du die Speed-Rennen doch mehr in Fokus nimmst?

Hirscher: Nein, absolut gar nicht. Im Slalom ist es mittlerweile bei den vielen Gleitphasen auch wichtig, einen schnellen Ski zu haben. Der Plan ist es überhaupt nicht, mich auch auf die Abfahrt zu fokussieren, weil es einfach zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Es ist grundsätzlich schon reizvoll, vom Timing her ist es aber schon paar Jahre zu spät. Ich bin nicht mehr bereit, fünf Jahre zu investieren.

Frage: Du steckst schon mitten in der Vorbereitung auf die neue Saison. Wie geht es voran?

Hirscher: Ich habe viel Energie und Freude, dass es schön langsam weitergeht. Es passt gut, wie es momentan ist. Mir geht es körperlich super, mental habe ich mich auch sehr gut erholen können. Ich bin schon motiviert, wieder Rennen zu fahren.

Frage: Das heißt, wir sehen dich beim Saison-Auftakt in Sölden (28.Oktober, Anm.)?

Hirscher: Genau. Wenn die Schneelage gut ist und das Training super funktioniert, und es Spaß macht und ich eine Leichtigkeit habe bei meinem Skifahren, dann voll gerne.

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