Das vorletzte WM-Spiel für Österreich ist gleichzeitig das Spiel der letzten Chance: Gegen Belarus (heute, 16:15 Uhr im LIVE-Ticker) muss ein Sieg her, um den Klassenerhalt im A-Pool zu sichern.
Bei drei Punkten wäre dieser fix, bei zwei Punkten müssten noch die Abschlussspiele der beiden Teams abgewartet werden. 24 Stunden nach dem enttäuschenden 2:5 gegen Frankreich heißt es für das ÖEHV-Team "Alles oder nichts"…
Analyse des Frankreich-Spiels
Die Niederlage gegen Frankreich erinnerte an viele (verlorene) Schlüsselspiele der letzten Jahre. Eine gute Ausgangsposition (der Führungstreffer durch Hundertpfund nach einem Heinrich-Pass war eigentlich ein Traumtor) wurde leichtfertig aus der Hand gegeben.
Viveiros und Schneider ließen Chancen auf das 2:0 liegen, nach dem Ausgleichstreffer durch Fleury (wem sonst?) folgte ein ganz schwaches Restdrittel, das 2:1 durch Treille war nur die logische Konsequenz.
Auch das zweite Drittel verlief ähnlich: Dem Powerplay-Treffer durch Michi Raffl beantwortete Fleury mit einem seiner typischen One-Timer bei einer 5-3-Überlegenheit, beim 3:2 schickten Texier und Teddy da Costa das Pärchen Altmann-Schlacher in die Garage.
Nach dem 5:2 zu Beginn des Mitteldrittels war das Spiel entschieden, auch wenn Österreich danach klar dominierte und vor allem durch Raffl einige Chancen herausspielte. Der NHL-Crack wurde von Bader auch sehr forciert, seine knapp 22 Minuten Eiszeit waren um knapp vier Minuten mehr als die des nächsten Stürmers Konstantin Komarek. Erwarte ähnliches auch heute gegen Weißrussland. Brian Lebler ist fraglich, ein von Bader angedachter Goalwechsel von Bernhard Starkbaum zu David Madlener würde mich aber überraschen.
Analyse Weißrussland - "Lausig"

Zum Gegner: Die Weißrussen hatten nach drei Turnierspielen schon drei Goalies und zwei Headcoaches verbraucht – sicher kein Indiz für ein zufriedenstellendes Turnier. "Lausig" ist eher ein Wort für die bisherigen Leistungen mit null Punkten und 4:25 Toren. Der Negativtrend hatte (spätestens) schon im letzten Jahr begonnen, als nach fünf Niederlagen erst Siege gegen Slowenien und Norwegen den Klassenerhalt sicherten.
Weißrussland hatte sich über Jahre mit eingebürgerten Spielern verstärkt, davon stehen jetzt nur mehr Geoff Platt und Charles Linglet (fehlte gestern beim 0:3 gegen Tschechien) im Aufgebot.
Vor allem Kevin Lalandes Karriereende stürzte das Teams ins Elend: Coach Dave Lewis setzte in den ersten drei Spielen mit Kornaukov, Kulbakov und Trus gleich drei Torhüter ein – das sagt schon alles. Ich erwarte heute Vitali Trus im Kasten, der gegen Tschechien gut hielt und dessen Stil am ehesten noch goalieähnliche Züge aufweist.
Schmerzhafte Abwesende
Natürlich ist das Team von Belarus durch einige Abwesende geprägt: Defender Nick Bailen – auch er eingebürgert – legte seine Hochzeit in den Mai und kam mit Lewis nie gut aus.
Er wäre ein dringend benötigter Powerplay-Experte gewesen. Die ex- und egozentrischen Kostitsyn-Brüder Andrej und Sergej fehlen ebenso wie der letztjährige Kapitän Andrei Stas.
Aufwärtstrend nach Trainerwechsel
Unter Sergei Pushkov, der Dave Lewis nach den drei Auftaktniederlagen ablöste, präsentierte sich das Team etwas engagierter und disziplinierter, die Grundprobleme blieben aber bestehen: Ungenügenden Goalieleistungen steht ein sehr limitiertes Offensivpotential gegenüber. Das beginnt schon im Aufbauspiel – mit Pavel Vorobei, Dmitri Korobov und Stepan Falkovsky stehen zwar drei absolute Hünen an der blauen Linie, doch einzig Falkovsky bringt auch etwas Beweglichkeit und Puckskills mit.
Der Zwei-Meter-Riese fiel mir heuer schon bei meinem AHL-Trip bei Ontario positiv auf. Von Calgary gedraftet, aber bald freigesetzt, nahmen ihn die LA Kings im letzten Sommer unter Vertrag. Sein Bombenschuss von der blauen Linie wird auch heute eine Powerplay-Waffe sein.
Jugend darf ran
Auch im Angriff ist Spielwitz nur in Spurenelementen vorhanden. Als Fleury-artiger Sargnagel für Österreich drängt sich noch am ehesten Geoff Platt auf, der mit seinem immer noch schnellen Antritt für Verwirrung sorgen kann.
Weißrussland hat aber die Zeichen der Zeit schon erkannt: Mit Igor Sharangovich und Maxim Shushko (beide 19) stehen zwei Youngsters im Aufgebot, wovon Sharangovich sogar die Toplinie centern darf. Beide sind für mich alte Bekannte aus Nachwuchs-WMs, etwa bei einem sensationellen rot-weiß-roten 5:4-Sieg in Minsk vor drei Jahren bei der U18-WM. Sushkov wurde auch 2017 von den Flyers gedraftet und spielt seit Jahren in der OHL.
Ob mit Lewis oder Pushkov hinter der Bande – übermächtig ist Weißrussland heuer sicher nicht, auch wenn eine körperliche Überlegenheit spürbar sein wird. Das Team ist aber (im Gegensatz zu Österreich) schon seit Jahren ein Beispiel für einen gelungenen Tanz am Abstiegsabgrund, eine Serie die es heute zu brechen gilt…