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Die Hintergründe zum spektakulären Rossi-Trade

Marco Rossi wurde in der Nacht auf Samstag von den Minnesota Wild zu den Vancouver Canucks getradet. LAOLA1-Scout Bernd Freimüller analysiert diesen Wechsel.

Die Hintergründe zum spektakulären Rossi-Trade Foto: © GETTY

Marco Rossi hat ein neues Team, die Minnesota Wild einen neuen Superstar: So lässt sich der Freitag in der NHL aus österreichischer Sicht zusammenfassen.

Was steckt hinter dem Trade zwischen den Wild und den Vancouver Canucks?

Die Fakten

Minnesota bekommt: Verteidiger Quinn Hughes

Vancouver bekommt: Verteidiger Zeev Buium, Marco Rossi, Flügel Liam Öhgren und Minnesotas Erstrunden-Pick 2026

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Wie kam es zu diesem Trade?

Es ging hier einzig und allein um Hughes – dieser machte den Canucks schon vor längerer Zeit klar, dass er seinen 2027 auslaufenden Vertrag auf keinen Fall verlängern würde. Natürlich legten weder er noch sein Agent Pat Brisson die Gründe dafür öffentlich dar, aber die sportliche Entwicklung (oder besser Nicht-Entwicklung) sprach natürlich nicht für die Canucks.

Ob er wirklich Richtung Ostküste übersiedeln will, am besten zu seinen beiden Brüdern Luke und Jack zu den Devils, wird die Zukunft zeigen, Minnesota wäre hier auf der Landkarte höchstens ein Zwischenschritt.

Natürlich hätten die Canucks-Entscheidungsträger – President of Hockey Operations Jim Rutherford und GM Patrick Allvin – noch genug Zeit für einen Trade gehabt, doch sie wollten jetzt schon den Markt sondieren.

Rutherford – mit 76 Jahren natürlich sehr gut vernetzt – machte allen 31 Teams klar, zu welchem Gegenwert Hughes zu haben wäre. Unter den mehr oder weniger seriösen Interessenten stachen dann bald die Wild hervor, wo GM Bill Guerin einst von Rutherford in Pittsburgh angelernt wurde.

Das von Guerin geschnürte Paket umfasste mit Buium einen ebenfalls sehr spielstarken Defender und mit Rossi einen bereits in der Liga etablierten Center, die beide mit 21 und 24 Jahren noch gute und auch kostengünstige Saisonen vor sich haben.

Dazu kam mit Liam Öhgren ein weiterer ehemaliger Erstrunden-Pick, der aber in zwei Saisonen bei den Wild nie den Sprung in die NHL geschafft hat. Der (sicher niedrige) Pick für den Draft 2026 war mehr oder weniger obligat, was die Canucks daraus machen, wird man erst in Jahren wissen.

Was macht Quinn Hughes so besonders?

Was macht Quinn Hughes so besonders?
Quinn Hughes galt als bester Defender, der je ein Canucks-Jersey getragen hat.
Foto: ©GETTY

Spieler wie er werden nur alle Jubeljahre angeboten, er gehört zur Elite der NHL. Der Offensiv-Defender ist ein fabelhafter Skater, kann die Eisfläche jederzeit in Richtung gegenerisches Drittel neigen Der PP-Spezialist kam in den letzten beiden Saisonen auf mehr als einen Punkt pro Spiel.

Hughes gilt als bester Defender, der je ein Canucks-Jersey getragen hat, war auch charakterlich immer in Ordnung, obwohl er in der Rolle als Kapitän nicht unbedingt ein Mitreißer war.

Um es kurz zu formulieren: Der einzige Defender auf diesem Planeten, den ein GM gegen Hughes 1:1 tauschen würde, wäre wohl Cale Makar. Hughes war und ist ein NHL-Superstar, der jede Defensive veredeln würde.  Egal ob du großen Bedarf an der blauen Linie hast oder nicht – wenn ein solcher Spieler am Markt aufschlägt, musst du reagieren.

Das tat Guerin auch im Bewusstsein, dass der Preis für ihn hoch liegen würde. Seine Center-Achse wurde ohne Rossi noch einmal dünner, allerdings legte das Team ohne den Österreicher zuletzt eine Siegesserie hin. Buium wiederrum könnte, wenn er an seiner Defensive arbeitet und seine offensiven Qualitäten weiter ausspielt, zu einer Billig-Version von Hughes werden.

Das einzige Problem um Hughes: Er wird eben 2027 zum Unrestricted Free Agent, kann sich also dann sein neues Team frei wählen. Die Wild können mit ihm erst ab dem 1. Juli 2026 Gespräche führen, ob er an einer Verlängerung interessiert wäre. Ihr Vorteil: Sie können bis zum 15. September 2026 (dann tritt der neue CBA in Kraft) einen Acht-Jahres-Vertrag anbieten, während er als UFA 2027 nur einen Sechs-Jahres-Kontrakt unterschreiben könnte.

Sollten Hughes bzw. Brisson den Wild klarmachen, dass er den Free-Agent-Markt austesten wird, müsste Guerin entscheiden, ob er mit ihm den sportlichen Erfolg anstreben oder für ihn noch einen Gegenwert mittels Trade herausschlagen will.

Was bedeutet der Trade für Rossi vertragstechnisch?

Überhaupt nichts, natürlich wird sein Vertrag 1:1 übernommen und auch die Rahmenbedingungen sind die gleichen.

Selbst wenn er und die Canucks von Tag eins eine Liebesbeziehung eingehen, kann er erst in seinem letzten Vertragsjahr (läuft 2028 aus) überhaupt Gespräche führen, ohne Vertrag wäre er aber auch über 2028 noch für ein Jahr an die Canucks gebunden, bevor er 2029 zum UFA wird.

Natürlich könnten sie ihn aber schon früher weitertraden, sein Gehalt von jährlich fünf Millionen Dollar schreckt sicher niemanden ab.

Was bedeutet der Trade für Rossi sportlich?

Die Tabelle lügt nicht: Die Canucks sind das 32. von 32 Teams und das nicht zufällig nach lediglich zwei Playoff-Teilnahmen in den letzten zehn Saisonen. Ob jetzt Ex-GM Jim Benning oder eben seine Nachfolger Rutherford und Allvin an der derzeitigen Misere mehr Schuld haben, spielt keine große Rolle, aber die unmittelbare Zukunft der Organisation schaut nicht besser als die Vergangenheit  aus.

Mit Hughes ging der einzige Superstar, der Rest des Teams  stagniert und der Prospect Pool hat auch keine Stars in petto. Die größten Hoffnungen ruft natürlich der abzusehende hohe Pick 2026 hervor, allerdings handelt es sich um keinen aufsehenerregenden Draft.

Alles, was man über die Center-Achse in Vancouver wissen muss: Rossi ist bereits der dritte Mittelstürmer, den die Canucks heuer während der Saison nachverpflichteten. Erst kam Lukas Reichel, der Deutsche bekam aber in Vancouver ebensowenig ein Bein auf den Boden wie in Chicago und ist wieder per Waivers zu haben. Danach kam noch der Tscheche David Kämpf, dessen Vertrag gerade in Toronto aufgelöst worden war, in Vancouver dagegen zuletzt gar eine Top-Rolle bekam. Irre!

Verletzungsprobleme

Natürlich hat das auch mit Verletzungen zu tun – Elias Pettersson war zuletzt out, sollte aber bald zurückkehren, zwei Middle-6-Center fallen schon länger aus: Der Lette Teddy Bluegers spielte heuer nur zwei Spiele, geht vor allem im PK ab.  Filip Chytil erlitt wieder eine Gehirnerschütterung, bei ihm ist es fraglich, ob er überhaupt noch einmal Eishockey spielen kann.

Drew O'Connor (eher ein Flügel), Max Sasson und Aatu Räty waren zuletzt die weiteren Varianten neben Kämpf – das erklärt auch die sportliche Misere.

Pettersson (der Center, nicht einer der beiden Verteidiger mit gleichem Nachnamen) ist nach dem Abgang von Hughes der einzige verbliebene Star im Kader und spielte vor seiner Verletzung auch wieder passabel.

Die letzten Jahre haben ihm aber arg zugesetzt: Streitigkeiten mit Teamkollegen J. T. Miller, der Druck eines formidablen Kontrakts (fast 12 Millionen pro Jahr) und hartnäckige Knieprobleme warfen ihn ziemlich aus der Bahn.

Vor drei Jahren sah die Center-Achse noch pompös aus: Pettersson, Miller und Bo Horvat. Horvat wurde aber zu den Islanders getradet (für ihn kam u. a. Räty), Miller zu Beruhigung der Kabinenatmosphäre während der letzten Saison zu den Rangers (für ihm kam u. a. Chytil).

Top-6-Rolle für Rossi

Welch ein Unterschied zu heute! Rossi rückt damit – ohne auch nur ein Spiel absolviert zu haben – automatisch in eine Top-6-Rolle. Er selbst dürfte in Kürze (schon am Sonntag in New Jersey?) von seinem auskurierten Fußbruch zurückkehren und würde dann Pettersson während dessen Absenz als Top-Center ablösen.

Die Winger-Kandidaten für ihn und den Schweden sind Brock Boeser, Jake DeBrusk, der launenhafte Evander Kane sowie Conor Garland und Nils Höglander, die mit Rossi gemeinsam aber sehr kleine Kombinationen abgeben würden.

Der Österreicher wechselte also von einer Organisation, die immer ein wenig an seinem Wert zweifelte, zu einer, die ihn wie einen Bissen Brot benötigt und auch schon im letzten Sommer an ihm interessiert war.

Ob er in den nächsten Jahren mit den Canucks, die sich öffentlich eher zu Tierquälerei als zu einem Rebuild bekennen würden,  aber große Erfolge feiern wird, erscheint höchst fraglich...

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