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David Pastrnak: Zahltag für das Herzstück?

Im Draft kam er eher spät dran. Ist er dafür bald NHL-Topverdiener? LAOLA1-Experte Bernd Freimüller erklärt, wie sich David Pastrnak so gut entwickeln konnte.

David Pastrnak: Zahltag für das Herzstück? Foto: © getty

"It‘s payday, Baby" – läuft es darauf bei Boston-Superstar David Pastrnak raus?

Mit 1. Juli nächsten Jahres wird er zum Unrestricted Free Agent und noch hat er keinen neuen Vertrag unterschrieben. Ein Blick auf seine Karriere und darauf, was die Zukunft finanziell für ihn bringen könnte, von LAOLA1-Scout Bernd Freimüller:

Der in Havirov – unweit von Ostrava, Tschechiens drittgrößter Stadt, gelegen – geborene Flügel gehört zu den Spielern, die sofort nach dem Draft den Sprung in die NHL schafften.

In den ersten beiden Saisonen noch mit AHL-Gastspielen (insgesamt 28 Spiele mit mehr als einem Punkt pro Spiel), in der letzten Saison seines Entry-Level Deals dann bereits mit 70 Punkten in 74 Partien für die Bruins. Den Schnitt von mehr als einem Punkt pro Spiel hielt er bis heute, darunter waren Spielzeiten mit 48 (2019/20) und 40 Toren (2021/22) Toren.

In der laufenden Spielzeit stehen nach 35 Spielen sage und schreibe 48 Punkte (je 24 Tore und Assists) zu Buche.

Die Statistiken eines NHL-Superstars also. Wie kommt es, dass er 2014 nur an 25. Stelle gedraftet wurde?

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Lag es am Klub? An der Disziplin? War er zu klein?

Und das hinter Leuten wie Michael Dal Colle (#5, heute bei TPS Turku), Brendan Perlini (#12, heute in der AHL), Julius Honka (#14, heute in Lulea) oder gar Connor Bleackley? Der wurde von Colorado zwei Plätze vorher gezogen, verdingt sich heute ohne einen einzigen NHL-Einsatz in der ECHL.

An seinem Klub kann es nicht gelegen sein. Der Tscheche spielte in Södertälje, zwar keine Top-Adresse im schwedischen Eishockey, aber auch kein unbekanntes Nest und die Postanschrift von Anze Kopitar zu dessen Draft-Datum.

War er damals zu klein? Nein, er war zwar kein Schrank und nur 5.11 Fuß groß im Gegensatz zu den heutigen 6.1, aber auch kein Zwergerl. Irgendwelche disziplinäre Probleme? Nein, aber seine Persönlichkeit war immer selbstbewusst-offen, etwas, das von einigen Scouts Richtung Überheblichkeit aufgefasst werden kann.

Doch diese Fragen gehen schon fast zu sehr ins Detail und Keith Gretzky, damals Bostons Director of Scouting, gibt auch offen zu: "Immer, wenn du einen Spieler wie ihn an 25. Stelle draftest, gehört viel Glück dazu."

Pastrnaks Pech als Glück der Bruins

Das Glück für die Bruins war sicher auch Pastrnaks Pech: Er fiel in seinem Draft-Jahr sowohl mit einer Rückenverletzung als auch mit einer Gehirnerschütterung aus. Zwar schaffte er es zur U18-WM, erzielte bei diesem immer wichtigen (und oft überbewerten Saisonabschluss) aber keinen Treffer.

Er wurde von den Scouts sehr wohl immer als "skilled player" eingeordnet, die Frage aber war: Sind das Skills, die sich auf NHL-Niveau verwaschen, er dann in die Kategorie der Scorer, die für eine Toprolle zu wenig scoren, fällt?

Vom heutigen Standpunkt aus natürlich eine lächerliche Frage, aber dass er in der ersten Runde so lange keinen Abnehmer fand, zeigt, dass viele Teams ähnliche Vorbehalte hatten.

Auch Central Scouting listete ihn in Europa nur als Nr. 5 hinter Kasperi Kapanen, William Nylander, Kevin Fiala und Jakub Vrana.

Der Hockey Sense

Die Verletzungen in seinem Draft-Jahr können durchaus auf zu wenig Gewicht und Muskelmasse (damals 167 Pfund) zurückgeführt werden – auch im ersten NHL-Camp verletzte sich Pastrnak an der Schulter.

Pastrnak wurde 2014 als Nummer 25 gedraftet
Foto: © getty

Gretzky über seine Widerstandskraft damals: "Wenn man ihn angehaucht hat, ist er hingefallen." Ein Fußbruch 2015/16 kann zwar nicht auf zu wenig Kraft zurückgeführt werden, war aber der Wendepunkt in Pastrnaks Karriere: Er verbrachte die eisfreie Zeit im Kraftraum, wurde dabei vom Kind zum Mann und war danach nicht wiederzuerkennen.

Heute ist der 26-Jährige vielleicht nicht unbedingt der absolute Power Forward, aber er behauptet sich gegen jeden Gegenspieler, fischt Scheiben aus dem Verkehr und agiert unerschrocken. Dazu kommt: Sein Hockey Sense ist "off the charts" – er erkennt Situationen Sekundenbruchteile vor den Gegenspielern, ist daher fast nie vor oder hinter dem Puck.

Dazu kommt noch eine neugewonnene Stärke: Er hält die Scheibe jetzt etwas länger am Schläger, wartet darauf, dass sich das Spiel für seine Mitspieler öffnet, und er kann sich dann sowohl als Playmaker oder, wenn die Räume dann für ihn selbst größer werden, als Scorer präsentieren.

Tore aus allen Situationen

Die Tore der #88 fallen aus allen Situationen: Sololäufe, Net Drives von den Seitenbanden und in der Mehrzahl aufgrund seines Weltklasseschusses. Als Rechtsschütze spielt er im Powerplay (natürlich) die linke Halfwall und kann dort Goalies einfach überpowern.

Aber was Topspieler von anderen guten unterscheidet: Er agiert dort nicht statisch und wartet darauf, gefüttert zu werden. Einmal bewegt er sich runter zur Torlinie, dann lässt er sich wieder zurückfallen oder wechselt bei einem 5-3 oder 4-3 natürlich auch die Seite oder geht gar auf den Point, um seinem Team mehr Platz zu finden. Ab und zu versteckt er sich auch im Rücken der Gegner, kommt dann zu Backdoor Plays.

Wichtig auch: Die kleinen Schritte, bevor der Pass kommt oder eine Winkeländerung mit seinem Schläger, die auch nicht perfekt getimte Zuspiele zu Toren machen. Wenn er zum One-Timer kommt, gehört er zu den NHL-Cracks, die Goalies auch ohne Screen überwinden können.

Wird Pastrnak Topverdiener der Liga?

Pasta – so sein Spitzname - hat bis jetzt zwei Verträge bei den Bruins unterschrieben: Seinen Entry-Level-Deal und den daran anschließenden Sechs-Jahres-Vertrag, der mit Ende Juni ausläuft und ihn zum UFA machen würde, wenn Bruins-GM Don Sweeney und Agent J.P. Barry bis dahin keine Einigung erzielen.

Sowohl Barry als auch Pastrnak bewiesen schon beim letzten Deal Standvermögen – der wurde nämlich erst am ersten Tag des NHL-Camps unterschrieben, als sich die Kollegen bereits ihren physischen Tests unterzogen.

Die Upper Cap sollt nächstes Jahr nochmals um nur eine Million ansteigen (auf 83,5 Millionen), ehe dann ohne die Corona-Nachwirkungen wieder große Sprünge möglich werden.

Der rechte Flügel wird mit Ende der Saison knapp 43 Millionen Dollar (brutto) verdient haben, nagt also keineswegs am Hungertuch. Aber schafft er es, zum Topverdiener der Liga zu werden? Das ist in der heurigen Saison Tyler Seguin (Dallas Stars) mit 13 Millionen (inklusive des Signing Bonus).

Ein Trade wäre eine Sensation

Die Vertragslänge für Pastrnak wäre in Boston maximal acht Jahre, als UFA sieben Jahre – das ist im CBA vorgegeben. Die Höchstgrenze pro Jahr? Theoretisch 20 Prozent der Gehaltsobergrenze – Pastrnak erhält derzeit 8,89 Prozent der Boston-Gehälter, Seguin mit Vertragsabschluss im September 2018 mehr als 12 Prozent.

Unterschreibt Pastrnak in Boston bis zur Trading Deadline am 3. März? Selbst wenn nicht, wäre ein Trade eine Sensation, Sweeney würde die Bruins um ihr Herzstück bringen.

Gehen die Verhandlungen bis zum 1. Juli weiter oder gar darüber hinaus? Spekuliert Pastrnak auf die Big Bucks bei einer anderen Organisation?

Alles möglich, aber allgemein wird erwartet, dass die Bruins und Barry bald eine Einigung finden. Pastrnak will auch in Boston bleiben. Die Bruins müssen erstmals in ihrer Geschichte einen Spieler mit einem achtstelligen Gehalt pro Jahr ausrüsten, für acht Jahre würden eine Summe zwischen 85 und 88 Millionen nicht überraschen.

Pastrnak nicht bei den Bruins? Möglich, aber eher unwahrscheinlich – etwas Geduld werden die Fans noch brauchen, doch es gab in der NHL schon weit kontroversere Verhandlungen, die trotzdem ein gutes Ende nahmen...

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